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Trallafitti: Kriminalroman (German Edition)

Trallafitti: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Trallafitti: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonja Ullrich
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Herr Tozduman!«
    Metin sah
ihm kurz nach. Dann setzte er sich zurück an den Tisch. Seine fleischige Stirn war
von Falten durchzogen, seine Mundwinkel hingen schlapp herunter.
    »Was war
das denn gerade?«, fragte ich.
    »Frag mich
nicht«, sagte er und schüttelte den Kopf. »Das macht Aylin, seit sie auf die neue
Schule gekommen ist. Dabei hat die Schule einen wirklich guten Ruf.«
    »Was meinst
du?«, fragte ich verdutzt.
    »Na, das
Kopftuch!«, schimpfte er. »Das hat sie nicht von mir! Und von meiner Frau schon
gar nicht. Sie hat sich mit einem türkischen Mädchen angefreundet. Begüm.« Er schimpfte
ihren Namen heraus. »Die muss ihr diesen Floh ins Ohr gesetzt haben.« Erneut schüttelte
er den Kopf. »Begüms große Schwester wurde erst letzte Woche nach Gebze verladen,
um zu heiraten. Man hat nur Ärger mit den Kindern, ehrlich.«
    »Das ist
die Pubertät«, beschwichtigte ich. »Da befinden sich alle Kinder in einer Identitätskrise.«
    »Sie ist
doch erst zwölf!« Er schnaubte und legte seine Stirn in die Handflächen. »Hast du
ihre Bluse gesehen?«
    Ich grinste.
»Bist du sauer?«, frage ich nach einer kurzen Pause.
    »Also das
mit dem Teppich war ein Tacken zu viel des Guten.«
    Ich schürzte
die Lippen.
    »Aber der
Schwager meiner Schwägerin, also der Bruder der Ehefrau meines Bruders«, er tippte
mit dem Zeigefinger Löcher in die Luft, »arbeitet in einem Teppichgeschäft in der
Bornstraße. Der kann mir bestimmt mit einem Teppichrest aushelfen.«
    Ich nickte
und unterdrückte ein Augenrollen. Prompt kamen Erinnerungen an meinen verschandelten
Twingo hoch. »Du kriegst das schon hin.«

9.
     
    Der auf zehn Uhr morgens vorverlegte
Mittagsschlaf währte keine Stunde, half aber zumindest über die Sekundenschlafattacken
im Auto hinweg. Mit Kopfschmerzen, die ich sonst nur von einem Kater kannte, schlappte
ich den Südring entlang. Flache wie breite Wagen rauschten mit teils knurrendem,
teils brüllendem Motor über die doppelspurige Straße und schleuderten ihre Abgase
über die Bürgersteigkante. Es war laut, aber nicht laut genug, um das streitende
Pärchen auf der gegenüberliegenden Seite des Ringes zu überhören. Es ging um eine
Hose und ein Handy. Beides schien nicht mehr in ihrem Besitz zu sein. Ich strengte
mich an, nicht hinzuhören, und wurde dann ohnehin abgelenkt, als ich Arthur Brüllings
Weltladen ausmachte.
    Er war ein
kaum drei Meter breites Ladenlokälchen auf der ungeraden Straßenseite, eingepfercht
zwischen einer Low-Budget-Modeboutique und einem Retro-Schallplattenladen. Von keinem
dieser Geschäfte hatte ich je etwas gehört, was wohl vor allem meinem nicht vorhandenen
Interesse für Vinyl und Strass-Steinchen geschuldet war. Ein großes, mit Edding
bekritzeltes DIN-A3-Blatt war von innen quer ins Schaufenster des Weltladens geklebt:
›Wegen Todesfall geschlossen‹. Ich rüttelte trotzdem an der Tür, war aber nicht
sonderlich überrascht, als diese sich nicht öffnen ließ. Ich ließ von ihr ab. Dann
schellte es plötzlich aus meiner Jackentasche.
    »Hallo?«
    »Hallo«,
erwiderte eine männliche Stimme. Ich erkannte den latent grimmigen Singsang sofort
und ein Zucken durchfuhr meinen Körper. »Wo bist du?«, fragte er.
    Ich überging
seine Frage. »Es ist doch kein Zufall, dass du dich ausgerechnet jetzt meldest.«
    »Edgar hat
mich angerufen. Warst du schon am Weltladen?«
    »Ja. Er
ist geschlossen.«
    »Wir zwei
müssen uns dringend unterhalten.«
    »Du hast
Glück. Ich habe heute nichts mehr vor.« Kaum hatte ich es ausgesprochen, bereute
ich es auch schon wieder. Ich hätte ihn zappeln lassen oder ihm eine Abfuhr erteilen
sollen. Oder noch besser: Ich hätte gleich auflegen sollen. Aber es schien, als
würden mich in diesem Moment ganz andere, wesentlich ältere Instinkte lenken.
    »Gut. Dann
treffen wir uns in einer Stunde. Auf dem Friedhof in Altenbochum. Freigrafendamm.«
    Ich spürte
förmlich, wie mir die Farbe aus dem Gesicht wich. Es war nicht schwierig für mich,
eins und eins zusammenzuzählen. Ansmann hatte sich nicht mehr gemeldet. Die Obduktion
war abgeschlossen. Arthur kam unter die Erde. »Ilona Brülling wird mich zu Hackfleisch
verarbeiten, wenn sie mich auf seiner Beerdigung entdeckt.«
    »Dann halt
dich im Hintergrund«, sagte Gregor und legte auf.
     
    Arthur Brüllings Leichnam wurde
in der großen Trauerhalle des Hauptfriedhofes Freigrafendamm aufgebahrt. Die Halle
war ein Kubus, durch und durch eckig, vielleicht 15 Meter hoch und aus flachen

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