Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Transzendenz

Transzendenz

Titel: Transzendenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
beweisen wolltest, dass das Universum endlich sein muss? Du hast mich auf einem Bürostuhl so schnell gedreht, dass meine Arme und Beine in die Höhe gingen. Dann hast du mich gefragt, was meine Arme vom Körper wegziehe und weshalb mir schlecht werde. Es müsse das Universum sein, das Ganze, ein großer Fluss von Materie und Energie, der um meinen Körper kreise, Sterne, Planeten und Menschen, die durch Schwerkraft, Relativität oder was auch immer an meinen Beinen zögen. Ich fand, das war ein wunderschöner Gedanke, dass ich mit allem verbunden war.
    Aber das zeige, hast du gesagt, dass das Universum endlich sein müsse. Denn wenn es unendlich wäre, würde es mich mit unendlicher Trägheit beschweren. Ich könnte mich gar nicht drehen. Ich wäre wie ein Insekt in Bernstein. Siehst du, so stehst du meiner Meinung nach in der Welt, Dad. Für dich sind die komplizierten ökologischen, klimatischen, politischen und sonstigen Probleme der wirklichen Welt ein unendliches Universum, das dich am Boden festnagelt. Kein Wunder, dass du lieber glauben möchtest, sie wären alle gelöst. Ausgerechnet durch das Patronat, den Gipfel der Bürokratie und der Korruption…«
    Nun ja, vielleicht hatte er Recht. Ich fragte mich aber, ob es Tom besser gefallen hätte, wenn ich ein brutaler Realist wie Jack Joy gewesen wäre, der Lethe-Schwimmer.
    Ich stand auf, ging ein paar Schritte hin und her und wandte mich ab, bis ich ruhiger war. »Vielleicht sollten wir ein bisschen leiser sein. Wir könnten die anderen Gäste wecken.«
    Er lächelte nicht. »Welche anderen Gäste? Hier ist niemand außer uns Gespenstern, Dad. Dabei fällt mir ein…« Er streckte die Hand aus und tippte auf eine andere Stelle des Wandbildschirms.
    Er rief Johns Bild von mir auf, das mich zeigte, wie ich mitten in der Nacht in dieser Pfütze in York stand. Damit war plötzlich alles noch verfahrener geworden.
     
    Ich setzte mich hin. »Hat John dir das geschickt?«
    »Spielt das eine Rolle? Ich weiß, was du da wolltest, Dad. Ich weiß Bescheid über diesen beschissenen… Geist. Ich kann nicht glauben, dass du das tust.«
    »Glaub mir«, sagte ich inbrünstig, »ich habe keine andere Wahl.«
    »Ach nein?« Ich konnte seine Stimmung nicht deuten. Er lehnte sich scheinbar entspannt zurück. Aber er ballte eine Hand zur Faust und löste sie wieder.
    Wir betraten Neuland in unserer Beziehung, dachte ich; ein falscher Schritt, und ich konnte einen lebenslangen Schaden anrichten. »Tom – ich will das nicht. Aber ich sehe sie. Oder ich sehe etwas. Ich weiß nicht, was ich dir sagen soll. Ich versuche selbst, daraus schlau zu werden. Aber es geschieht nun schon sehr lange, und ich…«
    »Ich. Ich. Ich.« Er sagte die Worte mit lebloser Stimme, wie ein Metronom, und sein Blick war auf den Boden gerichtet. »Hörst du dir jemals selber zu, Dad? Erinnerst du dich an die Beerdigung, als wir sie und das Kind begraben haben? Hast du gewusst, dass ich mich vorher in die Kirche geschlichen hatte?«
    Das hatte ich nicht gewusst.
    »Ich bin zu Mutters Sarg gegangen. Er stand im Gang, vor dem Altar. Ich habe versucht, die verdammte Kiste aufzukriegen. Ich wollte zu ihr hineinsteigen. Ich wollte nicht mit dir zurückbleiben. Weil ich wusste, dass du immer nur an dich denken würdest. Du hast sogar mehr an das Kind gedacht, das deine Frau getötet hat, als an mich.«
    »Tom…« Ich spreizte die Hände. »Bitte. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Wir sind alle ziemlich kaputt, weißt du.«
    »Oh, ich verstehe das.« Er lächelte sogar. »Weißt du, ich verzeihe dir. Ich bin jetzt erwachsen, ich sehe, dass du nicht anders konntest. Aber du hättest versuchen sollen, mich zu beschützen, sogar vor dir selbst. Du hättest es versuchen sollen.«
    »Es tut mir Leid.«
    »Und jetzt kommst du zu mir und erzählst mir, dass dir meine Mutter erscheint. Nein, schlimmer, du erzählst es mir nicht mal, ich muss es von jemand anderem erfahren.« Er war reglos, starr vor Zorn. »Wie soll ich damit umgehen?«
    Ich hatte keine Ahnung, was ich sagen sollte.
    Endlich lehnte er sich zurück. »Und was nun?«
    »Ich verstehe nicht.«
    »Du hast mich nach Hause geschleift, Dad. Du hast darauf bestanden, mich zu sehen, mit mir zu sprechen. Gut. Ich schätze, das war ich dir schuldig. Hast du bekommen, was du wolltest?«
    »Ich will nicht, dass du dich wieder in Gefahr begibst.«
    Er lachte verächtlich. »Glaubst du, du kannst mich davon abhalten?«
    »Nicht, wenn du es nicht willst. Ebenso

Weitere Kostenlose Bücher