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Trallafitti: Kriminalroman (German Edition)

Trallafitti: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Trallafitti: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonja Ullrich
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mich
an!« zu warten. Stattdessen verharrte ich und schwieg in der Hoffnung, er würde
sich regen, klingeln oder protestierend gegen die Tür hämmern. Doch Schalke tat
nichts davon. Im Gegenteil. Alles, was ich hörte, war das Knarzen seiner Schuhe,
als sie mit ihm die Treppe hinuntergingen.
     
    Eine sehr lange Zeit blieb ich an
die Tür gelehnt stehen. Es fühlte sich wie Stunden an, tatsächlich dauerte es keine
fünf Minuten, bis ich mich ins Wohnzimmer verfrachtete. Ich ließ mich auf meinem
Sofa nieder, parkte die Füße auf dem Tisch und warf den Fernseher an. Auf RTL Crime
wurde gerade eine Leiche in einem anthrazitfarbenen Sack abtransportiert. Es war
Nacht, es regnete und es geschah in einem Park. Die Blaulichter der geschätzt 30
Polizeiwagen spiegelten sich in den sich auf der Folie perlenden Regentropfen. Eine
dauergewellte Blondine weinte, ihr Make-up verschmierte aber nicht. Ein Zivilbulle
mit Krawatte und Manschettenknöpfen verteilte Anweisungen an drei uniformierte Kollegen,
deren Hauptfunktion darin zu bestehen schien, den Tatort bis zur Unbrauchbarkeit
zu zertrampeln. Ein weiß gekleideter Rechtsmediziner trat vor die Kamera und hob
eine gefrierbeutelartige Tüte ins Bild, in dem sich ein Dolch befand. »Die Tatwaffe«,
sagte er. »Steckte in der rechten Herzkammer.«
    Angewidert
verdrehte ich die Augen, schaltete um und fragte mich, wie viele Kriminalbeamte
zu Hause wohl schon wegen der Schlampigkeit mancher TV-Pendants aus Frust randaliert
hatten. Ein Pärchen knutschte auf Sat.1, mit Amy Grants 90er-Hit ›Baby, Baby‹ als
Stimmungsmacher im Hintergrund.
    Ich konnte
mich nicht so recht darauf konzentrieren.
    Edgar Ansmann
war auf einem privaten Ermittlungstrip. Er hat Arthurs Nachbarn einen Besuch abgestattet
und sie befragt, ohne sich als Bullen auszuweisen. Und mir war klar, dass er bald
versuchen würde, mit Brüllings Exfrau in Düsseldorf Kontakt aufzunehmen. Es war
der nächste logische Schritt, dicht gefolgt von einem Abstecher zu Brüllings Weltladen
in Bochum. Ich überlegte angestrengt, ob mich diese Schlussfolgerung in meinem Vorhaben
beeinflusste herauszufinden, was Brülling vor meiner Wohnung zu suchen hatte. Zugegebenermaßen
war ich nicht begeistert davon, dass auf der Suche nach einer Antwort einige Berührungspunkte
mit Ansmann zu erwarten waren. Ich wollte ihm nicht über den Weg laufen. Und die
Tatsache, dass er mit seinen Recherchen in dieselben Wespennester stach, machte
die Aufgabe nicht einfacher. Im Gegenteil. Nichts ist unergiebiger, als an zweiter
Stelle die gleichen Fragen zu stellen.
    Ich musste
allerdings zugeben, dass ich außerordentlich neugierig war. Zwischen Brülling und
Ansmann bestand definitiv eine Verbindung. War sie freundschaftlich? War sie beruflicher
Natur? Und wie passte das unbekannte Mädchen auf dem Foto da rein? Angestrengt rieb
ich mir die Stirn. Ansmann hatte sich bei Brüllings Nachbarn nach einer Frau erkundigt.
Und zwar als Privat mann. Mein erster Verdacht war, dass er Erkundigungen
über mich anstellte. Es konnte aber genauso gut sein, dass es sich bei der gesuchten
Frau eben um das Mädchen von dem Foto handelte. Für mich war es augenblicklich alterslos
– die Art der Aufnahme, in einer Bluse vor weißem Hintergrund, ohne Schmuck oder
Tamtam, ließ keine Spekulationen über das Aufnahmedatum zu. Das Motiv könnte heute
zwölf, zwanzig oder mittlerweile in Brüllings Alter sein.
    Eine gemeinsame
Bekannte?
    Ich spannte
ein paar Fäden im Kopf, doch das bimmelnde Telefon zerriss mein Netz und ich stand
auf, um das Bedienteil von der Ladestation zu holen.
    »Tach auch«,
sagte ich in den Hörer.
    »Wann hattest
du vor, uns mitzuteilen, dass du wieder zu Hause bist?«, meckerte mein Vater.
    »Gerade
eben«, sagte ich. »Ich war quasi auf dem Weg zum Hörer, als es schon klingelte.«
    Er schien
darüber nachzudenken. »Willst du morgen zum Essen kommen? Deine Mutter will die
Pute von letztem Weihnachten auftauen.«
    Ich atmete
tief durch. »Ich versuche es. Ich habe einige Dinge zu erledigen.«
    »Morgen
ist Sonntag«, sagte Paps. »Das Einzige, was man sonntags zu erledigen hat, ist im
Garten zu werkeln oder bei seinen Eltern zum Essen aufzutauchen. Und du hast keinen
Garten.«
    Ich pflichtete
ihm weitestgehend bei, schwenkte dann zum ungarischen Wetter und prognostizierte
schließlich eine Wahrscheinlichkeit von über 50 Prozent, dass ich zum Essen erscheinen
würde. Mehr als 40 Prozent Luft also, um morgen nicht dort aufzutauchen,

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