Transzendenz
hätte.
Auf dieser Fahrt zum Flughafen sah ich nur einen einzigen Privatwagen. Ich erkannte das Modell. Es war einer der neuen Jeeps mit sechs mannshohen Reifen, einem glatten, wasserdichten Unterboden und einem kleinen Schornstein, aus dem seine harmlosen Wasserstoffkraftstoff-Auspuffgase kamen, Wasser versetzt mit ein paar exotischen Kohlenwasserstoff-Nebenprodukten. Die Kabine, eine helle Glaskuppel, thronte auf dem Chassis. Einige dieser Modelle besaßen zu Kojen umbaubare Sitze, kleine Küchen und Toiletten, und ihre Fenster ließen sich zu silbriger Leere verdunkeln. In diesen Dingern konnte man wohnen. Ich verspürte einen unerwünschten Anflug von Neid.
Der Fahrer musste mindestens siebzig sein. Wenn die letzte Generation der Nostalgiefahrer ausstarb, dachte ich, würden auch die allerletzten Privatwagen verschwinden. Bis dahin zahlte sich dieser Bursche bestimmt dumm und dämlich für seinen Spleen.
Aber meinen alten Ford vermisse ich immer noch.
Das Einchecken am Flughafen war eine gründliche Prozedur mit DNA-Tests an Mundschleimhautzellen, neurologischen Scans und Ganzkörperbildern. Sie sollte sicherstellen, dass ich weder ein Pathogen im Blut noch ein Messer in einer ausgehöhlten Rippe hatte.
Schließlich betrat ich das Flugzeug. Die Großraumkabine war mit großen, luxuriösen Lederimitat-Liegesitzen ausgestattet, in deren Umgebung Leute herumhantierten und ihr Bordgepäck verstauten. Es gab keine Fenster, aber jede Wandfläche war intelligent, wenngleich sie momentan auf eine triste Tapete eingestellt war. Ich fühlte mich wie in der Lounge eines etwas überfüllten Hotels; nur die unvermeidliche röhrenförmige Architektur der Kabine verriet, dass wir uns an Bord eines Flugzeugs befanden. Mein Sitz war ebenfalls intelligent. Als ich Platz nahm, spürte ich, wie Polster lautlos an die richtige Stelle rückten, sich meinem Körper anpassten und meinen Rücken, meinen Nacken und die Lendengegend stützten. Alles sehr kultiviert, obwohl ich mir immer mehr wie in einem billigen Hotel vorkam. Ich machte es mir bequem und breitete den Softscreen auf meinem Schoß aus.
Das Flugzeug füllte sich rasch. Die Sitze standen nicht in Reihen, sondern in raffinierten, willkürlichen Mustern, sodass man zumindest die Illusion hatte, halbwegs ungestört zu sein. Trotzdem konnte ich mich des Gefühls nicht erwehren, dass sich mein Nachbar in meine Privatsphäre drängte.
Er war vielleicht vierzig Jahre alt, ein rundgesichtiger Mann, der so stark schwitzte, dass ihm das schüttere Haar an der Kopfhaut klebte. Sein Hemd spannte sich über seinem Bauch. Früher hätte man ihn keines zweiten Blickes gewürdigt, aber in dieser Zeit, in der jedermann überallhin zu Fuß ging, war er beleibter als die meisten. Er hatte eine Menge Zeug dabei; einen Rucksack stopfte er unter seinen Sitz, einen weiteren schob er ins Gepäckfach vor ihm, und dann breitete er einen Softscreen und einen Stapel Papiere auf seinem Schoß aus.
Er fing meinen Blick auf, als ich ihn ansah, und streckte die Hand aus. »Tut mir Leid, wenn ich Sie störe. Mein Name ist Jack Joy. Nennen Sie mich Jack.«
Ich schüttelte ihm die kräftige, aber heiße und feuchte Hand und stellte mich vor.
Er schnippte mit den Fingern, um den Steward zu rufen – einen Menschen, ein Retro-Symbol einer untergegangenen Zeit. Jack bestellte einen Bourbon und fragte mich, ob ich auch einen wolle; ein wenig unsicher stimmte ich zu, weil ich mich von diesem Burschen bedrängt fühlte.
Etwas außer Atem deutete er auf den Haufen Zeug auf seinem Schoß. »Schauen Sie sich diesen Kram an. Bei jeder Reise ist es dasselbe, Arbeit, Arbeit, Arbeit.« Er zwinkerte. »Aber Reisen ist heutzutage so teuer; man muss dafür sorgen, dass es sich lohnt, selbst wenn jemand anders bezahlt, stimmt’s?« Er hatte einen starken New Yorker Akzent.
»Ja, vermutlich.«
»Fliegen Sie oft?«
»Ich bin hierher geflogen, nach Florida. Ansonsten schon seit Jahren nicht mehr.«
»Es ist nicht mehr das reine Vergnügen, das es mal war. Schauen Sie sich das an.« Ohne Vorwarnung schlug er mit der Faust gegen die Lederimitat-Armstütze seines Sitzes. Ich fuhr zusammen. Sofort glitt ein Metallband aus dem Nichts und umschloss seinen Arm, und über seinem Kopf blinkte ein blaues Licht. Eine Stewardess kam angelaufen, die Hand an der Waffe in ihrem Halfter.
Jack entschuldigte sich, wedelte mit der anderen Hand in der Luft und stürzte seinem Drink hinunter. »Tut mir Leid, tut mir Leid. Ein
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