Trapez
Eindruck zu erwecken. Mario hätte denken können, dass Stella wie dieses Weibsstück Rosa war, aber das war sie nicht. Ganz und gar nicht.
Sogar, wenn sie und Johnny zusammen schlafen. Stel ist nicht so… Aber Mario mag keine Frauen. Er würde es nicht verstehen.
Mario sagte ruhig: »Ein paar Männer – nicht sehr viele vielleicht, aber ein paar – gehen mit anderen Männern ins Bett, wenn sie keine Frauen kriegen können. Wie Seeleute. Oder im Gefängnis. Aber wenn sie nicht Männer wirklich lieber mögen, auch wenn sie Frauen kriegen können, sind sie nicht wirklich – wirklich homosexuell.«
Es war wieder lange still. Nur der harte, metallische Regen. »Tom, das war ein gemeiner, dreckiger Trick, neulich Nacht. So im Auto.«
»Ich hätte dich bremsen können, wenn ich es nicht gewollt hätte. Das wu ss te ich. Wie in der Nacht, als du – als du in meinem Zimmer geschlafen hast. Du hast auch nicht wirklich geschlafen, nicht wahr?«
»Nein«, sagte Mario. »Ich wollte bloß , dass du es glaubst.«
»Wie ich schon gesagt habe… ich glaub’, ich – ich wollte, dass du es tust.«
» Weißt du«, sagte Mario mit sanfter Stimme, »du hättest mich in große Schwierigkeiten bringen können. Du bist noch nicht alt genug…«
»Warum sollte ich dich in Schwierigkeiten bringen?«
»Na ja, wenn ich dir weh getan oder dir Angst gemacht hätte.«
»Du redest immer vom Angstmachen. Wovor muss man Angst haben?«
Mario griff seine Hand und drückte sie in der Dunkelheit. Es war wieder lange still. Schließlich sagte Tommy:
»Machst du dir gar nichts aus Mädchen? Oder kannst du nicht…«
»Ich kann«, sagte Mario trocken, »und ich hab’ auch.
Ich mach’ mir nur nicht viel draus. Ich hab’ nichts gegen Mädchen – ein paar von ihnen mag ich sehr –, aber ich steh’ einfach nicht drauf, mit ihnen zu schlafen. Es gibt vieles, das ich lieber mag. Das ist alles.«
Tommy wollte fragen: Was? Wer? Wie?, aber plötzlich merkte er, dass er es nicht wirklich wissen wollte. Die Unterhaltung war für seinen jetzigen Gefühlszustand schon ein bi ss chen zu weit gegangen. Gleichzeitig wollte er es wissen und hatte Angst und schämte sich vor dem, was kommen würde. Seine Einbildung verwirrte ihn mit schemenhaften Sachen. Er wollte das Thema wechseln, aber konnte es nicht fallen lassen.
»Bist du immer so gewesen, Mario? Oder bin ich zu neugierig?«
»Von mir aus erzähle ich dir alles, was du wissen willst. O Gott, wie sehr habe ich mir gewünscht, dass jemand mir was erzählt hätte, als ich in deinem Alter war…
Ich versuch’ bloß zu überlegen, wie ich’s sage, damit du es verstehst. Es ist so, als ob man versucht, jemandem zu sagen, wie man ins Netz fällt. Es ist etwas, das du im Bauch fühlen mu ss t, das ist alles.«
»Hat es – hat es mit jemandem angefangen, den du sehr gern mochtest? Und der dich… angemacht hat?« Was er wirklich meinte, war: Wie du’s mit mir gemacht hast?
Aber er bekam es nicht heraus.
Mario lachte kurz und bitter. »Nein, in meinem Fall war es jemand, den ich eigentlich überhaupt nicht mochte.«
Besorgt fragte sich Tommy, wie man so etwas mit jemandem, den man nicht mochte, tun konnte. Eine Minute später stellte er die Frage, einfach so.
Marios Stimme zitterte plötzlich. »Das ist das Rätsel des Universums, du Wicht. Die Weisheit des verlorenen Atlantis oder so was. Warum, zum Teufel, geht man los und bumst mit Leuten, deren Anblick man hinterher kaum ausstehen kann?«
»Aber…«, Tommy fühlte sich, als ob er mitten im Schwung plötzlich bemerkte, dass das Netz unter ihm gerissen war.
»Tom, was ist los. Dies ist eine verdammt schwierige Unterhaltung mit ‘nem Jungen in deinem Alter. Ich ver massele es wohl ziemlich. Was ist los? Hab’ ich was gesagt, das dich verstört hat?«
Tommy sprudelte heraus: »Ich… ich würde es nicht tun, außer wenn ich jemanden mag, das ist alles.«
»Dann hast du verdammtes Glück«, murmelte Mario.
Plötzlich atmete er tief ein.
»Oh, Gott! Was bin ich für ein Idiot! Was für ein gottverdammter, blöder Versager – Tommy, hör zu. Nein, komm her und hör mir zu…« Er legte einen Arm um die widerstrebenden Schultern. »Tom, um Gottes Willen.
Hast du geglaubt, dass ich über dich rede? dass ich durch die Hintertür versucht habe zu sagen, dass ich dich nicht sehr mag? Weißt du denn nicht – ach, komm, Kleiner, führ dich nicht so auf!« Kräftig zog er Tommy nah zu sich.
»Hör zu, Tommy«, sagte er angestrengt
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