Trapez
nicht unverschämt sein, ehrlich. Du bist älter als ich und klüger, und du bist mein Bo ss . Ich streite mit dir nicht über meine Arbeit. Ja? Aber ehrlich, ich glaube wirklich nicht, dass es deine Sache ist«, er atmete zitternd ein, »mir zu sagen, was ich in meiner Freizeit machen soll.«
Er hatte eine große Zurechtweisung erwartet und sie sogar seltsamerweise herbeiführen wollen; er war Papa Tonys hitziges Temperament und Marios aufbrausende Wutanfälle gewöhnt. Angelo lehnte sich nur vor, um die Asche von seiner Zigaret te zu tippen. »Zum Teufel, nein Junge. Es geht mich nichts an, was du außerhalb des Aktes machst, solang’ du dir nicht den Hals brichst oder im Gefängnis landest. Aber davon rede ich gar nicht. Wir sind für dich verantwortlich geworden. Beth ist eine Freundin von mir, und ich hab’ ihr versprochen, mich um dich zu kümmern, als ob du mein eigenes Kind wärst.
Das heißt nicht, nur dafür zu sorgen, dass du deine Lektionen lernst, deine Überschuhe trägst, wenn es regnet, deinen Spinat aufi ss t.« Er zögerte, und Tommy hatte den festen Eindruck, dass er etwas anderes sagen wollte, sich dann aber eines Besseren besonnen hatte. Schließlich sagte er: »Es heißt , dafür zu sorgen, dass du nicht deine ganze Zeit damit verbringst, dich um den Akt zu kümmern –dass du ein bi ss chen Zeit für dich selbst hast. Und Spaß hast mit anderen Kindern. Es ist auch viel für Matt, dass er die ganze Zeit auf dich aufpassen mu ss .«
Tommy war es, als ob er einen schweren Schlag versetzt bekommen hatte. »Hat Mario das gesagt? dass ich ihm zu sehr zur Last falle?«
»Ach, nein, es scheint ihm zu gefallen, wenn du da bist.
Aber das meine ich ja ge rade. Matt ist so verdammt unge sellig, und es wäre schade, wenn du auch so wirst. Deine ganze Zeit verbringst du mit ihm, du wirst sehr bald nicht mehr mit Kindern in deinem Alter reden können, und später wird dir das sehr viel bedeuten.«
»Ich mag Kinder in meinem Alter nicht sehr.«
»Ja, ich weiß , das ist es ja. Du solltest sie mögen, und dafür sorgen, dass sie dich mögen.«
»Verdammt noch mal, warum?« erwiderte Tommy.
»Gibt’s darüber ein Gesetz oder so was?«
»O Gott«, sagte Angelo betrübt. »Vielleicht lassen wir es lieber. Ich wollte bloß mit dir reden. Nicht mit dir schimpfen oder meine Stellung ausnutzen.«
Tommys Hände zitterten am Lenkrad. Angelo warnte ihn. »Pa ss auf – pa ss auf das Auto auf, Junge.« Und Tommy bremste.
Er hatte keine feste Stimme, als er sagte: »Vielleicht solltest du lieber fahren, Angelo.« »Okay, Junge.
Sicuro.« Angelo stieg aus, ging herum auf die Fahrerseite, aber er setzte sich nicht hinter das Lenkrad. Statt dessen setzte er sich auf den Rücksitz hinter Tommy und sagte: »Hör zu, Junge! Bist du in irgendwelchen Schwierigkeiten? Das sollte dich nicht so durcheinanderbringen.«
Tommy wu ss te, dass er das Lenkrad mit festem Griff umklammerte. Er zwang sich, seine Finger zu lösen, einen nach dem anderen. Er sagte zu sich: Er rät nur – Er kann überhaupt nichts beweisen.
» Weiß Gott, ich hab’ nicht viel auf dich aufgepa ss t, du machst so einen vernünftigen Eindruck, da habe ich vorausgesetzt, dass du auf dich selbst aufpassen kannst.
Und Matt, immer mit seinem Kopf in den Wolken, kann auch nicht besser auf ein Kind aufpassen, als einer der Elefanten unten in d er Menagerie! Hast du Ärger mit ‘nem Mädchen oder so?«
»Ärger mit ‘nem Mädchen? Verdammt, Angelo, denkst du immer nur an das eine!?« explodierte Tommy. »Wann hab’ ich Zeit für Mädchen?«
»Na ja, in deinem Alter haben viele Jungs nichts anderes im Kopf. Ist doch nicht schlimm. Ich mach’ mir Sorgen, das ist alles.«
»Also, was habe ich falsch gemacht?«
Angelo seufzte: »Nichts, nichts. Das ist es ja. Du bist so steif und erwachsen, überhaupt nicht wie ein Kind.«
Tommy sagte hilflos: »Angelo, du siehst das ganz falsch.« Er wu ss te, dass er nicht sagen konnte, was er wirklich herauslassen wol lte, aber er hatte das verzwei felte Bedürfnis, Angelo irgendwie zu erreichen. Angelos Sorge um ihn, so unbeholfen sie war, hatte ihn mehr berührt, als er es irgendwie sagen konnte. »Du siehst es ganz falsch. Ich bin einfach – einfach kein Kind mehr.«
Es war kompliziert; es gab so viele Dinge, auf die er nicht einmal zu deuten wagte. So viele Gelegenheiten, die er nicht ergreifen konnte. Ihm war, als ob er versuchte, sich zurechtzufinden wie manchmal in Alpträumen; auf einer Straße ,
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