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Transzendenz

Transzendenz

Titel: Transzendenz Kostenlos Bücher Online Lesen
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fühlen.
    Vander Guthrie vom Global-Ecosystems-Analyser- Zentrum in Oklahoma materialisierte aus dem Nichts. Er sah so linkisch aus wie immer, seine himmelblauen Haare wirkten lächerlich, und er grinste mich nervös an. Außerdem hatte er einen kleinen Spielzeugroboter dabei, den er auf den Tisch stellte. Der Roboter rollte versuchsweise hin und her; Reibungsfunken sprühten aus seinem Plastikbauch. Mit blecherner Weltraumstimme verkündete er: »Der Tisch ist ein wenig rutschig, aber ich glaube, es wird gehen.«
    »Ach, um Himmels willen«, meckerte Tom. »Was ist das hier, Dad, ein Zirkus?«
    »Gea unterstützt uns. Das ist von großer Bedeutung, Tom.«
    »Es ist lächerlich, das ist es. Weshalb bin ich hier?«
    Ich sehnte mich danach, seine Hand zu berühren. »Wenn du nicht wärst, wäre keiner von uns hier. Entspann dich einfach und vertrau deinem Gefühl.«
    Tom schnaubte, blieb jedoch reglos sitzen.
    Sonia saß auf der anderen Seite neben ihm. Unsere Blicke trafen sich, und sie lächelte kaum merklich. Er kriegt sich schon wieder ein. Ich war dankbar für die wortlose Botschaft und froh, dass sie hier war, vernünftig und ruhig. Vernunft und Ruhe scheinen in meiner Familie knapp bemessen zu sein.
    Ruud Makaay, geschmeidig und kompetent wie eh und je, klopfte mit dem Fingernagel an das Wasserglas vor ihm. »Darf ich uns zur Ordnung rufen? Danke, dass Sie alle hier sind – auf die eine oder andere Weise…«
    Der Zweck unserer Versammlung sei, erklärte er, die bisher geleistete Arbeit an der Ausgestaltung des Hydrat-Stabilisierungsprojekts zu überprüfen und Entscheidungen über die nächsten Schritte zu treffen.
    Tom war sofort misstrauisch, ja sogar feindselig. »Die nächsten Schritte? Zum Beispiel, dass ihr die ganze Sache übernehmt, damit ihr riesige Scheiß-Löcher in den Nordpol bohren und damit reich werden könnt?«
    »Sachte, sachte, Tom«, sagte ich rasch. »Die Leute von EI greifen uns hier unter die Arme.«
    »Na logisch.«
    Falls Makaay von dieser nicht sehr viel versprechenden Eröffnung verwirrt war, so zeigte er es nicht. »Lasst uns fürs Erste auf dem aufbauen, was wir gemeinsam haben, statt uns auf unsere Differenzen zu konzentrieren. Können wir uns darauf verständigen?«
    Der Roboter rollte hin und her. Ich fragte mich, was Gea von all diesem zwischenmenschlichen, allzu menschlichen Unsinn hielt. Und dennoch war sie vermutlich vollkommen abhängig von uns Menschen mit all unseren Unzulänglichkeiten, wenn sie etwas in die Tat umgesetzt haben wollte; sie musste sich mit uns abfinden.
    Shelley griff das Stichwort auf. »Soll ich anfangen?« Sie stand auf, ging zum Kopfende des Tisches und beschwor mit ein paar Handbewegungen VR-Bilder von komplizierten, glänzenden, makellosen technischen Gerätschaften herauf. Das zentrale Element war ein Apparat, der die Form eines Projektils hatte; seine Nase wies ein kompliziertes Geflecht aus Bohrzähnen und Kanälen auf. In seinem Innern sah ich einen Funken, eine Seele in der Maschine. Shelley rief diverse teilweise transparente, ausschnitthafte oder in Einzelteile aufgelöste Darstellungen dieses Dings auf. »Wir bezeichnen das als Maulwurf«, sagte sie. »Es ist der Grundstein unseres Entwurfs. Aber jeder Maulwurf wird klein sein, nicht größer als eine geballte Faust…«
    Um die Hydratschichten zu stabilisieren, würde es nötig sein, sie mit Kühlrohren zu durchziehen, genau wie in unserer ursprünglichen Bierdeckelskizze. Die Teams, die Shelley zusammengestellt hatte, um diese Idee auszuarbeiten, hielten sich an diesen grundlegenden Entwurf. Und sie gingen immer noch davon aus, dass Stickstoff – als Gas aus der Luft entnommen und dann abgekühlt und verflüssigt – als Arbeitsmedium dienen würde. Der Stickstoff sollte durch die unterirdisch verlegten Rohre geleitet werden, wo er wieder zu einem Gas verdunsten und dabei Wärme aus den Hydratschichten abziehen würde. Anschließend sollte er aus den Rohren gesaugt und wieder kondensiert werden. Auf diese Weise würde man wirkungsvoll Wärme aus dem Boden pumpen.
    Doch um ein Band von Hydraten zu stabilisieren, das sich um den ganzen Pol des Planeten zog, würden wir viele hunderttausend Kilometer Rohre benötigen. Es war einfach nicht durchführbar, solche Mengen herzustellen und zu verlegen.
    »Und hier kommt nun der Maulwurf ins Spiel«, sagte Shelley. »Er ist so etwas wie ein Bohrmeißel mit Eigenantrieb.« Die gezahnte Nase in der massivsten Darstellung rotierte surrend; ihre

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