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Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition)

Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition)

Titel: Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Potter
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nimmst, also hat Nathaniel eine Flasche Rotwein bestellt.
    Was ungefähr zwanzig Minuten dauerte, weil er zuerst sämtliche Weine auf der Karte durchprobieren musste und jeden einzelnen im Glas schwenkte und daran schnüffelte. Offensichtlich versteht er was von Wein, ganz im Gegensatz zu mir. Ich habe davon überhaupt keine Ahnung.
    »Ja, so ein Zufall.« Ich nicke und trinke einen großen Schluck Wein.
    Ich bin geradezu absurd nervös. Als sei das unsere erste Verabredung.
    Schnell streiche ich diesen Gedanken wieder.
    »Zufall?« Nickend verdreht er die Augen. »Das ist einfach unglaublich. Ich habe mich immer wieder gefragt, ob wir uns wohl irgendwann mal wiedersehen.«
    »Ach, wirklich?« Meine Stimme ist mehr so ein heiseres Quietschen.
    »Tja, na ja«, murmelt er und schaut etwas verlegen in sein Weinglas.
    Mir schnürt es die Brust zu, und mein Magen schlägt wieder einen kleinen Purzelbaum. Er hat an mich gedacht. Nach all dieser Zeit hat er noch an mich gedacht. Irgendwie fühle ich mich bestätigt. Jahrelang habe ich mich das gefragt. Habe es gehofft .
    »Hast du auch hin und wieder mal an mich gedacht?« Er schaut auf und guckt mich lange fragend an.
    Wieder macht mein Magen einen Salto vorwärts.
    »Manchmal.« Ich zucke mit den Schultern und tue ganz beiläufig.
    Okay, das war geschwindelt, aber was soll ich denn bitte machen, ihm die Wahrheit sagen? Dass ich nicht aufhören kann, an ihn zu denken?
    »Ehrlich?« Es scheint ihn zu freuen. »Ich dachte, du hättest mich vielleicht längst vergessen.«
    »Glaub mir, ich habe es versucht.« Ich ringe mir ein schiefes Lächeln ab, und er wird rot.
    »Ja, gegen Ende war ich nicht besonders nett zu dir, was?«
    »Ach, ich weiß nicht.« Ich trinke noch einen Schluck Wein und genieße das wohlig-warme Gefühl im Bauch, das meine flatternden Nerven etwas beruhigt. »Wir waren noch so jung, und Fernbeziehungen funktionieren auf Dauer doch sowieso nicht, oder? Es war einfach so. Eigentlich unausweichlich. Und sich von jemandem zu trennen ist nie leicht.«
    Ähm, hallo? Seit wann habe ich denn diese supererwachsene Einstellung?
    »Ich war ein Mistkerl, sagen wir’s doch, wie es ist.« Und damit lächelt er mich schief an.
    »Okay, dann warst du eben ein Mistkerl.« Ich nickte zustimmend.
    Er lacht und bekommt viele kleine Fältchen im Gesicht, und ob ich will oder nicht, ich muss mitlachen. Seltsam, aber nach all dieser Zeit, nach all den Jahren, nach all dem Grübeln, scheint es, als würde der alte Schmerz dahinschmelzen wie Eis in der Sonne, und Nate und ich sitzen einfach bloß in einem kleinen Bistro, wie zwei alte Freunde, die zusammen ein Glas Wein trinken. Vielleicht stimmt es ja, und die Zeit heilt tatsächlich alle Wunden.
    Vielleicht liegt es aber auch mehr am Rotwein.
    »Also …«, sagt er.
    Ich sehe zu, wie er am Stiel seines Weinglases herumfingert, als sei er tief in Gedanken versunken. Und dann geht es mir auf. Er trägt keinen Ehering. Es fällt mir wie Schuppen von den Augen. Und irgendwo in einem entlegenen Winkel meines Hirns kann ich mich dunkel daran erinnern, dass Magda das sogar erwähnt hat, aber da habe ich nicht so genau zugehört – sie redete ja schließlich über einen wildfremden Menschen. Zumindest dachte ich, sie redet über einen wildfremden Menschen.
    Ich starre auf seinen unberingten Ringfinger. Vielleicht hat er ihn ausgezogen und vergessen, ihn wieder anzuziehen. Oder er hat ihn verloren. Oder er gehört zu den Männern, die einfach keinen Ehering tragen, wie mein Dad, der, als meine Eltern heirateten, meiner Mum klipp und klar sagte, er habe nie Schmuck getragen und werde nun auch nicht damit anfangen. Ich glaube, im Eifer des Gefechts fiel sogar das Wort »Schwuchtel«, aber je weniger darüber gesagt wird, desto besser.
    Doch noch während ich so darüber nachdenke, spüre ich, wie tief drinnen, ganz unten vergraben, ein kleiner Hoffnungsschimmer aufkeimt und wie ein Feuerwerk explodiert.
    »Sag mal …«
    Abrupt aus meinen Gedanken gerissen sehe ich, dass er mich anschaut.
    »… wie lange wohnst du schon in New York?«
    Das Gespräch scheint die gefährlichen Fahrwasser verlassen zu haben und wieder bei belanglosen Nichtigkeiten angekommen zu sein. Ich bin fast ein bisschen erleichtert.
    »Noch nicht so lange, erst seit ein paar Wochen.« Ich nippe an meinem Wein.
    Auf keinen Fall darf er merken, dass du auf seinen Ringfinger starrst , ertönt eine mahnende Stimme in meinem Kopf. Etwas verdattert wende ich rasch den

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