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Transzendenz

Transzendenz

Titel: Transzendenz Kostenlos Bücher Online Lesen
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angenehm, Shelley um sich zu haben, ein geschäftiges Knäuel aus gesundem Menschenverstand und Intelligenz, das Licht in mein manchmal verdunkeltes Dasein brachte.
    Tom begrüßte mich zurückhaltender, und ich war überrascht, als er seinen Gast vorstellte: Sonia Dameyer, die amerikanische Soldatin, die ihm in den ersten Stunden nach seiner Verletzung geholfen hatte.
    Wie sich herausstellte, waren Tom und sie während seiner Genesungsphase ein Paar geworden. Sie sagte: »Ich weiß, es ist ein bisschen erbärmlich, wenn sich die einzigen beiden Amerikaner in einem fremden Land aneinander klammern, aber so ist es nun mal. Ich hatte noch Anspruch auf ein bisschen Heimaturlaub und auf ein kostenloses Flugticket von Uncle Sam. Als Tom von Ihrer Einladung erzählte, konnte ich nicht widerstehen. Ich dachte, es wäre schön, Sie mal persönlich kennen zu lernen, Mr. Poole. Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen.«
    »Nennen Sie mich Michael. Weshalb sollte ich etwas dagegen haben?«
    Sie trug zivile Kleidung, einen ordentlichen, attraktiven Overall. Aber sie gehörte zu jenen Soldatentypen, die immer militärisch aussahen, auch wenn sie keine Uniform trugen; ihre Haltung war aufrecht, ihr Benehmen korrekt, ihre Intelligenz offensichtlich, ihre Aufmerksamkeit konzentriert. Ich hatte nichts von ihrer Beziehung zu Tom gemerkt, als ich ihr während meines VR-Trips nach Sibirien begegnet war – aber vielleicht hätte ich es merken sollen. Wie schon in Sibirien mochte ich sie sofort, aber ich fand sie auch ein wenig Furcht einflößend.
    Wir versammelten uns mit Kaffeebechern, Bergen von Keksen, Flipcharts, Notizblöcken und Softscreens auf den Sofas im Wohnzimmer und machten uns an die Arbeit.
     
    »Also«, sagte Tom. »Die Welt wird ihren Eisdeckel abwerfen. Was sollen wir dagegen tun?« Es war ironisch gemeint, aber es klang nur ratlos.
    Zu meiner Überraschung beugte Sonia sich vor. »Darf ich einen methodologischen Vorschlag machen?« Sie skizzierte einen Problemlösungsansatz, den sie, wie sie erklärte, schon früher angewendet hatte. »Wir teilen den Tag in zwei Hälften. Jetzt ist es elf Uhr vormittags. Wir arbeiten bis zum Mittagessen – sagen wir, bis eins oder halb zwei. Diese Zeit nutzen wir, um das Problem von allen Seiten zu beleuchten. Wir werfen einfach alles in einen Topf, was wir wissen und was uns sonst noch einfällt – jeden Vorschlag und jede Idee, und seien sie noch so unausgegoren.«
    »Dürfen wir über die Vorschläge der anderen lachen?«, fragte Tom trocken.
    »Es geht nur darum, Ideen zu entwickeln. Aber es gibt zwei Regeln. Die eine lautet, dass alles aufgezeichnet wird. Und die zweite, dass nur positive Kommentare erlaubt sind – jedenfalls bis zum Mittagessen. Man muss damit anfangen, dass man sagt, was einem an der Idee gefällt. Wir wollen Ideen finden und auf sie aufbauen, statt sie niederzumachen. Nach dem Essen untersuchen wir sie dann kritischer und versuchen, ein schlüssiges Konzept zu entwickeln.« Tom lachte, aber Sonia sagte mit fester Stimme: »So lauten die Regeln.«
    Shelley grinste. »Mir soll’s recht sein.« Sie beugte sich zu mir und flüsterte: »Ich glaube, wir werden noch froh sein, dass sie hier ist.«
    Ich war beeindruckt. Wenn dieser Vorschlag von mir gekommen wäre, hätte Tom ihn garantiert sofort in der Luft zerrissen. Ich stellte mir vor, wie Sonia auf diese Weise draußen in ihrem Bereich arbeitete, wie sie ihren eigenen motivierten, gut ausgebildeten, hyperintelligenten Stab mit ein paar unglücklichen oder zornigen Einheimischen zusammenbrachte, um alle Schäden zu beheben. Jetzt griff sie auf dieselben Managementfähigkeiten zurück, um unsere schwierige Vater-Sohn-Dynamik in den Griff zu bekommen.
    Also begannen wir damit, unser Wissen über Gashydrate zu sammeln. Tom hatte seine persönliche Erfahrung und was er vor Ort in Sibirien aufgeschnappt hatte. Ich brachte ein, was ich von Gea erfahren und in anschließenden Studien gelernt hatte. Sonia fungierte fürs Erste hauptsächlich als Protokollantin.
    Die interessantesten neuen Fakten kamen von Shelley, die – typisch für sie – ein bisschen herumgewühlt hatte. Wie sie herausgefunden hatte, war das Massensterben am Ende des Perms, das mir von Gea auf so unangenehme Weise vorgeführt worden war, nicht das einzige Ereignis, bei dem freigesetzte Gashydrate das Erdklima ruiniert hatten. Sie zeigte uns schematische Darstellungen der Temperatur und der Atmosphärenzusammensetzung. »Dieser Zacken ist das so

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