Trainspotting: Roman (German Edition)
meisten sind zwei Stock hoch, aber der hier hat fünf, also auchn Aufzug, ders aber nicht tut. Um Kräfte zu sparen, schieb ich mich auf meinem Weg die Treppe hoch an der Wand lang.
Erst die Krämpfe, die Schmerzen, Schweißausbrüche und die nahezu vollständige Auflösung meines zentralen Nervensystems, und jetzt geben auch noch meine Gedärme den Geist auf. Da gibts ne bedenkliche Veränderung, n ominöses Tauwetter nach ner langen Periode der Verstopfung. Vor Forresters Wohnungstür versuch ich mich zusammenzureißen. Aber der sieht bestimmt gleich, daß ich leide. Ein ehemaliger Sgagpusher erkennt sofort, wenn einer leidet. Ich will bloß nich, daß das Arschloch merkt, wie verzweifelt ich bin. Ich laß mir von Forrester zwar jeden Scheiß gefallen, jede Beleidigung, Hauptsache, ich krieg, was ich brauch, aber ich muß es ihm ja nich auch noch auf die Nase binden.
Offensichtlich kann Forrester meine roten Haare durch die milchige Drahtglastür erkennen. Er läßt sich ne Ewigkeit Zeit, um sie zu öffnen. Der Arsch fängt schon an mich zu nerven, bevor ich noch einen Schritt in seine Wohnung gesetzt hab. Er begrüßt mich ohne die geringste Wärme in der Stimme.
– Alles klar, Rents? fragt er.
– Nicht schlecht, Mike. Er nennt mich »Rents« statt »Mark«, ich nenn ihn »Mike« statt »Forry«. Aber er hat ja sowieso alle Fäden in der Hand. Mich bei diesem Widerling anzubiedern, ist das die beste Strategie? Im Augenblick wahrscheinlich die einzige.
– Komm rein, sagt er kurz angebunden und zuckt mit der Schulter, und ich folge ihm ergeben.
Ich setz mich neben eine fette Schlampe mit nem gebrochenen Bein aufs Sofa, aber auf Abstand. Ihr Gipsbein liegt auf dem Couchtisch, und zwischen dem dreckigen Gips und der pfirsichfarbenen Shorts quillt ein widerliches Stück weiße Haut vor. Ihre Titten ruhen auf ner riesigen Guinesswampe, und ihr braunes, westenartiges Oberteil hat alle Mühe, das weiße Fett unter Kontrolle zu halten. Ihre fettigen wasserstoffblonden Locken sind an den Haarwurzeln zwei fade Zentimeter graubraun. Sie macht sich nich die leiseste Mühe, meine Anwesenheit überhaupt zu bemerken, sondern lacht bloß furchtbar und peinlich eselhaft über irgendne blöde Bemerkung von Forrester, die ich nich mitkrieg, wahrscheinlich über mein Aussehen. Forrester, fleischiges Gesicht, aber dürr, und mit fünfundzwanzig Jahren schon fast kahl, setzt sich mir gegenüber in einen durchgehockten Sessel. Er hat in den letzten zwei Jahren unglaublich Haare gelassen, und ich frag mich, ob er wohl AIDS hat. Ich bezweifle es allerdings. Man sagt ja, bloß die Besten sterben früh. Normalerweise würd ich ja ne böse Bemerkung machen, aber im Augenblick würde ich eher meine Großmutter mit ihrem künstlichen Darmausgang aufziehen. Schließlich krieg ich von Mikey meinen Stoff.
In dem anderen Sessel neben Mickey sitztn übel aussehender Bastard, der seine Augen nich von der aufgedunsenen Sau läßt, besser gesagt von dem unprofessionell gedrehten Joint, den sie raucht. Sie nimmt nochn supertheatralischen Zug und gibt ihm dann dem Typ mit dem bösen Blick. Ich hab ja überhaupt nix gegen Typen mit toten Insektenaugen in Spitzmausgesichtern. So schlimm sind die gar nich. Aber seine Klamotten verraten mir, daß er n echt schräger Vogel is. Offensichtlich hat er in einem der staatlichen Zwangshotels gewohnt; Saughton, Bar L, Perth, Peterhead usw., und das ne ganze Weile. Dunkelblaue Schlaghose, schwarze Schuhe, senffarbenes Polohemd mit blauen Streifen an Kragen und Manschetten, dazu n grüner Parka (bei dem Wetter!), der über der Rückenlehne liegt.
Wir werden einander vorgestellt, aber das ist das Vorrecht von Mike Forrester, meinem mondgesichtigen Idol. Er sitzt am Steuer, und er weiß es auch. Der Arsch zieht sein Spielchen ab und redet ununterbrochen, wien Baby, das versucht, so lange wie möglich aufzubleiben. Mr. Fashion, Johnny Saughton, so nenn ich den Typen mal, sagt nix, lächelt bloß geheimnisvoll und rollt ab und zu in gespielter Begeisterung mit den Augen. Wenn ich jemals n Aasgeiergesicht gesehen hab, dann Saughton. Die fette Sau, Gott ist die grotesk, wiehert, und ich drück mir ab und zu n arschkriecherisches Kichern ab, wenn ich das Gefühl hab, daß es ungefähr paßt.
Nachdem ich mir diesen Scheiß ne Weile angehört hab, zwingen mich die Schmerzen und die Übelkeit dazu, dazwischenzugehen. Meine nonverbalen Signale werden verächtlich übergangen, also dampf ich einfach los.
– Tut mir
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