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Transsibirien Express

Transsibirien Express

Titel: Transsibirien Express Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nachts mit Moskau, und keiner nimmt es ihm übel. Man muß vorsichtig sein, Klaschka, sehr vorsichtig! Wir haben noch sechs Tage vor uns bis Wladiwostok! Eine kritische Situation. Man sollte Milda in Irkutsk aus dem Zug schaffen, ehe der Genosse Karsanow uns Schwierigkeiten macht. Wie verhält sich der Deutsche?«
    »Einwandfrei, Boris Fedorowitsch. Karsanow kann ihm nichts anhaben, er ist Ehrengast des Kreml! In sieben Tagen hat er die Sowjetunion verlassen, das ist besser, als aus ihm einen politischen Märtyrer zu machen. Das weiß auch Pal Viktorowitsch. Aber unser Vögelchen Milda will er rupfen.« Sie hatte einen Schluck aus Mulanows Teetasse genommen und sich dann die Nase gepudert.
    »Was hat sie dir erzählt, woher sie kommt?«
    »Sie kommt aus Asbest.«
    »Zu Karsanow sagte sie, sie käme aus Perm!«
    Die beiden hatten sich daraufhin nachdenklich angesehen und gewußt, daß etwas geschehen mußte.
    Mulanow hatte sich überwunden und geseufzt. »Man muß ihn ablenken«, hatte er gesagt. Aber wie kann man einen so schnüffelnden Hund wie Karsanow sieben Tage lang ablenken? Das ist eine fast undurchführbare Kunst!
    »Was geschieht schon in einem Zug? Die Diebstähle, nun ja … Aber darum kümmert sich kein KGB! Man müßte versuchen, Skamejkins verschwundene Schuhe und Olga Feodorownas geklauten Ohrring auf die politische Ebene zu heben. Machen wir Oleg Tichonowitsch Dagorski zu einem Saboteur!«
    »Ein schlechter Plan, Boris Fedorowitsch«, hatte Klaschka gesagt.
    »Hast du einen besseren unterm Rock?«
    Sie hatte keinen.
    Und so erschien also jetzt Mulanow im Abteil, für Forster und Milda einem Engel gleich, und wischte sich theatralisch mit beiden Händen über die Stirn. Die Mütze hatte er weit in den Nacken geschoben.
    »Die Sorgen reißen nicht ab«, sagte er voller Verbitterung. »Wir werden uns in Irkutsk den KGB in den Zug holen müssen.«
    Karsanow, der seinen letzten Satz nachwirken lassen wollte wie ein rasch wirkendes Gift, griff Mulanows Bemerkung mit einer wahren Wollust auf.
    »Was haben Sie bemerkt, mein lieber Boris Fedorowitsch?« fragte er mit heuchlerischer Freundlichkeit. »Schnell! Zögern Sie nicht, teilen Sie mir Ihre Beobachtungen mit!«
    »Das ist so, Genosse«, begann der Schaffner umständlich. »Wir haben Oleg Tichonowitsch in ein scharfes Verhör genommen, – und was kommt dabei heraus? Sie ahnen es nicht!«
    »Wer ist Oleg Tichonowitsch?« fragte Karsanow etwas verwirrt.
    »Sie müßten ihn doch am besten kennen! Sie haben ihn doch mit einer Pistole niedergeschlagen, diesen Saboteur!«
    »Wer redet denn von ihm?« rief Karsanow aufgebracht.
    »Ich! Wir alle! Der ganze Zug! Dieser Dagorski ist ein Saboteur!«
    »Lassen Sie mich mit diesem Bullen in Ruhe!« schrie Karsanow. »Hier geht es um ganz andere Probleme!«
    »Ich habe noch nie gehört, daß man in der Sowjetunion einen Saboteur nicht beachtet!« sagte Mulanow, nun fast beleidigt. »Genosse, da ist ein Kerl, der gestanden hat, Rußlands schönsten Zug zu terrorisieren! Im Packwagen mußten wir ihn einsperren! Und was macht er, dieser Hengst Dagorski? Er tritt die hölzerne Zwischenwand ein, spielt mit den Paketen Fußball und wirft dem Genossen Postschaffner die Briefsäcke an den Kopf! Kurz, er benimmt sich wie eine Sau im Morast. Mit vier Mann haben wir ihn wieder fesseln müssen! Nun liegt er da und spuckt jeden an, der ihm zu nahe kommt.«
    Mulanow kümmerte sich nicht darum, daß Karsanow dauernd versuchte, ihn zu unterbrechen.
    »Sie sind ein kluger Mann, Genosse, ein gelehrter Mann! Ein studierter Kopf! Ein Professor sogar! Sie sollten Dagorski belehren, daß es besser ist, wenn er sich still verhält. Ich war schon bei dem Genossen General, aber der ist beschäftigt. Er diskutiert mit dem Tenor über Richard Wagner.«
    Endlich kam Karsanow zu Worte. Er zeigte mit ausgestrecktem Arm auf Milda und rief:
    »Hier sitzt auch ein unklarer Fall! Sie ist eine permanente Lügnerin, Schaffner Mulanow!«
    Boris Fedorowitsch straffte sich im Sitzen. »Genosse Professor?«
    Karsanow griff in seine Tasche.
    Jetzt kommt es, dachte Mulanow, jetzt zeigt er mir seinen KGB-Ausweis. Damit ist zunächst die erste Runde verloren. Aber ein Boxkampf, mein Freundchen, dauert zehn oder fünfzehn Runden, und wir werden mit allen Tricks kämpfen … bis Wladiwostok …
    Karsanow zückte seine schmale Ledermappe. »KGB!« sagte Mulanow ehrfurchtsvoll. »Ich habe es geahnt, Genosse Oberst. Ihre Haltung, Ihre Sprache … Was befehlen Sie,

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