Trallafitti: Kriminalroman (German Edition)
noch den Vertrag unterschreiben.« Er tätschelte
meine Schulter. »Wir hübschen das Lädchen ein bisschen auf und ehe du dich versiehst,
hast du den ersten Klienten am Bein.«
»Und was
nimmt man so als provisionsunabhängige Chefdetektivin pro Stunde?«
»Kalkuliere
nie unter 50 Euro die Stunde, je nach Stadtlage und Qualität der Legierungen in
der Mandantenvisage. Bei Goldzähnen kannst du bis zum Dreifachen hochgehen.«
» So viel sind die Leute bereit, zu zahlen?«
»Kommt drauf
an. Nach oben gibt’s keine Grenzen. Nach unten schon. Wenn du wucherst, gehen die
Kunden woanders hin. Wenn du allerdings zu billig bist, steigen dir die Konkurrenten
aufs Dach. Wegen Dumping.«
»Welche
Konkurrenten denn?«, fragte ich.
»Keine Ahnung.
Aber es gibt immer welche. Wenn’s ums Geld geht, kann Wattenscheid echt ein Dschungel
sein.«
Metin drückte
die Zimmertür auf.
Am Tischrand
räumte Herr Lutz einen Stapel Papiere von rechts nach links. »Also, Herr Tozduman«,
fing er an. »Sie möchten den Pachtvertrag für das Ladenlokal in der Voedestraße
auflösen.«
Metin setzte
sich auf den Stuhl neben ihn. »Jawohl.«
»Eigentlich
beträgt die Kündigungsfrist sechs Monate zum Jahresende.« Er sah von seinen Blättern
auf in meine Richtung. »Zu welchem Zeitpunkt haben Sie geplant, als Nachpächterin
das Geschäft zu übernehmen?«
Metin sah
auf seine Uhr. »Den Wievielten haben wir heute?« Er schien es eilig zu haben.
»Wenn ich
die Renovierungen seitens Herrn Tozduman abgenommen habe.«
Metins Gesicht
lief glutrot an.
»Möchten
Sie eine Liste über ausstehende Instandsetzungspflichten aufsetzen?«
Ich zögerte
kurz. Dann ließ ich mir von Herrn Lutz Stift und Papier geben und schrieb:
›Wände streichen
(weiß)
Altes Klimagerät
entsorgen‹
Ich hob
den Stift vom Papier und las die beiden Zeilen ein paarmal. Das konnte nicht alles
gewesen sein.
Also fügte
ich hinzu:
›Teppich
auslegen (rot oder blau)‹
Ich überlegte
einen Moment, ob ich Metin auffordern sollte, sämtliche Waffen aus seinem Schrank
zu räumen, dachte dann aber, dass ein Text mit derartigem Inhalt nicht gut beim
Verpächter ankommen würde. Daher codierte ich meine Forderung in: ›Spind leeren‹.
Aber Metin
würde mir so oder so niemals die Waffen überlassen. Selbst wenn ich sie gewollt
hätte.
Ich warf
den Stift hin und Metin riss mir den Zettel aus der Hand.
Herr Lutz
sah zu ihm hinüber. »Wie lange werden Sie für die Renovierungen brauchen?«
Das Papier
zitterte in seinen Händen. Aus der Lücke zwischen seinen Lippen drang ein Grummeln.
Es klang wie: »Paar Tage.«
»In Ordnung«,
sagte Herr Lutz und wollte Metin den Zettel wieder abnehmen. Er ließ ihn jedoch
nicht los. »Die Liste wird als Anlage zum neuen Pachtvertrag genommen, Herr Tozduman«,
sagte Herr Lutz.
Metins Stirn
belegte sich mit Schweiß. Herr Lutz zupfte noch mal an dem Papier, aber es geschah
nichts. »Wenn Sie die Renovierungen nicht vornehmen, verliert der Vertrag seine
Gültigkeit«, versuchte es Herr Lutz erneut.
Ich gab
mir Mühe, nicht zu grinsen, um Metin nicht noch mehr in Rage zu bringen. Daher wand
ich mich ab. Just in diesem Moment trat ein junges Mädchen in den Raum. Ich schätzte
sie auf irgendwo zwischen zehn und zwölf. Ihre Haut hatte einen südländischen Teint,
ihre Augen waren dunkel und mandelförmig. Die Form ihres Mundes hatte sie unverkennbar
ihrem Vater zu verdanken, und auch die Nase schien ganz nach seinem Vorbild zu wachsen.
Ihre augenscheinlich schmale Figur verhüllte sie in einem knöchellangen seidigen
Rock, dekoriert mit Rosenmustern, sowie einer langärmeligen rosafarbenen Bluse.
Deren Knopfleiste war bis unter das Kinn geschlossen. Doch ganz besonders imponierte
mir das, was sie auf ihren Haaren trug: Ein pinkfarbenes, modern gewickeltes und
mit aufwendigen Stickereien verziertes Kopftuch.
Metin ließ
den Zettel fallen und stand auf. »Hab ich dir nicht gesagt, du sollst oben bleiben?«
Er schlappte mit dem Mädchen um die Ecke und scheuchte sie wieder hoch.
Ich nutzte
die Gunst des Augenblicks, schnappte mir die Mängelliste und reichte sie an Herrn
Lutz weiter, um noch im gleichen Atemzug den Vertrag zu unterzeichnen.
Herr Lutz
bemühte sich nicht, ein Grinsen zu verkneifen, schien es plötzlich jedoch sehr eilig
zu haben. Er rollte sämtliche Dokumente ein und stand auf. »Ich werde Sie demnächst
in der Voedestraße besuchen kommen«, drohte er mir noch an und huschte an Metin
vorbei. »Auf Wiedersehen,
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