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Trapez

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Titel: Trapez Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Leiter hinab. »Deine Eltern sind gerade angekommen«, sagte Angelo. »Hast du es gesehen? Na los, ich mach’ das hier fertig. Sag deiner Mutter und deinem Dad Guten Tag.«
    Tommy gab Angelo die Wasserwaage und rannte. Der Elektriker schlo ss gerade Stromkabel vom Generatorwagen an die Wohnwagen an, und allerlei Häuslichkeit quoll aus den Türen: Frauen, die Leinen spannten und Wäsche aufhängten, Kinder, die Roller fuhren und Hunde fütterten. Tommy platzte durch die Tür des orangefarbenen Wohnwagens. Sein Vater erschien in der Falttür in der Mitte, und Tommy, der vergessen hatte, dass er über fünfzehn war, warf sich ihm um den Hals und umarmte seinen Vater wie ein kleiner Junge.
    Sein Vater nahm ihn bei den Schultern und hielt ihn ein bi ss chen weg, um sich ihn anzusehen. Tom Zane sah älter aus, in dem sandfarbenen Haar war mehr Grau, auf dem Augenlid seines rechten Auges glänzte Narbengewebe und die Augenbraue war weg. Ein dicker faseriger Rand lief hindurch. Tommys Hals schlo ss sich vor Schmerz und Übelkeit.
    »Bist du jetzt wieder okay, Dad?«
    »Klar«, sagte sein Vater unsicher. »Wie kommst du zurecht, mein Sohn? Waren die Santellis gut zu dir? Ich hab’ ‘ne Zeitlang geglaubt, dass ich dich nie wiedersehen würde.«
    Tommy verschluckte sich fast. »Dad, das Auge ist ganz schön schlimm. Kannst du überhaupt damit sehen?«
    »Ein bi ss chen, nicht sehr viel, aber ich komm’ ganz gut zurecht. Alles andere ist sonst gut verheilt. Was ist mit dir, Sohn? Deine Mutter hat mir erzählt, dass du den Abend wie ein alter Hase aufgetreten bist.«
    Tommy schluckte. »Ich hätte es nicht getan, wenn Mario mir nicht einen Schubs gegeben hätte, und dann war ich okay.«
    Sein Vater drückte kurz seine Schulter. »So was passiert. Das Wichtigste ist, du hast weitergemacht.« Er ließ ihn los und sagte: »Ich muss nachsehen, wie Cardiff meine Katzen behandelt hat. Ich kann noch nicht mit ihnen arbeiten – an meinem Handgelenk muss noch was gemacht werden. Aber ich kann sie wieder an mich gewöhnen.« Er wandte sich zur Tür. »Deine Mutter ist losgegangen, um nach dir zu suchen. Ich hab’ ihr gesagt, sie sollte hierbleiben, du würdest schon kommen, aber sie ist einfach gegangen. Konnte nicht warten. Da kommt sie gerade zurück.« Und im nächsten Moment lag Tommy in den Armen seiner Mutter.
    »Tommy, Tommy – du bist so dünn, soviel grö ss er! Du siehst ganz erwachsen aus – nicht mehr wie mein kleiner Junge…«
    Nein, nicht mehr. Der letzte Faden war gerissen. Er war immer dünner geworden, fast ein Nichts, aber während dieser letzten Wochen, als all die drastischen Umschwünge auf ihn eingestürzt waren, hatte er sich an einer Illusion festgehalten: Mutter und Dad werden zurückkommen, und ich werde so sein wie vorher; alles wird genauso sein. Jetzt wu ss te er, dass er nur mit offenen Augen geträumt hatte. Nichts würde je wieder so sein, wie es vorher war. Ein paar Sachen blieben: Zuneigung, Bewunderung, Liebe. Ja, und Schmerz – ein verzweifelter Schmerz für den Mann mit der schrecklichen, weißen Narbe über seinem Auge , schmerzvolles Mitleid für die lachende und weinende Frau, die ihn so fest drückte.
    Aber er kannte die schreckliche Einsamkeit, die sich zwischen Generationen erstreckte. Er gehörte hier eigentlich überhaupt nicht her. Sie waren nicht bloß Mutter und Dad, zwei Leute, die völlig auf ihn fixiert waren, sondern Tom und Beth Zane. Ein Ehepaar, dessen Leben vollständig war, bevor er hineinkam, und vollständig sein würde, sogar wenn er es verließe .
    Wieder gefa ss t, gab ihm Beth Zane einen sanften, kurzen Klaps auf den Arm. »Geh besser los und such deine Sachen zusammen«, sagte sie. »Bist du mit den Santellis ausgekommen? Waren sie nett zu dir?«
    »Klar, sehr gut«, murmelte er und ging, um seine Sachen zu holen.
    Mario war in dem vorderen Raum des Wohnwagens, zog die Laken von ihren Betten ab und bündelte sie für die Wäsche. Er sagte: »Vor der ersten Vorstellung werde ich mich in der Stadt umsehen und mir ein Paar Cowboystiefel kaufen. Willst du mitkommen?«
    »Ich glaub’, ich kann nicht.« Er ging zu der eingebauten Schublade, in der seine Unterhosen und Polohemden neben Marios zerstreut lagen und fing an, seine herauszusuchen. »Meine Leute sind gerade zurückgekommen, und ich nehme an, dass ich heute Nachmittag dableibe.«
    »O ja, klar«, sagte Mario. »Sie haben dich wahrscheinlich sehr vermi ss t.«
    Tommy blickte auf und starrte vor sich hin. Seine

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