Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Transzendenz

Transzendenz

Titel: Transzendenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
Flugzeugflotten zu den Polen schicken, die Scherben irgendeines versilberten Materials aufs Eis oder aufs Wasser abwarfen. Wenn man das Material mit KI-Elementen ausrüstete, dachten wir, könnte man dafür sorgen, dass es sich eigenständig zusammenfügte, eine sich selbst erzeugende, sich selbst reparierende verspiegelte Kappe. Man könnte es sogar darauf programmieren, dass es sich auf Befehl auflöste. Es war schon ein verrückter Gedanke, einen beträchtlichen Teil der Welt in Silberfolie einzupacken.
    Man könnte auch eine Art Sonnenschirmsystem in die Umlaufbahn schießen, dachten wir. Die Russen hatten früher mit dieser Idee gespielt. Dann hätte man erheblich mehr Einfluss auf die Menge des durchgelassenen Lichts als bei Systemen in der Atmosphäre oder auf dem Boden. Ein paar Minuten lang verloren Shelley und ich uns in beschwingten Ausgestaltungen dieser Idee. Man würde sich auf ein beispiellos umfangreiches Programm von Raumschiffstarts einstellen müssen, aber wir wussten, wenn wir uns darauf konzentrierten, konnten wir die erforderliche Raketenflotte mit unseren Higgs-Energie-Triebwerken ausstatten. Einen Schild so zu positionieren, dass er die Pole wirkungsvoll abschirmte, würde im Hinblick auf die Dynamik allerdings knifflig sein. Der Äquator wäre vergleichsweise leicht zu schützen; dort konnte man den Schild in einen geosynchronen Orbit bringen, sodass er alle vierundzwanzig Stunden einmal um die Erde kreiste und dadurch stets über einem einzelnen Punkt an der Oberfläche der sich drehenden Erde zu schweben schien. Geosynchronizität war jedoch nicht die einzige Lösung; Shelley förderte irgendwelches exotische Material über komplexe Orbitalmuster zutage, mit deren Hilfe die Russen ihre verstreuten, weit vom Äquator entfernten Gebiete einst vierundzwanzig Stunden pro Tag mit Kommunikationssatelliten abgedeckt hatten.
    Schließlich erklärte Sonia, unsere Zeit sei um. Wir verlören uns zu stark in Details.
    »Okay«, gab Shelley zu. »Aber wir müssen mit einigen dieser Geotech-Gruppen Kontakt aufnehmen, ganz gleich, wofür wir uns entscheiden. Die haben bestimmt Erfahrungen mit solchen Mega-Projekten, die wir uns zunutze machen können.«
    Tom schüttelte den Kopf auf eine weltmüde Art und Weise, die ich in seiner Jugend schon zu oft bei ihm gesehen hatte. »Geotechnik. Terraformierung. Feuchte Träume.«
    »Was soll der Spott, Tom?«, blaffte ich. »Und außerdem warst du derjenige, der vorgeschlagen hat, wir sollten die Pole abkühlen.«
    »Ich habe nicht von abkühlen gesprochen«, sagte er, »sondern von kühlen.«
    Shelley ging dazwischen und dämpfte das Feuer, bevor es ausbrach. »Du hast völlig Recht, Tom. Ein Kühlschrank ist eine Maschine, die einem Volumen Wärme entzieht. Und wie funktioniert sie? Man lässt die Arbeitsflüssigkeit, das Kühlmittel – zum Beispiel Ammoniak –, um das zu kühlende Volumen herumlaufen. Die Wärme aus dem Zielvolumen lässt das Kühlmittel verdampfen, wodurch die Energie extrahiert wird. Dann wird das gasförmige Kühlmittel einem Kondensator zugeführt, wo es wieder in flüssige Form umgewandelt wird und dabei diese Wärme abgibt. Und dann wird die Flüssigkeit erneut durch die Schleife gepumpt, um weitere Wärme abzusaugen.«
    Sonia machte sich Notizen, schaute jedoch skeptisch drein. »Wie könnte man die Hydratlager kühlen? Sie befinden sich tief unter dem Meeresboden und bedecken Millionen von Quadratkilometern.«
    »Das wäre nicht unbedingt schwierig.« Ich überlegte rasch. »Man müsste ein Rohrnetz im Innern der Hydratlager verlegen. Es würde nicht lange dauern, ein funktionierendes Netz aufzubauen.« Mit schnellen Strichen zeichnete ich eine Skizze, die einem Straßennetz ähnelte, mit großen Hauptverkehrsstraßen, von denen kleinere Seitenstraßen abzweigten. »Die Arbeitsflüssigkeit brauchte natürlich nicht zwangsläufig Ammoniak zu sein. In diesen Volumen wäre das wahrscheinlich gar nicht möglich. Flüssiger Stickstoff vielleicht – man könnte den Stickstoff einfach aus der Luft entnehmen…«
    Tom schüttelte erneut den Kopf, und ich war kurz davor, ihn anzuschnauzen. Ich spürte, dass wir uns trotz Sonias harter Arbeit wieder in den Elefantenfallen unserer Beziehung verfingen.
    Sonia und Shelley schienen gleichzeitig zum selben Schluss zu kommen. Wir brauchten eine Pause. Sie standen beide auf. »Essenszeit«, sagte Shelley. »Michael, du bist der Koch.«
    »Na schön«, sagte ich widerwillig. Tom rappelte sich aus

Weitere Kostenlose Bücher