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Trapez

Trapez

Titel: Trapez Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Mitte, war der Platz dunkel, als sie zurückkamen. Er parkte das Auto und ging mit Ann zu ihrem Wohnwagen.
    »Sieh mal, drinnen ist Licht. Ist Tante Marge noch auf?«
    »Vielleicht hat sie es angelassen, damit ich beim Ausziehen was sehen kann.«
    »Das würde ich auch gern sehen«, sagte er frech.
    Sie legte ihre Hand auf sein Handgelenk, eine sehr schmale, harte, kleine Hand mit Hornhaut auf der Handfläche, ausgetrocknet vom Talkum, wie seine eigene.
    Eine Luftakrobatenhand. Sie sagte sehr ernst: »Tom, ich mag dich sehr, mehr als jeden Jungen, den ich kenne.
    Wenn ich es mit irgendeinem Jungen machen würde, würdest du es sein. Und ein paar andere Mädchen auch, weil du so was Besonderes bist, im Trapezakt und so, und sie hätten es gern, wenn du sie besonders beachten würdest. Ich glaube auch, dass du etwas Besonderes bist.
    Das habe ich immer g edacht. Aber – Tommy – ein paar Mädchen lassen Jungs all das mit ihnen machen, und sie können nicht aufhören, und ziemlich bald machen sie es dann immerzu mit jedem, sogar mit Jungs, die sie eigentlich nicht sehr mögen.« Ihre Stimme zitterte. »Auch, wenn es keine Todsünde wäre, und das ist es, würde ich immer noch nicht so werden wollen, dass ich es in den Ecken mit allen Jungs in der Show treibe.«
    Tommy blickte auf den kleinen, rotverschmierten Mund. Er legte seine Hand um ihre. Sie war so sehr wie seine eigene Hand, mit Hornhaut vom Trapez. Wie seine, oder Marios oder Stellas. »Ich glaub’, ich möchte auch nicht, dass du so wirst, Ann, eigentlich nicht.«
    Sie flüsterte: »Willst du mir einen Gute-Nacht-Ku ss geben?«
    Er beugte sich hinunter und kü ss te sie. Ihre Lippen fühlten sich weich und kühl an. Er fühlte wieder den gepre ss ten Schmerz in seinem ganzen Körper verteilt – in seiner Brust, in seinem Kopf, in seinem Geschlecht, auf der Rückseite seiner Schenkel.
    »Vielen Dank, Tom. Es war ein wunderbarer Film.«
    Er lachte, ein kleines, geräuschloses Flüstern: »Worum ging es überhaupt?«
    Der Santelli-Wohnwagen war dunkel, ruhig, außer Pa pa Tonys leisem Schnarchen. Mario hatte Tommys Bett gemacht. Er schlief auf dem Rücken, einen Arm über sein Gesicht gelegt. Tommy zog sich im Dunkeln aus, bis an die Schmerzgrenze verwirrt. Er hatte gedacht, dass er wu ss te, wo er stand, und er dachte, er hätte es geschafft, es anzuerkennen: unwiderruflich schwul, so sehr, dass es sowohl Wonne als auch Pein war. Und doch war er heute Abend von Little Ann erregt worden. Noch mehr sogar, weil er wu ss te, dass es keine Hoffnung auf Befriedigung gab. Er hatte die ganze Zeit gewu ss t, dass Little Ann nicht so ein Mädchen war. Der harte Knoten drehte sich wieder in ihm, als er sich in einem scharfen und fast fühlbaren Bild daran erinnerte, wie feucht und seidig sie sich anfühlte. Würde er einer von diesen Sexbesessenen werden, von denen man hörte, die niemanden berühren konnten, Mann oder Frau, ohne völlig erregt zu werden?
    Mario drehte sich sch läfrig herum. »Bist du es, Tom? Hat’s Spaß gemacht?«
    Tommy kam impulsiv zu ihm und fiel neben Marios Bett auf seine Knie. Er kü ss te ihn und fühlte, wie Marios Gleichgültigkeit in ihm eine Saite aus Zorn und Verlangen anschlug. Mario gähnte und klopfte ihm schläfrig auf die Schulter.
    »Nimm’s leicht, Junge, und schlaf erst mal.«
    Tommy ging in sein eigenes Bett. Der Schmerz war jetzt überhaupt nicht mehr körperlich. Er fühlte sich bloß elend. Wie immer streckte Mario zwischen ihren Betten seine Hand aus und nach einer Weile ergriff Tommy sie.
    Mario flüsterte: »Buon’ notte«, und war sofort wieder fest eingeschlafen.
    Gott, dachte Tommy. Wie tief kannst du überhaupt fallen, Tom Junior? Er konnte immer noch das ganze Elend fühlen, in seinem Nacken und in seiner Stirn. Er würde morgen Kopfschmerzen haben. Er lag da und starrte eine Weile lang finster in die Dunkelheit, bevor er in einen unruhigen, traumbesessenen Schlaf fiel.

KAPITEL 17

Anfang August, als sie gerade eines Morgens aufbauten, sah Tommy einen vertrauten, langen, orangegrauen Wohnwagen, der sich mit den anderen einreihte und den leeren Platz neben Margots einnahm. Er war mit Buck auf der Spitze des Trape zes und überprüfte die Ausrich tung der Klammerdrähte mit Wasserwaage und Stahlband, aber als er ihn sah, überschlug sich etwas in ihm, und er mu ss te für einen Moment seine Augen schließen , um wieder die Kontrolle zu gewinnen.
    Angelo rief ihn vom Fuß des Trapezes aus, und Tommy schwang sich die

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