Trallafitti: Kriminalroman (German Edition)
rasiert, die Mundwinkel von kleinen tiefen Falten geprägt. Unter
den dunklen Augenbrauen fingen salbeigrüne Augen das schwache Licht der Mittagssonne
ein. Ihre Farbe zog jede Aufmerksamkeit auf sich, lenkte jedoch nicht von der hellen
frischen Narbe ab, die sich entlang des Halses über den Hemdkragen in mein Sichtfeld
drängte. Ihm schienen sämtliche Klamotten zu weit.
Kein Wunder,
dass ich ihn nicht unter den Trauergästen hatte entdecken können. Als sich meine
und Gregors Wege zum ersten Mal kreuzten, trug er einen Vollbart, ein Paar ausgemergelte
Jeans und seine lockigen Haare offen bis zum Kinn. Er stank meistens nach Nikotin,
häufig nach Alkohol. Doch allen voran störte das spinnenartige schwarze Hakenkreuztattoo
an seinem Hals, das sich immer ins Blickfeld drängte, ganz egal, wie hoch er seinen
Kragen aufstellte.
»Wie geht
es dir?«, fragte mich Gregor und sah an mir herunter.
»Gut. Und
selbst?«
Er wiegelte
ab. »Es dauert. Ich bin ungeduldig.«
»Das glaube
ich dir.« Ich lächelte. »Gut siehst du aus.«
Er lächelte
nur kurz zurück. Dann senkte er seinen Blick.
Ein lauwarmer
Schauer rann mir über den Rücken. Ich war überrascht, erstaunt, fühlte mich überrumpelt.
Warum zum Teufel hatte mich niemand vorgewarnt?
Ich wies
mit meinem Kinn auf seine Narbe. »Wie ich sehe, hast du das Tattoo entfernen lassen.«
Er sah durch
mich durch. »Es war einfach an der Zeit.«
Ich nickte.
Dann schaute ich an ihm vorbei und beobachtete Ansmann, wie er auf uns zu spazierte.
Er schien nicht überrascht, mich hier zu sehen, und ich begann den Braten zu riechen.
Ich verdrehte die Augen und schob meine Hände in die Taschen. Gregor drehte seinen
Kopf, um meinem Blick zu folgen.
»Ich sehe,
ihr habt einander schon bekannt gemacht«, scherzte Ansmann, ohne zu lächeln.
»Was hat
die Obduktion ergeben?«, fragte ich sofort – aus Neugier. Aber auch, um Gregor klarzumachen,
dass ich in der Sache ›drin‹ war.
Ansmann
bohrte seine Fußspitze in die Erde. »Nichts.«
Ich nickte,
denn ich hatte mit keinem anderen Ergebnis gerechnet. Gregor öffnete sein Dinnerjacket
und griff in die Innentasche, um eine Zigarettenschachtel herauszuholen.
»Also«,
fragte ich in die Runde. »Was haben wir nun so dringend zu besprechen?«
Gregor schob
sich eine Fluppe zwischen die Lippen und steckte seine rechte Hand in die Hosentasche.
Die Flamme eines polierten Zippos züngelte vor seiner glatten Haut.
»Ich sehe
noch etwas Klärungsbedarf«, sagte Ansmann.
»Ach ja?
Inwiefern?«
»Uns will
immer noch nicht in den Kopf, was Arthur Brülling ausgerechnet bei Ihnen zu suchen
hatte.«
»Uns?«,
wiederholte ich. »Ermittelt ihr zwei nun gegen mich?«
Gregor drehte
seinen Kopf, um den Qualm fernab meines Gesichtes in die Luft zu blasen. Die vernarbte
Haut über seinem Kragen spannte sich. Sein Gesicht zeigte keinerlei Ausdruck. Dabei
hätte ich schwören können, dass er über Guido Brülling und mich längst im Bilde
war.
»Arthur
hatte Ihre Adresse«, betonte Ansmann.
»Die muss
ihm jemand wohl zugesteckt haben«, spielte ich den Ball zurück. »Jemand, der ihn
kannte. Und mich.« Fragend sah ich die beiden nacheinander an. »Ich jedenfalls hatte
bis zu seinem Tod keinen Schimmer, dass er überhaupt existierte.«
»Warum sollte
ihm jemand Ihre Adresse geben?«
»Weil ich
von Beruf Privatermittlerin bin!«
»Ach ja?
Ich dachte, das seien Sie nicht mehr.«
Ich merkte,
wie Gregor die Ohren spitzte. Doch ich ließ mich nicht auf diese Diskussion ein.
»Womöglich
hatte Arthur ein Problem und brauchte Hilfe«, sagte ich.
»Was ihn
am Ende das Leben gekostet hat.«
»Glauben
Sie das wirklich?« Ich verschränkte die Arme vor der Brust. »Kann es nicht sein,
dass er wirklich nur an einem Herzanfall gestorben ist? So etwas kommt hin und wieder
vor. Sogar bei um die 40-jährigen.«
»Er ist
an einem Herzanfall gestorben. Aber nicht unter natürlichen Umständen.«
»Also hat
die Obduktion doch etwas ergeben.«
»Nein«,
sagte Ansmann. »Oder zumindest im Augenblick nicht. Es liegen noch Gewerbeproben
bei der Toxikologie.«
»Sie tippen
also auf Drogen?«
»Oder auf
Gift.«
»Aha.« Ich
war nicht sehr überzeugt. Eher kam es mir vor, als wollte Ansmann auf Teufel komm
raus einen Hinweis finden. »Und wie?«
Herr Kommissar
zögerte. Anscheinend gefiel es ihm nicht mehr, mich mit Informationen zu versorgen.
Ich gab Gregor dafür die Schuld. Denn immer, wenn er auftauchte, schien Ansmann
sich ihm gegenüber
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