Transsibirien Express
mich los, Kyrill Michailowitsch! Ich bin nicht so wie andere Weiber! Nehmen Sie an, ich wäre blind? Fassen Sie mich nicht an!«
Es war unmöglich, gegen Kurans Kraft anzukommen. Er lachte rauh, schlug Mildas Fäuste weg, packte fest an ihre Brüste, riß das Mädchen an sich und küßte es. Er küßte Milda wild, wohin er sie gerade traf, denn sie stieß mit dem Kopf um sich. Dann ließ er sie los, gab ihr eine schallende Ohrfeige, nach der sie in die Knie fiel, zog sie wieder hoch und griff ihr unter den Rock.
Milda spuckte ihn an, mitten in das feiste gerötete Gesicht spuckte sie; dann trat sie ihn gegen das Schienbein und konnte zur Tür flüchten, als Kuran sich mit verzerrtem Gesicht und schwer atmend gegen die Theke stützte.
»Ich werde es allen erzählen!« knirschte Milda, heiser vor Wut. »Allen! In der Stolowaja werde ich es ausrufen …«
»Tu das, du Luder!« Kuran wischte sich die Stirn. »Dein Väterchen arbeitet hier … hui, er fliegt hinaus! Dein Bruder arbeitet hier … ab morgen kann er Erde fressen! Ist euer Haus nicht nur gepachtet? Von der Sowchose gepachtet? Beladet euren Karren, und weg aus Kargopow! Und alles nur, weil eine Idiotin wie du nicht den Rock heben will! Dafür vernichtet sie ihre ganze Familie! Vorarbeiterin in der Gärtnerei kann sie werden! Der beste Posten in der ganzen Sowchose! Sie werden dich auslachen, alle, in der Stolowaja! Sag es ihnen nur …«
Am nächsten Morgen erschien der alte Lipski bei Kuran. Er war sehr ernst, sah den Brigadier lange schweigend an und wackelte mit der Nase.
Kuran winkte ab. »Halt's Maul, Tichon Iwanowitsch!« begann Kuran. »Oder willst du, daß deiner Tochter Spinnweben wachsen?«
»Du bist ein Schwein, Kyrill Michailowitsch!« sagte Lipski dunkel. »Sie hat es mir allein erzählt, keiner weiß es, nur du und ich … und ich warne dich!«
»Du warnst mich? Oha!« Kuran lachte gehässig. »Ich trete dich in den Arsch wie einen lahmen Esel.«
»Ich bin Parteigenosse, vergiß das nicht.«
»Und ich bin Bezirksvorsitzender, vergiß das auch nicht! Genaugenommen, Tichon Iwanowitsch, bist du ein Dreckhaufen, weiter nichts!«
»Laß Milda in Ruhe, sage ich dir.« Lipski beugte sich über den Tisch. »Mach mit uns, was du willst. Es wird einen Kampf geben bis zum Obersten Gericht in Kiew! Verhungern werden wir nicht … aber du kannst dich verstecken vor Iwan, meinem Sohn! Er wird dir die Knochen brechen – mit einem einzigen Schlag!«
»Das ist eine Drohung!« sagte Kuran kalt. »Man wagt es, mir zu drohen! Hinaus, du Stück Mist! Du wirst noch von mir hören!«
Drei Tage blieb alles still, und man hoffte schon, Kuran habe den Vorfall geschluckt, um kein Aufsehen zu erregen.
Er kniff die Wäscherinnen wieder in den Hintern und schloß sich mit der drallen Eftimia, einer jungen Witwe, in sein Büro ein. Man hörte es bis nach draußen, wie die Möbel wackelten …
Um so erstaunter waren alle, als Milda aus dem Magazin wegkam und zur Brigade drei versetzt wurde.
Man muß wissen, was das ist. Brigade drei war der dreckigste Haufen der ganzen Sowchose. Nicht vom Charakter her, – nein, von der Arbeit. Es war die Bodenbearbeitungsabteilung, wie es so schön hieß.
Bei glühender Sonne oder strömendem Regen rückte sie aus und mußte die riesigen Felder pflügen. Es gab eigentlich kein Wetter, das diese Brigade abhalten konnte; und wenn der Boden durch Regen zu weich war und die Traktoren einsanken, rückte die Brigade aus und rodete Wälder. Es waren die bestbezahlten Arbeiter der ganzen Sowchose, die härtesten Burschen … und Milda war die einzige Frau unter diesen Männern.
Sie biß die Zähne zusammen, saß auf dem Traktor, stand hinter der Motorsäge, entlaubte die gefällten Bäume. Ihre zarten Hände sprangen auf, wurden wund und schwielig … aber sie lehnte jede Hilfe ab.
»Es ist sehr lieb von euch«, sagte sie zu den harten Kerlen, die ihr immer wieder die leichteste Arbeit der Kolonne zuschoben, »aber ihr tut mir damit keinen Gefallen. Ich will es Kuran, diesem Fettsack, zeigen!«
Oh, sie war zäh, wie auch die schönste Katze zäh sein kann, wenn es darauf ankommt.
Ein paarmal kam Kuran in einem Wagen zur Brigade drei, sah stumm zu, beobachtete Milda Tichonowna bei der Arbeit und brüllte jeden an, der ihn Mildas wegen ansprach und ihn einen Schinder nannte.
Natürlich hagelte es Beschwerden beim Bezirkssowjet, anonyme und auch unterschriebene Beschwerden.
Die Familie Lipski schrieb nach Kiew an die Obere
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