Transi Schraubenzieher
einmal dort gewesen bist, weißt du, daß da viele Prominente leben. Prominente Industrielle, prominente Schauspieler und prominente Diebe, die noch nicht gefaßt sind.
Daß der Chef hier wohnte zeigt, daß er kein gewöhnlicher Verbrecher war. Man konnte es auch an seinem Haus sehen. Das Tor, vor dem der Wagen hielt, war aus Eisen, handgeschmiedet, und öffnete sich automatisch. Dahinter lag eine große Villa in einem dunklen Garten.
»Sind das richtige Bäume?« staunte Transi, als er aus dem Auto gestiegen war. »Ich möchte den großen mal anfassen. Wie heißt der Baum?«
»Oh . . .«, stöhnte der Chef. »Du bist ein unmögliches Kind. Um drei Uhr nachts, wenn ich kaum noch meine Augen offenhalten kann, fragst du mich, wie der Baum heißt. Wirst du jetzt endlich deinen Mund halten!«
»Ich versuche es, aber ich glaube, ich schaff es nicht«, antwortete Transi. »Soll ich mal meine Scheinwerfer anmachen, damit Sie in dem dunklen Garten die Bäume besser erkennen können?« Transi wartete die Antwort erst gar nicht ab. Er zog an seinem linken Ohrläppchen, und seine Augen strahlten sofort auf wie Autoscheinwerfer. Überall, wohin er seinen Kopf wendete, wurde es taghell. Das Licht spiegelte sich in allen Fensterscheiben des Hauses.
»Bist du verrückt geworden! Ausmachen! Sofort ausmachen!« brüllte der Chef. »Du machst ja die ganze Nachbarschaft wach!“
»Ich möchte mich nur umsehen.«
»Morgen, morgen.«
Der Chef schob Transi durch die Tür des Hauses, schloß zweimal hinter sich ab und sagte zu der Frau:
»Zeig du ihm sein Bett. Ich kann nicht mehr. Ich geh jetzt schlafen.« Und zu Transi sagte er: »Versuch nicht zu fliehen. Vergiß nicht, was ich dir gesagt habe. Du gehörst jetzt mir.«
»Ja, Chef.«
»Gute Nacht, Transi.«
»Gute Nacht, Chef.«
Die Chefin führte Transi in ein Zimmer, wo es ein Bett gab. »Brauchst du noch etwas?«
»Ja, eine Steckdose.«
»Was brauchst du?«
»Eine Steckdose. Ich lade mich nachts auf.«
»Ah«, nickte die Chefin. »Da, neben dem Bett ist eine.“
»Danke schön.«
Transi öffnete seinen Bauchnabel, nahm das Kabel heraus und steckte es in die Steckdose. Die Chefin machte große Augen. »Kriegst du keinen Schlag?«
»Chefin, Sie vergessen, daß ich ein Roboter bin.«
Transi legte sich auf das Bett und machte seine Augen zu. Er fühlte, wie der Strom seine Batterien auflud. Eine angenehme Wärme lief durch seinen Körper. Er merkte nicht, wie die Chefin das Zimmer verließ, und hörte auch nicht, daß sie die Tür von außen abschloß.
Transi dachte über sein nächtliches Abenteuer nach.
Ohne Erlaubnis seines Vaters war er nachts auf die Straße gegangen. Das war sicher nicht richtig. Er war nackt gewesen. Nackt durfte man sicher auch nicht herumlaufen. Er war in ein fremdes Auto eingestiegen. Das darf ein Kind niemals tun. Er hatte eine Fensterscheibe zerschlagen. Das war bestimmt nicht erlaubt -auch wenn der Chef das sagte -, sonst gäbe es ja keine heilen Fensterscheiben. Mein Gott, was hatte er nur alles falsch gemacht in diesen wenigen Stunden! Dann sah er die Hose und den
Pullover. Er bekam einen großen Schreck. Plötzlich wußte er ganz genau, daß das Diebstahl war. Transi war bedrückt. Sein Vater schlief und wußte nicht, daß sein Sohn ein Dieb geworden war.
Transi überlegte, das heißt, der Computer in seinem Kopf arbeitete heftig. Er mußte das alles wieder gutmachen. Aber wie? Sorgenvoll schlief er schließlich ein.
Transi erfährt,
was ein Tresorknacker ist
Es war schon heller Tag, als Transi aufwachte. Er sprang aus dem Bett, zog das Kabel aus der Steckdose und verschloß es in seinem Bauchnabel. Dann ging er zum Fenster und schaute staunend in den Garten.
Der erste Tag in meinem Leben, dachte er glücklich. Die Welt war so schön mit dem blauen Himmel, den grünen Bäumen und der strahlenden Sonne. Es machte ihm Spaß zu leben.
Ich möchte alles sehen und kennenlernen, was es auf der Welt gibt, dachte Transi. Zuerst will ich einen Wald sehen, dann die Berge, dann das Meer. Dann fahre ich nach Afrika und sehe mir dort alle Tiere an. Elefanten, Löwen, Giraffen, Krokodile. Große und kleine. Eins nach dem anderen. Dann alle Fische, aber zuerst den Walfisch. Dann fliege ich zum Mond. Und dann . . . und dann . . .
Plötzlich war seine Freude vorbei. Er hatte ganz vergessen, daß er bei fremden Leuten war.
Ich habe nicht nur einen Vater. Ich habe auch einen Chef und eine Chefin. Wem soll ich gehorchen? Papi oder dem
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