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Transzendenz

Transzendenz

Titel: Transzendenz Kostenlos Bücher Online Lesen
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Finger, der auf mich zeigte. »Ihr Geistesprodukt. Ja oder nein?«
    »Ja.«
    »Wie es scheint, schulden wir Ihnen alle Dank.«
    Mir war unbehaglich zumute. Wie Barnette neigte die Welt zu einer simplen Sichtweise, was solche Projekte betraf; die Medien suchten immer nach dem Chefingenieur, der grauen Eminenz im Hintergrund. Aber das war keine Rolle, in der ich mich wohl fühlen würde, selbst wenn das Projekt gut lief.
    »Mag sein«, sagte ich. »Wenn es funktioniert.«
    »Wenn?«
    »Wir können nicht sicher sein. Wir glauben aber, dass wir alle Folgen simuliert haben.«
    »Sie haben Gea zurate gezogen, nicht wahr?«
    »Gea hat uns von Anfang an unterstützt… Kennen Sie sie?«
    »Bin ihm – ihr? – nie begegnet. Aber ich war für große Teile ihrer Entwicklungsfinanzierung verantwortlich.«
    Ich nickte beeindruckt. »Obwohl Gea an Bord ist, haben wir trotzdem nur theoretische Modelle. Wir können nicht sicher sein, was geschehen wird.«
    »Weil wir es mit der Biosphäre zu tun haben, richtig? Wie ich höre, glauben manche Wissenschaftler, die Biosphäre könnte algorithmisch nicht komprimierbar sein. Ist das der korrekte Ausdruck? Sie kann buchstäblich nicht simuliert werden, weil ihre intrinsische Komplexität einfach zu groß ist. Die Biosphäre ist ihre eigene sich entfaltende Geschichte.«
    Ihre Kenntnisse überraschten mich. »Das habe ich auch gehört.«
    »Glauben Sie es?«
    Ich zuckte die Achseln. »Ich glaube, es macht keinen Unterschied. Die Biosphäre ist so groß, dass wir sie gegenwärtig nicht zuverlässig beherrschen können, also spielt es keine Rolle, wie groß sie letztendlich ist.«
    Sie lächelte. »Da spricht der Ingenieur. Ich mochte Ingenieure schon immer, wissen Sie, obwohl ich Philosophie im Hauptfach studiert habe. Ihr seid Pragmatiker! Allerdings nehme ich an, dass viele von euch das Wort nicht einmal buchstabieren könnten. Trotz der unergründlichen Komplexität der Welt müssen wir wegen dieser Hydrat-Destabilisierungsgeschichte pragmatisch an ihr herumbasteln, oder nicht?«
    »Ich glaube schon.«
    »Nun, ich hoffe, Sie haben Recht. Mit allem.«
    Sie wurde von leisen Glockentönen unterbrochen. Ruud Makaay hatte eine niedrige Bühne erklommen und tippte auf seine übliche Weise mit einem Stift sanft an ein Glas.
    »Frau Vizepräsidentin, liebe Anwesende, haben Sie Dank, dass Sie uns an diesem aufregenden Tag hier Gesellschaft leisten. Natürlich werden die meisten von Ihnen dafür bezahlt, hier zu sein, und zwar größtenteils von mir, aber ich danke Ihnen trotzdem…« Routinierter Vortrag, mühelos ausgelöstes Gelächter. »Wir sind hier, um den ersten umfassenden, integrierten Testdurchlauf des Prototyps unseres Hydrat-Stabilisierungssystems mitzuerleben«, sagte er unter ein paar Jubelrufen seiner Ingenieure. »Aber ich glaube, wir sollten mit ein paar Hintergrundinformationen beginnen.«
    Makaay schnippte mit den Fingern, und ein Bildschirm erschien in der Luft hinter ihm. Zu meiner Überraschung war darauf eine Art Oase in der Wüste zu sehen, ein grüner Klecks vor blassem Gelb mit einem klaren blauen Teich im Zentrum. »Die polaren Hydratlager, ein großer Speicher von Treibhausgasen, sind instabil. Aber das ist nicht die einzige Instabilität der Erde…«
    Er zeigte uns Bilder von der Sahara. Wie jeder im Zelt wusste, war die Begrünung dieser Wüste ein Aspekt des generellen globalen Musters des Klimawandels. So etwas sei schon früher geschehen, sagte Makaay. Vor fünftausend Jahren hatte eine lange Dürre dazu geführt, dass sich eine von Krokodilen bevölkerte Umgebung aus Wald- und Marschland in eine ausgedörrte Ebene mit wenigen verstreuten Oasen verwandelte, in der Krokodilknochen unter dem Treibsand zurückblieben, über die sich die Paläobiologen den Kopf zerbrechen konnten. Die Sahara schien permanent auf des Messers Schneide zu balancieren und zwischen trockener Wüste und feuchtem Waldgebiet hin und her zu wechseln. Man glaubte, dass solche verblüffenden Verwandlungen innerhalb von nur zwanzig Jahren erfolgen konnten – vielleicht sogar noch schneller. Wegen dieser fundamentalen Instabilität hatte EI den Prozess in ausgewählten Teilen der Wüste beschleunigen können, wobei die riesigen künstlichen Seen immer wieder mit Mittelmeerwasser aufgefüllt wurden.
    Dies, so Makaay, sei ein Beispiel für ein häufig auftretendes Merkmal der klimatischen Evolution der Erde. Wenn man sie forcierte, zum Beispiel indem man Treibhausgase in die Luft injizierte,

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