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Transzendenz

Transzendenz

Titel: Transzendenz Kostenlos Bücher Online Lesen
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dem Orbit entspannten.
    Überall um sie herum tanzten die stämmigen Körper von Rosties, Erwachsene und Kinder, im Wasser. Sie lachten und spielten. Selbst auf dieser öden Welt war das Meer ein Ort der Freude. Vielleicht, dachte sie, reagierten die Körper der Menschen selbst nach mehreren hunderttausend Jahren der Anpassung auf tief sitzende zelluläre Erinnerungen an einen ursprünglichen Ozean, der weit entfernt und tief in der Vergangenheit lag. Aber wenn sie Wasser in den Mund bekam, war es sehr salzig, mit dem Blutgeschmack von Eisen.
    Bale trieb neben ihr und sah sie an.
    »Bale, bist du nicht neugierig auf andere Welten?«
    Er zuckte die Achseln. »Menschen sind interessanter als Welten. Außerdem nehmen wir am Beobachtungsprogramm teil. Auf diese Weise erfahren wir etwas über andere Menschen.«
    »Jeder nimmt am Beobachtungsprogramm teil, überall in der Galaxis. Auch das gehört zu den Dingen, die wir gemeinsam haben. Wir tun es auf Geheiß der Transzendenz.« Das hatte Reath ihr erklärt.
    »Ja.« Aber Bale sah sie auf einmal aufmerksam an. »Was hältst du von der Transzendenz?«
    »Ich weiß nicht genug darüber«, sagte Alia. »Sie ist einfach da. Wie das Wetter auf einem Planeten wie diesem.«
    »Ja. Und das Beobachten, die Erlösung?«
    »Ich weiß es nicht. Weshalb interessiert dich das so?«
    »Es gibt Leute«, sagte er vorsichtig, »die am Nutzwert der Erlösung zweifeln.«
    »So? Bist du einer von ihnen?«
    Er musterte sie noch einen Moment, dann schien er zu einem Schluss zu gelangen. »Du bist unschuldig. Das gefällt mir.«
    »Wirklich?«
    »Ja. Und ich mag auch das Beobachten – jedenfalls den Vorgang selbst, wenn auch nicht die Implikationen des Programms. Ich habe dir ja gesagt, ich interessiere mich für Menschen.«
    Impulsiv fragte sie: »Und interessierst du dich auch für mich?«
    Er lächelte. »Sex wäre durchaus möglich. Ich würde sehr vorsichtig sein, um dir keine Rippen oder Gliedmaßen zu brechen und dir auch keine anderen Verletzungen zuzufügen.«
    »Da bin ich sicher.« Sie schwamm auf ihn zu, ohne ihn schon zu berühren; sie sah ihn nur an, spürte seine massive Präsenz im Wasser. Alia war schon früher mit Nicht-Schiffsgeborenen zusammen gewesen. Angehörige verschiedener Menschenarten übten stets eine Faszination aufeinander aus; es gab eine tiefe Sehnsucht nach einer Art genetischer Erkundung. Vielleicht war es aber auch schlichte Neugier. Sie schwamm noch näher an ihn heran. Er öffnete den Mund, und sie fuhr mit der Zunge über den Rand seiner Gebissplatte. Seine Arme waren so stark, wie sie es sich vorgestellt hatte, seine Hände so sanft. Und im Wasser bereitete ihm ihre Nullschwerkraft-Geschmeidigkeit großes Vergnügen.

 
17
     
     
    Ich buchte Tom ein Zimmer in einem Hotel in Heathrow. Zu nervös, um noch länger in York herumzuhängen, fuhr ich selbst einen Tag vor seiner Ankunft mit den Zug nach Heathrow zurück.
    Am Flughafen war ich der einzige Fahrgast in einem Kapselbus, der vom Bahnhof aus in gemessenem Tempo über kilometerlange, leere Straßen rollte. Das Hotel lag weit von den Terminals entfernt, ein Zeichen dafür, wie viel Betrieb früher auf diesem Flughafen geherrscht hatte; es war eine Art Anbau an ein riesiges Parkhaus, das noch aus der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts stammte, dem Zeitalter monumentaler Automobilarchitektur. Es schien, als wären die für Menschen reservierten Bereiche erst im Nachhinein hinzugefügt worden. Jetzt waren die Autos fort, aber das Hotel existierte noch. An der Rezeption gab es keine Schlangen. Ich hatte den deutlichen Eindruck, dass ich der einzige Gast war. Es war ein ungutes Gefühl, als wäre das ganze Hotel eine Täuschung, eine riesige Falle für unaufmerksame Reisende.
     
    Am nächsten Tag holte ich Tom vom Flughafen ab. Er wirkte zornig – zornig auf mich, auf Sibirien, auf Gashydrate; vermutlich war diese Rückkehr für ihn eine Niederlage.
    Er ließ zu, dass ich ihn in den Arm nahm. Es fühlte sich an, als umarmte man eine Statue. Aber nach ein paar Sekunden wurde er weich. »O Dad…« Auf einmal lagen wir uns richtig in den Armen, ohne Schranken zwischen uns, ohne all diesen Blödsinn, einfach nur Vater und Sohn, wieder vereint. Er war schmutzig, stoppelbärtig und erschöpft von seinem langen Flug. Er stank sogar ein bisschen. Aber er war Tom, der leibhaftige Tom, in meinen Armen. Während ich mit ihm in dieser leeren Flughafenhalle stand, war ich so glücklich, wie es ein Vater nur

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