Trainspotting: Roman (German Edition)
stopft. Einer beäugt mich mißtrauisch und versperrt mir den Weg.
– Das Scheißhaus ist verstopft, Kumpel. Da drin kannste nich kacken. Er zeigt auf die brillenlose Kloschüssel voller braunem Wasser, Klopapier und schwimmender Scheißklumpen.
Ich sehe ihn fest an. – Ich muß aber, Kumpel.
– Du willst dir doch wohl da drin nich nen Schuß geben, oder?
Das hat mir gerade noch gefehlt. Der Charles Bronson von Muirhouse. Bloß daß im Vergleich zu diesem Kerl Charles Bronson wie Michael J. Fox aussieht. Eigentlich sieht ern bißchen wie Elvis aus, so wie Elvis heute; ein fetter, vor sich hin modernder Ex-Ted.
– Du spinnst wohl. Meine Entrüstung muß überzeugend gewesen sein, der Mistkerl entschuldigt sich sogar.
– Wollt dich nich beleidigen. Da warn bloß son paar junge Arschlöcher aus der Siedlung, die versucht haben, hier ne Schießbude aufzumachen. Das können wir nicht ab.
– Die letzten Affen, fügt sein Kumpel hinzu.
– Ich bin schon seitn paar Tagen am Saufen, Kumpel. Ich flipp gleich aus, son Dünnpfiff hab ich. Ich muß echt scheißen. Sieht ja schlimm aus da drin, aber entweder da rein oder in die Hose. Ich hab kein Shit. Mir gehts schon vom Saufen schlecht genug, da kann ich alles andere voll vergessen.
Der Arsch wirft mirn mitfühlenden Blick zu und gibt mir den Weg frei. Ich spüre, wie die Pisse in die Turnschuhe sickert, als ich über die Türschwelle trete. Ich denk kurz darüber nach, wie lächerlich es war zu sagen, daß ich keinen Shit dabei hab, wo ich doch die Hosen voll hab damit. Dann hab ich auch noch Glück, das Türschloß ist heile. Erstaunlich bei dieser Katastrophe von Scheißhaus.
Ich zieh mir die Hosen runter und hock mich auf die kalte, feuchte Schüssel. Ich leer meine Gedärme, und dabei hab ich das Gefühl, daß alles, Darm, Magen, Eingeweide, Milz, Leber, Nieren, Herz, Lunge und das verdammte Hirn durchs Arschloch in die Schüssel plumpsen. Wie ich da so hock, klatschen mir Fliegen ins Gesicht, daß ich mich schütteln muß. Ich schnapp nach einer, und zu meiner Überraschung und Freude hör ich, wie sie in meiner Hand summt. Ich drück fest genug, um sie zu betäuben. Ich mach die Hand auf und finde da eine riesige dreckige Schmeißfliege, ein großes pelziges Mistvieh.
Ich schmier sie gegen die Wand, ziehe mit dem Zeigefinger ein »H«, dann ein »I«, dann ein »B«, mit ihren Eingeweiden, ihrem Gewebe, ihrem Blut als Tinte. Ich fang mit dem »S« an, aber dann geht mir der Vorrat aus. Kein Problem. Ich nehm was von dem »H«, da is noch genug dran, und mal das »S« zuende. Ich lehn mich so weit zurück wie möglich, ohne daß ich in die Kloake unter mir rutsche, und bewundere mein Meisterwerk. Die widerliche Schmeißfliege, die mir so viel Kummer gemacht hat, hat sich in ein Kunstwerk verwandelt, das mir beim Betrachten große Freude bereitet. Ich grüble darüber nach, ob das wohl auch für andere Dinge in meinem Leben eine positive Metapher sein könnte, und plötzlich wird mir klar, was ich gerade getan hab, und die nackte Angst fährt mir durch den Körper. Einen Augenblick hock ich wie versteinert da. Aber bloß einen Augenblick.
Ich fall von der Schüssel, die Knie klatschen auf den verpißten Fußboden. Meine Jeans werden reingedrückt und saugen gierig den Urin auf, aber das merk ich kaum. Ich roll die Hemdsärmel hoch und zöger bloß kurz, werf nen kurzen Blick auf die verschorften und stellenweise suppenden Einstiche, bevor ich mit Händen und Unterarmen ins braune Wasser tauch. Ich wühl sorgfältig rum und find eine meiner Bomben sofort. Ich wisch was von der Scheiße ab, die daran hängt. Bißchen geschmolzen, aber sonst noch gut. Ich leg sie auf dem Spülkasten ab. Ich muß ein paarmal sorgfältig durch die Scheiße und das Gewichse von so manchem braven Kerl aus Muirhouse und Pilton wühlen, bis ich die andere Bombe finde. Einmal krieg ich kurz n Brechreiz, aber ich find mein weißes Goldnugget, das überraschenderweise besser erhalten is als das erste. Das Wasser ekelt mich noch mehr an als die Scheiße. Meine braunfleckigen Arme erinnern mich an die klassische T-Shirt-Bräune. Die Farbe reicht bis über die Ellbogen, weil ich bis hinterm Beckenknick suchen mußte.
Obwohl mir von Wasser auf der Haut übel wird, scheint es mir angebracht, den Arm unter den Kaltwasserhahn am Waschbecken zu halten. Is zwar nicht gerade meine ausgedehnteste und gründlichste Reinigung, aber mehr halt ich nicht aus. Dann wisch ich mir den Hintern mit dem
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