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Trallafitti: Kriminalroman (German Edition)

Trallafitti: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Trallafitti: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonja Ullrich
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einem anderen Brülling zu tun. Guido
Brülling von der Privatdetektei Brülling & Rowohlt. Kennen Sie ihn?«
    Sie nickte.
»Das ist Arthurs Bruder.«
    Ich hob
die Brauen. Da lag also die Verbindung.
    »Wissen
Sie etwa, wo er gerade steckt?«, fragte sie sofort. Sie schien ein wenig aufgeregt.
    »Ich hatte
gehofft, Sie würden es mir sagen.«
    »Nein.«
    Gemeinschaftliches
Seufzen.
    Ich war
enttäuscht. Zwar verlief die Unterhaltung weniger zäh, als ich es befürchtet hatte.
Aber sie war auch nicht besonders ergiebig. Was vor allem daran lag, dass Ansmann
Ilona Brülling nichts Konkretes über die Todesumstände ihres Exmannes erzählt hatte.
Zwangsläufig stellte sich mir die Frage nach dem Warum. Zwar würde ich eine Angehörige
auch nicht mit irgendwelchen Details über die Todesumstände behelligen. Doch würde
mich jemand über eine Frau, noch dazu eine Privatdetektivin, befragen, die als letzte
Person meinen verstorbenen Exmann gesehen haben soll, wäre ich neugierig geworden.
Ich hätte nachgefragt. Und würde die Sache – anders als sie – nicht auf sich
beruhen lassen.
    Und wenn
Ansmann ihr einfach keine Antworten hatte geben wollen?
    Spontan
fielen mir hierfür gleich drei Gründe ein. Erstens: Arthur und Ilona waren geschieden.
Gut möglich, dass es Gesetze gab, die die Weitergabe ›intimerer‹ Informationen an
eine Exfrau verbaten. Zweitens: Ansmann kam, wie im Falle von Arthurs Nachbarn,
als Privatperson und war an keine Vorschriften gebunden, außer vielleicht nicht
zu viel auszuplaudern, wovon er offensichtlich auch Gebrauch gemacht hatte. Drittens:
Arthurs Todesursache war noch nicht hinreichend geklärt und Informationen wurden
aus ermittlungstaktischen Gründen zurückgehalten.
    Ich wollte
den Gedanken später weiterstricken, legte ihn im Langzeitgedächtnis ab und sah zur
Seite. Ich zeigte auf das Sideboard. »Gestatten Sie?«
    Sie nickte
und ich stand auf, um die Fotoreihe auf dem Schrank zu betrachten. Ich fand Bilder
von Ilona und Arthur aus glücklicheren Zeiten, offenbar auf Urlaubsreise in Afrika.
Arthur trug einen Strohhut, Ilonas khakifarbenes Tanktop legte ein flaches, braun
gebranntes Dekolleté frei. Beide grinsten ausgelassen vor einem für Afrika typischen
Steppengebiet. Auf einem anderen Foto hielt Ilona Brülling ein junges blondes Mädchen
im Arm. Die langen Haare des Kindes wehten ihr um die Nase. Sie lächelten beide.
Im Mund des Mädchens funkelte eine Zahnspange.
    Mein Puls
beschleunigte sich. Ich zog das Foto, welches ich aus Arthurs Brieftasche stibitzt
hatte, aus der Hosentasche und zeigte es der Witwe.
    »Kennen
Sie dieses Mädchen?« Ich hielt es für eine rein rhetorische Frage.
    Sie sah
es sich lange an. »Nein.«
    Verdutzt
wies ich in Richtung Sideboard. »Bei allem Respekt, Frau Brülling. Aber ich denke,
Sie kennen sie.«
    »Na und?
Das beweist gar nichts.« Ihre Augen blitzten und meine Gesichtszüge schienen sich
verflüssigen zu wollen. Was hatte sie da gerade gesagt?
    »Ich will
auch gar nichts beweisen .« Ich hielt ihr das Bild immer noch hin. »Aber Arthur
trug dieses Foto bei sich.« Kaum hatte ich das gesagt, bereute ich es bereits. Doch
Frau Brülling verschwendete keine Zeit damit, mir vorzuhalten, wie ich dazu käme,
die Klamotten ihres toten Mannes zu durchsuchen. Im Gegenteil: Sie stand auf und
stierte mir hypnotisch in die Augen.
    Plötzlich
zog sie mir das Bild aus der Hand. Sie neigte den Kopf und bedachte mich mit einem
eisigen Blick, der selbst einen Löwen in die Flucht geschlagen hätte. »Sie sollten
jetzt gehen. Und ich warne Sie: Ich werde kein zweites Mal darum bitten.«
    Das saß.
Wortlos und mit einem kaum merklichen Nicken trat ich den Rückzug an. Ich schlich
wie eine alte Frau. Ich wollte nicht unverrichteter Dinge gehen. An der offenen
Tür wandte ich mich noch einmal um. »Ich bitte Sie: Sagen Sie mir wenigstens, wer
sie ist. Dann schwöre ich, lasse ich Sie in Ruhe.«
    Ein Versprechen,
das ich noch bitter bereuen würde.
    Sie überlegte
lange. Schließlich reagierte sie: »Ihr Name war Theresa. Unsere Tochter. Aber Sie
brauchen nicht nach ihr zu suchen. Sie ist tot.«
     
    Ein schwacher Regen glitt wie Spinnenfäden
den Himmel hinunter. Die Erde unter dem Gras im Vorgarten sog die Feuchte auf und
verströmte den Duft von Friedhof. Die Wagen gut betuchter Leute fegten an mir vorbei
und spritzten den Scirocco nass, wann immer sie die Pfütze zwischen Bürgersteigkante
und Straße streiften.
    Ich war
wie betäubt.
    Arthur

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