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Trapez

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Titel: Trapez Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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dessen Seile nirgends befestigt zu sein schienen, und dessen Stange sich in seinen Händen merkwürdig wie lebendes Fleisch anfühlte.
    Mario fing am weit entfernten Ende des Trapezes, aber seine Hände waren immer unerreichbar. Und Tommy fiel durch endlosen Raum und fiel… Er erschrak, wachte jäh auf und starrte in die Dunkelheit, schwitzte, verängstigt von dem Sturz. Mario atmete ruhig, tief schlafend neben ihm. Tommy rückte näher und legte einen Arm um ihn, aber Mario rührte sich nicht. Tommy legte seinen Kopf auf Marios Schulter und flüchtete sich in einen tieferen Schlaf, wo es keine verwirrenden Träume gab. Überhaupt keine.

KAPITEL 13

Der Lambeth-Zirkus reiste durch Texas und nordwärts nach New Mexico, und Tommy stand bei der Arbeit mit den Santellis seinen Mann. Sie nahmen ihn hart und gnadenlos ran. Als der Jüngste in der Nummer, hatte er all die kleinen Pflichten, die früher auf Mario abgeschoben wurden. Er mu ss te die Capes bürsten und lüften und die Senkel an den Turnschuhen nachsehen, die Sachen zur Wäscherei bringen in jeder Stadt, in der ein Zwei-Tage-Aufenthalt es ermöglichte, sie waschen zu lassen. Sie schickten ihn mit Buck an regnerischen Vormittagen los, um die Sicherheit der Seile und Netze zu überprüfen. Es war seine Pflicht, vor jeder Vorstellung die letzte Überprüfung zu machen, festzustellen, dass die Stangen trocken waren, sauber umwickelt und verklebt. Ein Jahr lang bemerkte er nicht, dass Angelo oder Papa Tony immer unauffällig seine Arbeit kontrolliert hatten. Sie prägten ihm ein, dass er allein verantwortlich für ihre Sicherheit war. Und nach einer Zeit ging es ihm ins Blut über. Es sollte sein ganzes Leben so bleiben.
    Er begann, seinen Eltern zu entwachsen, er erschien jetzt bloß in ihrem Wohnwagen, um zu schlafen und zu essen. Die, die seit Jahren bei Lambeth waren, nannten ihn immer noch ›Tom Zanes Jungen‹, aber für alle Neuhinzugekommenen war er ›Tommy Santelli, der Junge aus der Fliegernummer‹. Ende Juni antwortete er auf den Namen, ohne darüber nachzudenken.
    Eines Abends Anfang Juli stand er im Sattelgang, trug den roten Mantel des Requisiteurs, den er in der ersten Hälfte der Show trug und beobachtete seinen Vater mit den Raubtieren. Jetzt, da er selbst ein Artist war, erkannte er die völlige Beherrs chung und Disziplin dieser Num mer, die so sehr ein Teil seiner Kindheit gewesen war.
    Sie ängstigte ihn immer noch.
    Tom Zane fing den Reifen, durch den Big Boy sprang, knallte seine Peitsche auf den Manegenboden, und der Löwe segelte hindurch, landete mit einem leisen Knurren und trottete gleichgültig zurück zu seinem Platz. Tom Zane warf den Reifen durch das Gitter, der Käfigjunge fing ihn, rollte ihn aus dem Weg, und Tommy atmete auf.
    Als sein Vater die Podeste aus dem Weg rollte, seine Augen auf Prince gerichtet hielt, die Peitsche auf den Boden knallte, fühlte Tommy das alte Stechen in seiner Brust. Angst. Tommy wu ss te, dass das meiste Knurren, Fauchen und Peitschenknallen gespielt war, um das Publikum zu beeindrucken. »Löwen sind faul«, hatte ihm Tom Zane sein ganzes Leben erzählt. »Sie hängen da nur rum in der Manege. Die Vorstellung ist für sie einfach etwas, was sie vorm Abendessen tun.« Er hatte oft genug versucht, Tommy zu ermutigen, als Käfigjunge zu arbeiten, aber sch on bei dem Gedanken wurde Tommy schlecht. Und schließlich hatte Tom Zane aufgehört, davon zu reden.
    Sogar jetzt, sicher außerhalb des Käfigs, war in ihm eine eisige, verkrampfte Spannung. Er sah eigentlich nicht gern zu. Auch wenn der Löwe, mit dem Tom Zane arbeitete, der alte Luzifer war, dessen Pfoten Zane feierlich in der Manege schüttelte, der sich spielerisch auf den Rücken rollte, wie er es jetzt tat, und Tom Zane auf seinem riesigen pelzigen Bauch sitzen ließ , war Tommy übel. Und dabei hatte seine Mutter Luzifer sogar mit der Flasche großgezogen . Wenn es sich um Prince handelte, bemerkte er, dass sich sogar sein Vater mit besonderer Vorsicht bewegte und die große Katze nicht aus den Augen ließ . Tommy erinnerte sich daran, was er seinen Vater so viele Male hatte sagen hören: Keine Raubkatze ist jemals ›zahm‹. Manchmal sind sie dressiert; aber sie sind immer wilde Tiere und immer sehr gefährlich. Sogar der alte Luzifer. Wenn ich ihn erschrecken oder verärgern würde, könnte er sein Training vergessen und mich anfallen. Es wär’ mein Fehler, nicht seiner. Aber ich wär’ tot.
    Er wandte seine Augen ab, als die Katzen

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