Trapez
Applaus nicht wahr.
Als sie sich nach der Vorstellung umzogen, kamen ein paar Fans wegen Autogrammen an, und Tommy, der unbeachtet zusah, welchen Wirbel sie um Mario machten, glaubte, dass er vor Liebe und Stolz, di e in ihm aufstie gen, platzen würde. Die Empfindung war so heftig, dass er sicher war, die Hitze in seinem Gesicht müsse zu sehen sein. Papa Tony legte eine Hand auf seine Schulter, während Mario draußen lachte und mit dem kleinen Haufen Begeisterter redete.
»Du bist so still, Tommy. Mach dir nichts draus. Sei nicht eifersüchtig. Eines Tages kriegst du das auch.«
Erstaunt und bestürzt – wie konnte Papa Tony nur glauben, dass er Mario die Bewunderung nicht gönnte? –platzte er heraus: »Nein, nein, Papa! Das ist es nicht.« Er errötete heftig und hilflos. »Es ist bloß … er ist so … verdammt, ich bin genauso… so aufgeregt darüber, über ihn wie sie, und… und ich bin hier be i dir und er ist mein Freund und es ist… es ist fast zu viel – ich kann’s kaum glauben, das ist alles!«
»Aha.« Der Alte grübelte etwas. »Ich weiß nicht«, sagte er, sprach aber nicht weiter. Mario kam in bester Laune die Stufen herauf. Tommy wollte etwas sagen, war aber unfähig, nur ein Wort herauszubekommen.
»Ebbene, Signor Mario«, sagte Papa Tony kurz. »Ich schlage vor, ihr sammelt eure Handtücher und Schminkkästen ein, wenn ihr sie beim nächsten Umzug nicht verlieren wollt. Du hast nie die andere grüne Socke gefunden, nicht wahr?« Mario lachte überschwänglich . »Siehst du, Lucky, in dieser Familie steigt dir deine Wichtigkeit nicht zu Kopf. Papa ist fest entschlossen, dass ich nicht eingebildet werde, wenn er es verhindern kann.«
Er fing an, seine Sachen aufzusammeln, aber Tommy sagte: »Bitte la ss mich…«
Er glaubte, er müsse an Ort und Stelle platzen, wenn er nicht irgendetwas tun konnte, um dem, was in ihm überschäumte, eine sichtbare Form zu geben – und das war das einzige, was ihm einfiel. Er sammelte Marios verstreute Handtücher, sein Trikot und seine ausgezogenen Turnschuhe auf, faltete seinen Mantel und sein Cape zusammen und suchte dann all die verstreuten Kleinigkeiten auf seinem Brett zusammen und tat sie in seinen Schminkkasten. Mario, der sich kaltes Wasser ins Gesicht spritzte und seine störrischen Locken durchkämmte, hielt inne, um aufzuschauen und Tommy zuzulächeln, aber Tommy wagte nicht, ihn in Gegenwart der anderen anzuschauen.
Drei Stunden später, als sie sich schlafen legten, kniete Mario mit einem kleinen, geflüsterten Lächeln an Tommys Bett: »Lucky? Hör mal, weißt du – es ist schon lange her.«
Tommy schluckte und sagte einfältig: »Na ja, wir haben beide viel zu tun.«
»Dann bist du also wie ich? Wenn du genug anderes um die Ohren hast, vermi ss t du es nicht?«
»Ich hab’ nicht gesagt, dass ich es nicht vermisse«, fing Tommy ernsthaft an, aber Mario schnitt ihm seine Worte mit einer schnellen festen Umarmung ab.
»Hör zu, ich hab’ mich nicht entschlossen, Schlu ss zu machen und bin auch in niemand anders verschossen, ich dachte bloß , es hätte eine Zeitlang keinen Sinn, unser Glück herauszufordern. Es hat dir doch nicht sehr viel ausgemacht, oder?«
»Nein«, sagte Tommy ehrlich. »Du warst so viel netter zu mir.«
Mario sagte mit einem leisen Kichern: »Ich glaub’, diese verfluchte Passage hat uns beide ein bisschen gezähmt.« Er beugte sich nah’ zu Tommy herunter und flüsterte: »Egal! Genug ist genug. Ich hab’ Angelo rausgehen hören – jeder in der Show weiß , wo er seine Nächte verbringt – und Papa schläft schon eine Stunde lang. Wenn wir einigermaßen ruhig sind…«
Trotz der plötzlichen körperlichen Erregung verkrampfte sich Tommy unter Marios Hand, die seinen nackten Rücken herabglitt. Würde jetzt wieder eine neue Serie von Marios gereizten Wutausbrüchen und Schuldgefühlen beginnen und sich ins Unerträgliche steigern? Er hatte ein bi ss chen Angst, dass Mario seine eigene, strikte Vorsicht zurückgenommen hatte, aber dies war alles unausgesprochen. Und glücklich ließ er sich leicht überreden, als Mario unter seine Decke schlüpfte. Wieder redeten sie nicht – sie kannten beide diese Gefahr – aber Tommy fühlte, dass Mario ihm trotzdem sehr viel sagte.
In dieser Zeit, die jetzt in Tommys Erinnerung die schlimme Zeit war, mu ss ten sie den eiligen Augenblick ausnutzen; immer war Hast dabei und – zumindest auf Marios Seite – eine gewisse Rauheit, die in Verbindung mit Tommys
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