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Transsibirien Express

Transsibirien Express

Titel: Transsibirien Express Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Wagentür zu.
    Die Milizabsperrung ließ jetzt die Reisenden durch, die den Zug bestiegen. Die Schaffner dirigierten sie von dem Wagen weg, in dem Klaschka lag.
    »Der Mörder ist noch im Zug, darüber sind wir uns doch alle klar?«
    »Ja!« sagte Forster. »Aber ich glaube nicht, daß er noch einmal zu Klaschka zurückkommt und ihr Blümchen bringt.«
    »Aber er erwartet eines! Nämlich, daß wir die Tote hier ausladen! Er sitzt am Fenster und will den Zinksarg sehen. Erst wenn sie weg ist, wird auch er von seinem ungeheuren inneren Druck befreit sein!«
    »Das arme Menschlein«, sagte Karsanow spöttisch. »Es muß seelisch so leiden!«
    »Aber Klaschka verläßt den Zug nicht!« fuhr Plotkin mit erhobener Stimme fort. »Der Transsib fährt weiter! Was wird der Mörder tun? Es wird ihn innerlich zerreißen! Warum haben sie Klaschka nicht ausgeladen, wird er sich immer wieder fragen. Was ist los in Nummer fünf? Man läßt einen Toten doch nicht herumliegen! Genossen, diese Panik wird ihn auffressen!. Es wird von Stunde zu Stunde schlimmer werden, bis er sich verrät! Er ist ja kein alter Mörder, vergeßt das nicht, er ist selbst verzweifelt über seine Tat! Warten wir … die Zeit arbeitet für uns.«
    Draußen zog die Miliz ab. Ein Ruck ging durch den Zug, – die Lok wurde gewechselt.
    An den Speisewagen fuhr ein Elektrokarren heran, und Fedja lud Kästen und Kartons um. Die Verpflegung wurde aufgefüllt.
    In der Toilette Nummer fünf zerschlug einer der Assistenten die Scheibe. Die eisige Kälte strömte in den kleinen Raum. Mulanow drehte mit einem Spezialschlüssel auch noch die Heizung ab.
    In einer Stunde würde Klaschka so steif gefroren sein als wäre sie ein Eisblock. Kein Problem, sie bis Wladiwostok mitzunehmen. Es gibt keine bessere Konservierung als den sibirischen Frost.
    »Fahren Sie weiter mit, Stepan Petrowitsch?« fragte Karsanow, nachdem man die Toilettentür von neuem verriegelt hatte.
    »Natürlich!« Plotkin kratzte sich wieder den Haaransatz. Seine vier Assistenten verließen den Zug.
    »Ich habe mich im Funkraum einquartiert. Er kann von den Reisenden nicht eingesehen werden, und ich werde mich nicht sehen lassen. Wenn wir Kontakt miteinander halten wollen, Pal Viktorowitsch, müssen Sie leider zu mir kommen. Der Mörder soll glauben, er wäre mit seiner Leiche allein …«
    »Was halten Sie davon?« fragte Karsanow später, als der Transsib den riesigen Bahnhof von Irkutsk verließ. Er stand mit Forster am Fenster im Gang und blickte über die schöne große Stadt.
    Irkutsk, das Herz Sibiriens!
    Irkutsk, der Stolz von Pioniergenerationen!
    Die weichende Nacht lag zwar noch über dem Häusermeer, aber die Faszination war die gleiche als beleuchte die Sonne die Stadt.
    Auch das ist Sibirien, dachte Werner Forster. Was weiß man bei uns in Deutschland davon, was hier geschieht?
    Taiga … das heißt bei uns das Ende der Welt.
    Die Wirklichkeit ist ganz anders: Hier fängt die Welt erst an! Eine neue Welt, errichtet auf einem unschätzbaren Reichtum an Bodenschätzen.
    Die wenigsten Menschen im Westen begreifen, daß hier Rußlands Unsterblichkeit entsteht.
    »Was meinen Sie?« fragte Forster zurück, durch Karsanows Frage aus seinen Gedanken gerissen.
    »Daß wir mit Klaschka weiterreisen …«
    »Ein merkwürdiges Gefühl! Aber wenn wir es schon haben – wie muß es erst der Mörder empfinden? Hier muß ich Plotkin zustimmen. Für eine deutsche Mordkommission allerdings wäre so etwas undenkbar. Eine Leiche liegen lassen …«
    »Darauf habe ich nur gewartet!« bemerkte Karsanow giftig. »Das mußte kommen! So etwas ist nur in Rußland möglich … der alte, verdammte hetzerische Ausruf des Westens!«
    »Mein Gott, fangen Sie nicht schon wieder an, Karsanow!«
    Forster drehte sich um. Irkutsk lag hinter ihnen, sie fuhren dem Baikalsee entgegen.
    »Ich weiß, daß Sie ein Patriot sind; und ich beglückwünsche Sie dazu. Was ich bisher von Ihrem Land gesehen habe – und das ist bei seiner Größe kaum ein Staubkorn – läßt verstehen, warum ein Russe sein Land ›Mütterchen‹ nennt und es glühend liebt. Schließen wir damit dies Thema ab, Pal Viktorowitsch!«
    Sie gingen rasch zurück zu ihrem Abteil.
    Milda schlief noch immer; sie hatte Irkutsk, die Untersuchungen, die Abfahrt nicht gemerkt; ein Beweis, wie tief ihre Erschöpfung war.
    Forster beugte sich über sie und gab ihr einen vorsichtigen Kuß auf die zusammengepreßten Lippen.
    Karsanow setzte sich auf sein Bett. »Man könnte

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