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Trallafitti: Kriminalroman (German Edition)

Trallafitti: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Trallafitti: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonja Ullrich
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sondern
nach Düsseldorf zu fahren.

7.
     
    Der Scirocco maulte, als ich seinen
Motor am Sonntag gegen elf Uhr aufdrehte. Ich war in einen grobmaschigen weißen
Strickpullover eingewickelt. Seine Fasern pappten am Klett des roten Schroth-Gurtpolsters
und ein Kaktusstachel verfing sich in meinem Ärmel, als ich den ersten Gang einlegte.
Die Frontscheibe war von innen beschlagen und ich kurbelte an dem Heizungsregler
herum, um Motorenwärme gegen das Glas zu pusten. Währenddessen steuerte ich den
Wagen auf die Dorstener Straße in Richtung Ruhrschnellweg. Der Auspuff schlackerte,
der Kaktus zitterte. Im dritten Gang fing ich mir ein paar weitere Stacheln ein
und ich zog den Ärmel bis über meine Fingerknöchel.
    Auf Höhe
Gelsenkirchen-Süd erfreute ich mich an dem Anblick zweier Sonnenstrahlen, die wagemutig
durch die dicke, ins Weißliche wechselnde Wolkendecke stachen. Kurz darauf kam der
Verkehr für einen Augenblick zum Erliegen, als sich ein Escort-Fahrer erbarmte,
einen am Ende des Beschleunigungsstreifens zum Stehen gekommenen Sonntagsfahrer
auf die Autobahn zu lassen. Ich ruderte auf die A 52 herunter. Auf der Fahrt über
die Ruhrbrücke erschloss sich mir das hügelige grüne Ruhrtal, dessen Grund ich aus
dem Auto nicht sehen konnte, und mir wurde ein wenig flau im Magen. Als ich mich
dem Kreuz Breitscheid näherte, blätterte ich noch einmal durch meine Wegbeschreibung
aus dem Internet. Ilona Brülling lebte in Düsseldorf-Benrath. Es war der einzige
Eintrag unter dem Namen ›Brülling‹ in Düsseldorf gewesen und ich hatte frohen Mutes
die Wohnung verlassen, dass sie demnach die Exfrau von Arthur Brülling sein musste.
Etwaige Einwände, dass sie mittlerweile ihren Mädchennamen wieder angenommen haben
könnte, ließ ich nicht gelten.
    Ich wechselte
noch einige Male die Autobahn. Von der A 52 ging es auf die A 3, dann kurz auf die
A 46 und zu guter Letzt auf die A 59.
    Düsseldorf
war ein unerforschtes Fleckchen für mich. Im Kopf hatte ich Bilder eines ziemlich
breiten Rheines mit einer ausladend grünen Rheinwiese und einem Funkturm darauf,
der die Touristen mit seinen kryptisch blinkenden Lämpchen, die angeblich Jahr,
Tag und Uhrzeit zeigen sollten, zum Grübeln brachte. Doch nichts dergleichen erwartete
mich, als ich in Benrath aufschlug. Stattdessen streifte ich Grünstreifen mit neuen
wie mittelalterlichen Villen und ein in rosa Farbe gehülltes Schloss mit grauen,
von Engelsskulpturen geschmückten Giebeln sowie einem den Komplex umgebenden Kanalsystem.
Jogger hüpften auf den hellen Schotterwegen, Bäume wuchsen die Bürgersteige voll.
    Ich verließ
die Benrather Schlossallee und bog in eine Sackgasse ein. Bereits am dritten Haus
konnte ich nach einem Parkplatz Ausschau halten, was sich zur Abwechslung mal als
nicht besonders schwierig erwies. Ilona Brüllings Bleibe gehörte zum linken Ende
einer Dreihäuserreihe, weiß verputzt und von hohen schmalen Fenstern durchsetzt.
Der mit winzigen, kleinen und riesengroßen Kieseln dekorierte Vorgarten war wohl
architektonisches Trendsetting für Kenneraugen, mir entlockte der Anblick jedoch
kaum mehr als ein Mundwinkelzucken – ganz im Unterschied zur pedantisch angelegten
Gartenanlage hinter dem Haus, die mein Detektivauge entlang der Mauerseite abfotografierte
und kartografierte: Großer Garten. Reiche Frau.
    Ich ging
die beiden Stufen hinauf, drückte auf die schlichte, runde, filigran klimpernde
Klingel und wartete gespannt.
    Mit einem
Gardemaß von 1,75, einer Wespentaille und einer Oberweite in Körbchengröße A öffnete
mir Ilona Brülling die Wohnungstür. Ihr Gesicht hatte balkanische Züge: hohe Stirn,
kleine Nase, rund zulaufendes Kinn. Ihr dunkelblondes Haar war hochgesteckt, die
Haarspitzen ragten pinselartig über ihren Hinterkopf. Ihre braunen Augen waren durch
golden schimmernden Lidschatten betont. Sie guckten nicht freundlich drein.
    »Guten Morgen,
Frau Brülling«, versuchte ich es äußerst nett. »Mein Name ist Esther Roloff.«
    »Ich weiß,
wer Sie sind«, sagte sie sofort.
    Ich war
nicht überrascht. Und trotzdem ärgerte es mich. »Ich hoffe, Herr Ansmann hat nur
Gutes über mich berichtet.«
    Für einen
kurzen Augenblick entglitten ihr die selbstsicheren Züge. »Er hat zumindest nichts
Gegenteiliges erzählt.« Sie trug schwarze Hosen und einen dünnen schwarzen Rollkragenpullover.
Trauerkleidung.
    »Ich bin
nicht gut darin, fremden Menschen zu kondolieren«, gab ich zu. »Mein Beileid.«
    »Schon gut.«
Sie nickte

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