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Transfer (German Edition)

Transfer (German Edition)

Titel: Transfer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Dorn
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schier unerschöpflichen Energie
erfüllt. Natürlich würde auch sie dafür früher oder später bezahlen müssen,
aber im Augenblick wirkte sie wie aufgezogen, von einer Dynamik getragen, die
kaum zu bremsen war. Vielleicht fühlte er sich deshalb im Vergleich zu ihr
plötzlich unglaublich alt und verbraucht, dabei war er nur knapp fünfzehn Jahre
älter als seine Kollegin.
    Sie schoben sich
nacheinander in das enge Bohrloch und ließen sich langsam von ihren
Antigravfeldern in die Finsternis tragen. Die Wände waren sehr glatt und feucht
und im Licht ihrer Lampen sahen sie, dass sich das Bohrloch schon nach wenigen
Metern zu einer riesigen Kaverne erweiterte, deren Boden sie selbst im Licht
der starken Handscheinwerfer noch nicht ausmachen konnten.
    Im Grunde konnte Baillard
rational kaum erklären, was sie hier unten eigentlich wollten. Aber vielleicht
war gerade das ganz typisch für die Situation, in der er sich befand; seit er
wußte, dass er nicht mehr viel Zeit für seine Untersuchungen hatte und den
vielleicht bedeutendsten Fund seiner Laufbahn auf diesem Drecksplaneten
zurücklassen mußte, nur weil der Expeditionsleiter ein ignoranter Idiot war,
neigte er anscheinend zu irrationalem Verhalten. Dabei gab es nur eine Sache,
die er noch mehr haßte als den Flug mit Antigravgeschirren, und das war die
tiefe, stickige Finsternis, die ihn in der Kaverne einhüllte wie ein
Leichentuch. Wenn er nur daran dachte, dass er über einer lichtlosen, vielleicht
bodenlosen Tiefe schwebte, nur von einem Antigravfeld gehalten, das man weder
sehen noch fühlen konnte, wurde ihm fast schlecht vor Angst. 
    "Sehen Sie sich das
an, Eric."
    Dainas Stimme riß ihn jäh
aus seinen Gedanken und brachte ihn wieder in die Wirklichkeit zurück. Sie
hatten gerade die Wand des Artefakts passiert, die auf dieser Seite ebenso
glatt und fugenlos wirkte, wie an der Oberfläche und schwebten nun in der
riesigen Kaverne, die Unterseite des Artefakts schräg über sich. Offenbar
hatten sie jene Region erreicht, in der die von den unbekannten Erbauern
errichtete Anlage in die eigentliche Planetenkruste überging.
    Es war stickig und die
Luft war merklich schlechter, als in ihren künstlich belüfteten
Grabungsschächten. Zudem hörte er in unregelmäßigen Abständen ein Knirschen und
Knacken, das ihn jedesmal zusammenzucken ließ. Er wußte zwar, dass man
Geräusche dieser Art in jedem unterirdischen Stollen zu hören bekam, aber in
dieser riesigen, lichtlosen Kammer spürte man nur zu deutlich, dass sich über
einem rund einhundert Meter Erdreich und mehrere hundert Tonnen brüchiger,
knackender Fels auftürmten; eine gewaltige Last, die ihn auf einmal schier
erdrücken wollte.
    "Was haben Sie
entdeckt, Daina?", fragte er mit gepresster Stimme.
    Der Lichtstrahl ihrer
Lampe wanderte langsam über glattpolierten, graubraunen Fels, der übergangslos
von einer  leicht abgeschrägt verlaufenden Wand aus grauer Synthomasse abgelöst
wurde.
    "Die Kaverne ist
ganz sicher nicht natürlichen Ursprungs, Eric, jedenfalls nicht vollständig.
Der Hohlraum ist viel zu symmetrisch und anscheinend regelrecht aus dem Fels
geschnitten worden, man kann an einigen Stellen noch die Spuren schwerer
Strahler erkennen. Die Wände und der Boden scheinen mit einer Art Synthomasse
verkleidet zu sein und die Form einer Wanne zu bilden."
    Der Lichtkegel ihrer
Lampe glitt rasch weiter abwärts, riss ein neues Stück der Wandverkleidung aus
der allgegenwärtigen, stickigen Dunkelheit und erreichte schließlich, mehrere
Dutzend Meter unter ihnen, den Boden der Kaverne. Wo der Scheinwerferstrahl auf
den Boden traf, schimmerte die ansonsten graue Synthomasse silbrig, nur an
einigen Stellen durchbrochen von unregelmäßig geformten, tief schwarzen
Flecken.
    Castori zögerte nicht
lange, sondern ließ sich von ihrem Antigravfeld tiefer tragen, während ihre
Lampe der Finsternis immer weitere Details entriß.
    Baillard erkannte erst
jetzt, dass die Kaverne etwa bis zur halben Höhe mit Synthomasse verkleidet war
und der Boden mit einer silbrig schimmernden Kruste bedeckt war, die an einigen
Stellen deutlich dicker war als an anderen.
    Je tiefer er Castori
folgte, desto stärker hatte er das Gefühl, dass die Luft immer schlechter würde
und schließlich von einem schwachen, aber dennoch deutlichen Geruch nach Aas
und Fäulnis erfüllt war.
    "Was zum Teufel...
Anscheinend haben wir die Latrine der Station über uns entdeckt, Daina",
rief er seiner Begleiterin zu.
    Daina Castori

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