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Transzendenz

Transzendenz

Titel: Transzendenz Kostenlos Bücher Online Lesen
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unsere persönliche Anwesenheit, sagte Shelley. Wir sollten beide in die Zentrale von EI in der Mojavewüste kommen.
    Ich dachte mit Schrecken daran, dass ich dazu schon wieder ein Flugzeug besteigen müsste. »Wenn man bedenkt, dass diese Burschen den Umbau der ganzen Erde anstreben«, beklagte ich mich, »ist der Wunsch nach einem persönlichen Treffen ein bisschen zwanzigstes Jahrhundert.«
    Shelley, die virtuell in Rosas Wohnung projiziert wurde, zuckte die Achseln. »Wir müssen uns schon nach EI richten. Diese Burschen wissen, wie man große Projekte durchsetzt und auch durchführt, und es ist in diesem Stadium nicht sonderlich hilfreich, über ihre Methoden die Nase zu rümpfen.« Sie grinste, ganz die lebhafte, neugierige Ingenieurin. »Übrigens hab ich gehört, dass sie da draußen ein paar spektakuläre Sachen haben.«
    »Ja, einen richtigen Rettet-die-Welt-Themenpark«, nörgelte ich.
    »Ach, nun kommen Sie schon. Es ist ein Abenteuer. Und überhaupt haben die nicht ganz Unrecht. Die Primatenpolitik funktioniert immer noch. Wussten Sie, dass man Schimpansen mit einer VR nicht täuschen kann? Sie wedeln einfach mit den Händen durch die Bilder. Sie sind zu dumm, um darauf hereinzufallen.«
    »Oder zu klug.«
    Sie streckte die Hand aus, als wolle sie mir die Haare zerzausen. Ich wich unwillkürlich zurück. Doch als ihre VR-Hand auf meine Haut traf, löste sie sich in Pixel auf, kleine Lichtwürfel, die in der Luft zerstoben. Sie lachte. »Ist das reale Leben nicht besser? Wir treffen uns auf JFK. Von da aus können wir zusammen weiterfliegen.«
    Ich verabschiedete mich von Rosa.
    Der Zweck meines Besuchs war natürlich noch längst nicht erfüllt, aber immerhin hatte ich mit meinem Gespenst ihre Aufmerksamkeit erregt. Rosa war ein viel dunklerer Charakter als Shelley, viel zynischer und distanzierter, und natürlich auch erheblich älter. Aber wenn sie sich auf ein Problem konzentrierte, das sie interessant fand, war sie klug, scharfsinnig, neugierig und voll bei der Sache, genau wie Shelley. Ich stellte fest, dass die beiden vieles gemeinsam hatten – obwohl Shelley, die rationale Ingenieurin, Rosas geheimnisumwobenes, seltsames Leben mit Skepsis betrachtet hätte.
     
    Ich ertrug die Stunden des Fluges nach JFK, wo Shelley mich abholte. Uns blieb nur ein wenig Zeit auf dem Boden, bevor wir zu einem weiteren gewaltigen Siebenmeilenstiefel-Sprung nach LAX ansetzten. Shelley lotste mich sanft durch die Flughafenprozeduren. Obwohl ich bereits unter dem Jetlag litt, gelang es mir, während dieses Fluges zu schlafen, aber als wir auf LAX ausgespuckt wurden, fühlte ich mich noch schlechter.
    Und anschließend noch ein weiterer Flug, diesmal nur ein Katzensprung an Bord eines kleinen Passagierjets mit einem Dutzend Plätzen, der EI selbst gehörte und auch von dem Unternehmen betrieben wurde. Das Flugzeug war mit dem einigermaßen geschmacklosen Logo des Konzerns geschmückt, einer Erde in einer hohlen Menschenhand – »gleich einem Ringer, der regelwidrig einen Hoden quetscht«, wie Shelley es treffend formulierte.
    Ich hatte erwartet, dass wir von LAX aus landeinwärts in Richtung der Mojavewüste fliegen würden, aber zu meiner Überraschung flogen wir nach Westen, zur Küste und aufs Meer hinaus.
    Shelley und ich waren die einzigen Passagiere, und wir bekamen unsere Getränke von einem kleinen Bot mit Gummirädern serviert. Das Flugzeug war eine hochmoderne Konstruktion, ein Rumpf aus Glas und Keramik voller Licht und Luft, und ich konnte das dezente Brummen seiner Wasserstofftriebwerke kaum hören. Es fühlte sich an, als säßen wir in einer Blase, die über dem Meer hing.
    Die Nachmittagssonne stand tief, und das Wasser sah aus wie ein Flammenmeer. Als ich zur Küste zurückschaute, war LA ein Teppich aus Straßen und Gebäuden, ein rechtwinkliges Gitternetz, als wären die Konturen des Landes von Schaltkreisen überzogen. Die Luft über der Stadt war verfärbt, aber die riesige, orangefarbene Smogkuppel, an die ich mich von den Flügen in meiner Kindheit erinnerte, hatte sich weitgehend aufgelöst.
    Shelley bemerkte etwas im Ozean. »Schauen Sie sich das an.« Eine stadtgroße Wasserfläche war dunkelgrün gefleckt. »Was mag das wohl sein? Vielleicht eine Kläranlage?« Aber das Gebiet war ein ordentliches, künstliches Quadrat mit geraden Kanten.
    »Wir würden es als Planktonblüte bezeichnen.« Auf einem gegenüberliegenden Sitz erschien abrupt eine VR. Es war ein blonder, blauäugiger Mann von

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