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Transsibirien Express

Transsibirien Express

Titel: Transsibirien Express Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Blick. Gospodin Forster, ich bin ganz Ihrer Meinung …
    »Sie bleiben ein Schwein, Pal Viktorowitsch«, sagte Forster grob. »Es tut mir leid, so etwas zu einem Obersten des KGB sagen zu müssen. Ich bin ein friedlicher Mensch, aber Sie machen es einem verdammt schwer, das zu bleiben! Ich bewundere Ihr Land, ich habe die größte Hochachtung vor seinen Leistungen, ich bin überall wie ein Freund aufgenommen worden … bis Sie auftauchten!«
    »Sie verkennen mich!« Pal Viktorowitsch Karsanow schloß den Knopf seiner Jacke. Darunter schimmerten die Streifen des Schlafanzuges. »Irgendwie sind Sie mir sogar sympathisch! Ich kann es nur nicht haben, wenn man mich für dämlich hält. Ich kann diese verdammte deutsche Überheblichkeit nicht vertragen, Weisheit und Überlegenheit mit Löffeln gefressen zu haben! Wenn Sie diese Eigenschaften ablegen könnten, küsse ich Sie auf beide Wangen.«
    »Danke vielmals! Davon wollen wir beide uns befreien.«
    Forster zog die Tür hinter sich zu. Er sah gerade noch, wie sich Milda zur Wand drehte. Sicherlich würde sie weinen …
    »Wo fangen wir an?« fragte er, mühsam beherrscht.
    »Natürlich im Wagen eins.«
    »Glauben Sie, der Mörder kann sich nur unter dem einfachen Volk befinden?«
    »Nein! Aber wir müssen systematisch vorgehen. Wagen für Wagen.«
    »Wir sollten in der ersten Klasse suchen, Pal Viktorowitsch. Wenn es ein Lustmord war, dann kommen nur diejenigen in Frage, die Klaschkas Tarif bezahlen können. Sie wissen, sie war nicht billig! Die Bauern und Arbeiter haben ihre Rubel nötiger, als sie einer Hure zwischen die Schenkel zu stecken.«
    »Soll ich etwa die Stiefel des Generals untersuchen?« rief Karsanow. »Oder die des Tenors?«
    »Warum nicht?«
    Mulanow wurde unruhig. Die Vorstellung, die hochgestellten Herrschaften zu verdächtigen, jagte ihm Schauer über den Rücken.
    »Wenn ich etwas sagen dürfte …«, warf er ein.
    »Nein!« fuhr Karsanow grob dazwischen. »Werner Antonowitschs Idee entbehrt nicht einer gewissen Logik …«
    »Denken Sie an Oleg Tichonowitsch Dagorski, diesen Bullen! Ein einfacher Mensch, aber er war bereit, jeden Preis für ein Schaukelstündchen zu bezahlen.«
    »Das stimmt auch wieder«, räumte Karsanow ein. »Aber Dagorski ist nicht mehr im Zug. Ach, wenn ich an diese Blamage denke!«
    »Vielleicht ist er doch …?« Mulanow begann vor seinen eigenen Überlegungen zu beben. »Wenn er an Klaschka Rache genommen hätte für alles, was ihm im Transsib widerfahren ist …«
    »Ein zwingender Gedanke!« Karsanow bekam schmale Augen. »Ihm ist diese Bestialität zuzutrauen! Was meinen Sie, Werner Antonowitsch?« Forster nagte an der Unterlippe. Was Mulanow sagte, hatte tatsächlich einiges für sich. Andererseits …
    »Niemand, der in diesem Zug so bekannt ist wie Dagorski«, sagte Forster schließlich nachdenklich, »wird so etwas tun! Seine Chancen, sich in diesem Zug zu verstecken, sind gleich Null. Ein Riese wie er kann sich nicht einfach irgendwo in einer Ecke verkriechen. Er kann auch nicht den harmlosen Reisenden spielen. Nein, Dagorski ist beim Schneeschaufeln in die Taiga gelaufen! Der Mörder aber sitzt in irgendeinem Abteil und sieht ganz normal und unauffällig aus.«
    »Also los!« Karsanow faßte kurz nach seinem dicken ›Füllfederhalter‹. »Bleiben wir bei der Systematik! Beginnen wir mit Waggon eins!«
    Es stellte sich bald heraus, daß diese Suche sinnlos war.
    In den Wagen der zweiten Klasse, wo die Menschen zu Klumpen saßen oder lagen, sogar in den Gepäckablagen schliefen und wie die Böcke schnarchten, war es völlig unmöglich, jedem auf die Schuhsohlen zu blicken.
    Außerdem war die Begründung, man suche einen Schachpartner, reichlich dumm. Wer von diesen Bäuerlein spielte Schach mit einem so vornehmen Herrn wie Karsanow?
    Also begnügte man sich damit, herumzugehen und die Menschen zu mustern; die gerade sichtbaren Schuhsohlen der Schlafenden anzustarren und vielleicht hier und da beim Anblick eines bestimmten Menschentyps einen vagen Verdacht zu äußern.
    »Lauter Galgenvögel!« meinte Karsanow nach der Inspektion des Wagens zwei. »Es ist erschreckend, wieviel verbogene Visagen auf der Welt herumlaufen! Nach den Gesichtern könnten wir doch jetzt glatt bis dreißig Mörder festnehmen! Werner Antonowitsch, haben Sie jemals schon so viele dunkle Physiognomien auf einem Haufen gesehen wie in diesem Zug?«
    »Das ist überall so, Pal Viktorowitsch! Nicht jeder Mensch kann eine unschuldige Schönheit

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