Trallafitti: Kriminalroman (German Edition)
»Arthur ist nicht zufällig unter meiner Türklingel gestorben. Er hatte einen
Zettel bei sich, auf dem meine Adresse stand. Ich möchte wissen, warum er nach mir
gesucht hat.«
»Ich glaube
nicht, dass wir dir helfen können, Kleines«, sagte Conny mit einer ölig-sanften
Stimme und schürzte entschuldigend die Lippen. Ich mochte es, dass sie mich Kleines
nannte. Zumal sie meiner Einschätzung nach einen ganzen Kopf kleiner sein musste
als ich. »So gut kannten wir den Arthur nun auch wieder nicht.«
»Und was
hat es mit dieser Tussi auf sich?«, fragte ich noch einmal.
Sie schüttelte
den Kopf. »Es gab nie eine Tussi. Weder jetzt noch früher. Arthur war geschieden.
Und die Scheidung schien ihm den Rest gegeben zu haben. Ich habe keine Ahnung, warum
dieser Mann nach einer Tussi gefragt hat.«
Aus den
Augenwinkeln sah ich Piet, wie er entnervt den Kopf schüttelte.
»Wie lange
ist seine Scheidung her?« Ich flüsterte beinahe.
»Weiß nicht.
Muss aber schon ewig her sein. Immerhin wohnte er seit über sechs Jahren hier. Allein.
Seine Ex lebt irgendwo in Düsseldorf.«
»Irgendwelche
Kinder?«
Conny, Bärbel
und der stille Typ zuckten synchron mit den Schultern. Ich nickte und ersparte mir
weitere intime Fragen. Nicht nur, weil Piets Laune ins Bodenlose zu sinken schien.
Ich glaubte ohnehin nicht, dass ich noch mehr erfuhr. Ich stand auf. Doch ich wollte
ganz sicher sein. Daher fragte ich: »Eine Sache noch. Dieser Typ, der euch gelöchert
hat – wie sah er aus?«
Conny ratterte
eine Allerweltsbeschreibung herunter: Braune Haare, braune Augen, mittelgroß, normale
Statur, zwischen 30 und 50.
»Er kam
mit einem Ford Focus«, sagte schließlich Konstantin. »Einem weißen.«
»Danke«,
sagte ich, penibel darauf bedacht, mir nicht anmerken zu lassen, dass dies genau
die Antwort war, auf die ich gewartet hatte.
Eigentlich war es erst spät am Mittag,
doch es fühlte sich wie Abend an, als ich zu Hause eintrudelte. Graue, fast fluffig
wirkende Wolken kauerten sich dicht aneinander und schienen der Sonne gehörig auf
die Nerven gehen zu wollen.
Glücklicherweise
tat sich ein langer, freier Parkstreifen direkt vor dem Mietshaus auf und ich nahm
ordentlich Anlauf, um den flachen Schlitten vor der Tür zu parken. Mühsam hievte
ich mich heraus. Eine kalte Brise wehte mir um die Ohren und ich zog meinen Kopf
ein, um mich bis zu den Ohrläppchen unter dem Wollkragen zu verstecken. Ich hastete
zum Haus. Prompt schwang zu meiner Rechten die Tür zum ›Adolfo’s‹ auf und eine warme,
nach Tomaten und Oregano duftende Wolke schlug mir entgegen. Ich schrak zurück,
als eine Person aus der Tür trat. Sie blieb unmittelbar vor mir stehen. Ich erkannte
das Gesicht sofort. Meine Wangen wurden heiß, doch ich wollte mir nicht die Blöße
geben, verlegen zu Boden zu sehen, sondern starrte ihm direkt in die Augen. »Was
machst du denn hier?«
»Ich habe
auf dich gewartet.« Seine haselnussbraunen Augen starrten zurück, offenbar unentschlossen,
ob sie lächeln wollten.
»Wie lange
schon?«
Er schüttelte
den Ärmel seiner braunen Wildlederjacke und sah auf seine Armbanduhr. »So ungefähr
zweieinhalb Monate.«
Ich verdrehte
die Augen. »Und woher weißt du, dass ich wieder zu Hause bin?«
»Ich bin
Polizist«, sagte er nur und schien diese Erklärung nicht weiter erläutern zu wollen.
»Hat es
dir Ansmann etwa gesteckt?« Ich biss mir auf die Zunge, aber da war es bereits zu
spät.
Prompt hob
er eine Augenbraue. »Ach. Der war also schon hier?«
Mist. Mist.
Mist.
»Ja, klar.
Er ist ja Polizist«, gab ich ihm seinen blöden Kommentar zurück.
Er fand
es nicht lustig. »Und was wollte er hier?«
»Ich wüsste
nicht, was dich das angeht. Und überhaupt: Wieso ist dir das jetzt plötzlich so
wichtig? Ich dachte, du wärst meinetwegen hier, aber da habe ich mich wohl geirrt.«
Meine Enttäuschung
zeigte Wirkung. Erschrocken griff seine Hand nach meiner Schulter. »Das bin ich.«
Dann ließ er sie wieder fallen. »Warum hast du nicht angerufen?«
»Warum sollte
ich? Schließlich ist es aus zwischen uns.« Eilig sortierte ich den Schlüsselbund
in meiner Faust und machte einen Schritt vorwärts. Die wehende Kälte des Herbstes
umrahmte mich und wurde nur von Schalkes Körper durchschnitten, als er mir folgte.
»Das war
nicht meine Entscheidung«, sagte er.
»Aber es
war deine Entscheidung, zu deiner Exfrau zurückzukriechen!« Ich schob den Schlüssel
in das Haustürschloss und drehte ihn derart hastig, dass
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