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Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition)

Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition)

Titel: Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Potter
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diese Fähre, denke ich und schaue ihr noch ein paar Minuten zu, wie sie ruhig und bestimmt den kurzen Weg zwischen den beiden Inseln zurücklegt. Die Fähren, die ich kenne, sind gigantische Hochseeschiffe, wohingegen diese hier eher aussieht wie ein abgeschnittenes Stück Straße, das jemand auf ein Floß montiert hat, um es schwimmfähig zu machen. Da passen gerade mal drei Autos drauf, wie ich jetzt deutlich sehe, als ich sie durchzähle, und bloß eine Handvoll Passagiere.
    Als die Fähre langsam näher kommt, schweift mein Blick über die Leute an Bord. Da steht ein Pärchen mit Fahrrädern, eine Frau mit einem kleinen Kind und … Ist das etwa Nate? Ich blinzele ins Sonnenlicht. Jawohl, das ist er ganz zweifellos – diese Kombination aus marineblauem Blazer, blassblauem Hemd und Chinohose mit Bügelfalte würde ich unter hunderten erkennen. Nate kennt so etwas wie Freizeitklamotten nicht; er sieht immer aus wie ein spießiger mittelalter Beamter. Er unterhält sich angeregt mit einer elegant gekleideten Dame, und ich beobachte, wie die beiden von Bord gehen und sich die Hand geben. Dann dreht er sich um und kommt in meine Richtung.
    »Hey, so was, du hier.« Und ich bringe doch tatsächlich ein Lächeln zustande, als er an mir vorbeigeht.
    Er schaut zu mir rüber und bleibt stehen. Er wirkt nicht gerade hocherfreut. »Du schon wieder.«
    Ich beiße mir auf die Zunge. Benimm dich wie ein erwachsener Mensch. Denk an Bruce und Demi. Nur noch eine Nacht, und dann ist alles vorbei. »Gut geschlafen?«
    Missmutig schiebt er seine Sonnenbrille nach oben in die Haare und mustert mich mit einem finsteren Blick. »Ich hatte schon angenehmere Nächte«, sagt er mit leicht ironischem Unterton. »Und du?«
    Mit Grauen erinnere ich mich an die letzte Nacht, wie ich in diesem Bett gelegen habe, vollkommen unentspannt, und alle fünf Sekunden aufgewacht bin vor Angst, mich versehentlich im Schlaf an ihn zu kuscheln. »Ich hatte auch schon angenehmere Nächte.«
    »Dann sind wir uns ja ausnahmsweise mal einig.« Seinem Ärger zum Trotz lächelt er mich an. »Und, wie war dein Tag?«
    »Ganz gut«, entgegne ich nickend. »Und deiner?«
    Siehste, klappt doch. Wir unterhalten uns wie zivilisierte Menschen. Unglaublich.
    »Ganz gut.« Er stockt. »Was sagtest du noch mal, weshalb du hier bist?«
    Gar nichts habe ich gesagt. Ich hatte zu viel mit Rülpsen, Nasebohren und Tamponverstreuen zu tun, denke ich schuldbewusst. »Ich hatte einen Termin mit einem Künstler.« Na ja, besser nicht zu viel verraten.
    Aber es besteht ohnehin keine Gefahr, dass Nate mich ausquetschen könnte.
    »Ach«, sagt er, mehr aus Höflichkeit denn aus echtem Interesse. Nate hat sich nie so richtig für meine Arbeit interessiert. Wir haben immer mehr über seine Karriere geredet.
    »Und du?«, frage ich zurück.
    Er wedelt mit den Prospekten herum, die er in der Hand hat. »Schaue mir ein paar Immobilien an.«
    »Du willst dir hier ein Haus kaufen?«, japse ich verblüfft. Neugierig, wie ich nun mal bin, habe ich nur so zum Spaß mal im Vorbeigehen bei einigen Immobilienbüros ins Schaufenster gelinst, und glauben Sie mir, billig ist was anderes.
    »Vielleicht.« Er zuckt beiläufig mit den Achseln. »Für den Sommer.«
    »Wow.« Himmel, der hat wirklich Geld wie Heu, was? Ein gemietetes Penthouse in New York, ein Sommerhaus auf Martha’s Vineyard. Für den Bruchteil einer Sekunde stelle ich mir vor, was für ein Leben ich führen würde, wenn es mit uns geklappt hätte. Ich und Nate in unserem traumschönen abgelegenen Strandhaus mit eigenem Privatstrand, nur wir beide, ganz allein.
    »Na ja, ich wollte jedenfalls einen kleinen Spaziergang zurück in die Stadt machen.«
    »Ja, ich auch«, entgegne ich nickend.
    Wobei, wenn das mit uns so weitergeht, könnte es am Ende noch so kommen, und mir bliebe nichts anderes übrig, als in das Strandhaus einzuziehen, denke ich mit einem Anflug eiskalten Grauens.
    Langsam schlendern wir zusammen die Hauptstraße entlang. Die ist von Souvenirläden und Kunstgalerien gesäumt, und mit den vielen Touristen erinnert sie mich ein bisschen an die Cotswolds in England. Wo man auch hinschaut, überall sind Leute, die sich Schokokaramell schmecken lassen oder irgendwas Niedliches, Putziges fotografieren oder einfach nur so an den Schaufenstern kleiner Läden vorbeibummeln, die bemalte Porzellankatzen verkaufen, abscheuliche Gemälde, antiken Schmuck … Ich beobachte ein Pärchen, das vor einem kleinen Bogenfenster

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