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Transsibirien Express

Transsibirien Express

Titel: Transsibirien Express Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Händen packte Milda zu, schwang die kurzstielige Axt mit einer Drehung aus den Hüften heraus über ihren Kopf, als werfe sie eine Diskusscheibe, und ließ sie dann auf Kurans Schädel niederfallen.
    Wenn ein Blitz einen Baum spaltet, so kann es nicht anders sein. Kurans dicker Kopf klaffte auseinander, Blut und Hirn stürzten wie eine Woge aus dem Spalt, der schwere Körper sackte nach vorn und rutschte dann seitlich vom Stuhl.
    Die Beine in den blankgeputzten Stiefeln zuckten noch ein paarmal, dann lag er still.
    Nur das Blut rauschte immer weiter aus Kurans Schädel. Es war ein Ton, den Milda nie vergessen würde.
    Eine lange Zeit starrte sie auf den Toten, dann legte sie die Axt neben den gespaltenen Schädel und verließ ebenso ruhig, wie sie gekommen war, das Gebäude der Sowchosenverwaltung.
    Sie setzte sich gegenüber in die Kantine, bestellte einen Tee mit Honig und wartete.
    Es dauerte nicht lange.
    Es gibt immer etwas, was man den Genossen Kuran fragen muß, auch wenn man weiß, daß er um diese Zeit ißt und nicht gestört werden möchte.
    So entdeckte der zweite Büroschreiber Nikita den wirklich nicht schön aussehenden Toten, schlug heimlich ein Kreuz und schlug dann Alarm.
    Milda blieb in der Kantine sitzen. Warum weglaufen, dachte sie. Wohin noch flüchten? Sie werden es bald heraushaben, wer die Axt aus dem Magazin geholt hat.
    Und wenn ich mich verstecke, dachte Milda weiter, werden sie Vater und Mutter und meinen Bruder verhören, und auch meine Schwester werden sie nicht in Ruhe lassen und alle verdächtigen, mich weggebracht zu haben. Es wird nur Schwierigkeiten geben.
    Ich habe es getan, ich habe einem Schwein in Menschengestalt den Kopf gespalten, und ich bereue es nicht. Warum jetzt feige sein und sich verstecken?
    Wenn vieles in Rußland noch im argen liegt und manches nicht so klappt, wie es sein sollte, weil der Mensch eben so träge ist und alle aufgestellten Jahrespläne letztlich vom Menschen abhängig sind –, eines funktionierte schnell: die Miliz war in kürzester Zeit in der Sowchose.
    Vor der Verwaltung stauten sich die Menschen und diskutierten.
    Man war sich darüber einig, daß dem noch unbekannten Mörder in Kargopow ein Denkmal errichtet werden müsse – größer und schöner als das von Lenin, der mit hocherhobener Hand auf dem Marktplatz stand, als wolle er eine Rede halten.
    Es spielte dabei auch keine Rolle, daß die Miliz anderer Meinung war … Kuran war ein Höllenaas gewesen, ein lebender Teufelsdreck, ein immer bereiter Beschäler aller schöner Frauen, der schon in vielen Ehemännern den Wunsch geweckt hatte, ihn umzubringen. Aber keiner hatte es getan … bis heute!
    Genosse, wo bist du? Laß dich umarmen! Du bist unser aller Brüderchen …
    Es dauerte zwei Stunden, bis die Miliz alles aufgenommen hatte. Man fotografierte den gespaltenen Kuran, entdeckte einen Haufen Fingerabdrücke auf dem Stiel der Axt; Erde und Dreck, die von Stiefelsohlen abgefallen waren und die nicht unter Kurans sauberen Sohlen klebten, stellte man sicher; und vor allem betrachtete man nachdenklich ein Kopftuch, das neben dem Teller auf dem Tisch lag.
    »Das hat nichts zu sagen«, erklärte der Genosse Lobnowitz, der Stellvertreter Kurans und ein guter Mensch, bei dem sich viele ausweinen konnten, die von Kuran in den Hintern getreten worden waren. »Weiber gehörten zu ihm wie ein Rülpser nach dem Essen! Sehen Sie sich den Schlag an, Genossen! Das war ein Bulle von Mann. Wir sollten alle betrogenen Ehemänner durchleuchten, die mehr als einhundertachtzig Pfund wiegen … Fangen wir bei der Schmiede an …«
    Die Miliz fing dort an, wo sie wollte. Und so war es natürlich, daß über das Werkzeugmagazin der direkte Weg zu Milda Tichonowna führte.
    Als die Miliz, neugierig, was das für ein Kraftweib sein müsse, die Kantine betrat, erhob sich Milda in ihrer mädchenhaften Zartheit und sagte laut: »Ja, ich war es!« Man glaubte ihr erst, als man ihre Fingerabdrücke mit denen auf dem Axtstiel verglichen hatte.
    »Mit diesem Ärmchen?« fragte der Kommissar und schüttelte den Kopf. »Spaltet einen Schädel bis zur Mitte durch? Milda Tichonowna, mit diesen Muskelchen heben Sie doch keinen Kohlkopf auf!«
    »Ich habe mit meinem ganzen Körper zugeschlagen«, sagte sie ohne Anzeichen von Erregung.
    »Der Körper eines Schwälbchens …«
    »Geben Sie mir die Axt, und ich zeige es Ihnen …«
    Der Kommissar zögerte, musterte Milda wieder und nickte dann.
    Man reichte Milda die Axt und

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