Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Transzendenz

Transzendenz

Titel: Transzendenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
sauberer und hatten aufgehört, den Teich zu verschmutzen. Aber eine Erbschaft des neuen Denkens war, dass es zu den schlimmsten Beleidigungen zählte, wenn man – in einem Jargon, der noch aus der Zeit vor Amins Amtszeit stammte – als Instrumentalist bezeichnet wurde: als jemand, der sich in fremde Angelegenheiten einmischte. Die Vorstellung, wie könnten ernsthaft Probleme planetaren Ausmaßes beheben, schien ebenso überheblich und arrogant zu sein wie die Denkweise, die uns überhaupt erst in dieses Schlamassel gebracht hatte. Sonias Frage – was tun wir? – beinhaltete also die direkte Konfrontation mit einem modernen Tabu.
    »Betrachten wir es mal so«, sagte Shelley in nüchternem Ton. »Wir sind uns nicht sicher, ob wir das Schlamassel nicht noch verschlimmern würden. Aber diese Gashydrate haben kein Gewissen, keine Seele, kein Mitgefühl; sie werden hochgehen, ganz gleich, wie wir dazu stehen.«
    Tom überraschte mich. »Na schön, spielen wir also das Instrumentalistenspiel. Wenn der Dreck, den wir in die Atmosphäre blasen, die Hydrate destabilisiert, dann hören wir eben einfach damit auf.«
    Ich fing Sonias Blick auf und erinnerte mich an ihre Regeln. Ich sagte: »Daran gefällt mir, dass es auf lange Sicht die richtige Lösung sein muss. Die Ursache eines Problems zu beseitigen, ist zweifellos eine bessere Strategie, als an den Symptomen herumzudoktern.«
    »Und jetzt das Aber«, sagte Tom vorsichtig.
    »Aber es ist zu spät.«
    Shelley unterstützte mich.
    Durch die Abschaffung der meisten Automobile hatten wir bereits eine Menge erreicht. Doch selbst wenn wir morgen sämtliche Fabriken und Kraftwerke stilllegten, würde immer noch Kohlendioxid in die Luft entweichen, zum Beispiel aus verrottenden Lagern auf dem sterbenden Meeresboden. Wir hatten es mit planetenweiten Systemen zu tun; die gewaltige Trägheit der Erdprozesse würde dafür sorgen, dass der Kohlendioxidgehalt noch jahrzehntelang anstiege und die Erwärmung mit ihm.
    Sonia zeichnete all dies auf. »Es wird also nichts nützen, wenn wir aufhören, das Zeug in die Luft zu blasen. Warum versuchen wir nicht, es wieder herauszuholen?«
    »Das ist eine so gute Idee, dass es bereits getan wird«, sagte Shelley.
    Das stimmte; in verschiedenen Winkeln des Globus wurden bereits »Geotech«-Projekte durchgeführt. Sie befanden sich allerdings noch im Versuchsstadium und waren zutiefst unmodern. Die meisten konzentrierten sich auf bescheidene Bemühungen zur so genannten »Kohlenstoff-Sequestrierung«, bei denen das Kohlendioxid schneller aus der Luft gebunden werden sollte, als es durch natürliche Prozesse möglich war.
    »Dann beschleunigen wir diese Programme eben«, schlug Sonia vor. »Vielleicht sollten wir dafür sorgen, dass das Kohlendioxid als Schnee ausgefällt wird, wie auf dem Mars.«
    Das kam unerwartet, eine verrückte Idee, wie sie Sonias Methode wohl hervorbringen sollte. Wir spielten ein wenig damit herum. Das Problem war, dass es auf dem Mars viel kälter war als auf der Erde. Man würde die globalen Temperaturen reduzieren müssen, damit Kohlendioxid gefror, und genau mit diesem Problem schlugen wir uns ja ohnehin schon herum. Vielleicht konnte man auch irgendwie an der Atmosphäre herumbasteln, irgendeinen Kältefaktor in die Luft einbringen… Keiner von uns kannte sich gut genug in Chemie aus, um einen plausiblen Weg vorzuschlagen, wie man das bewerkstelligen konnte.
    Tom verschränkte die Hände hinter dem Kopf und lehnte sich in seinem Sessel zurück. »Ich zögere, dies im Beisein eines Erz-Instrumentalisten wie dir zu sagen, Dad, aber vielleicht denken wir hier in zu großen Dimensionen. Schließlich wollen wir ja nicht den ganzen verdammten Planeten abkühlen. Es würde schon reichen, wenn wir bloß die Hydratsedimente stabilisieren könnten – nicht wahr? Warum denken wir dann nicht über einen Weg nach, die Pole zu kühlen?«
    »Tatsächlich hat man in der Vergangenheit schon eine ganze Reihe von Plänen zur Abkühlung bestimmter Teile der Erdoberfläche entwickelt«, warf Shelley ein. Sie gab uns einen raschen Überblick über diese Konzepte, soweit sie sich daran erinnern oder sie mittels ihres Softscreens zutage fördern konnte, und wir kauten sie durch.
    Die meisten dieser Ideen beruhten darauf, dass ein Teil der Erdoberfläche verschattet wurde, sodass es dort keine Sonneneinstrahlung mehr gab. Man konnte Dreck in die Luft blasen, diverse Aerosole, die das Licht abhielten. Oder, noch einfacher, man konnte

Weitere Kostenlose Bücher