Trapez
Morgen finden werde. Vielleicht bei Lucia im Bett? O ja, ich glaube, ihr seid erwachsen – jedenfalls habe ich sie zum ersten Mal hier nicht gefunden!«
KAPITEL 21
Sie hatten sich Joes Lieferwagen ausgeliehen, um in das Winterquartier des Zirkus Starr zu fahren, ungefähr 90 Kilometer südlich. Papa Tony erkundig te sich am Tor nach den Fortunatis, und sie wurden zu einem großen , aufgebauten Übungszelt in der Mitte des Geländes geschickt. Im Inneren war eine Reihe von Trapezen aufgebaut worden. Hoch über ihren Köpfen flogen ein paar kleine, grellfarbige Figuren hin und her.
Sie standen zusammen und sahen zu. Mario zeigte nach oben. »Das ist Jim auf dem Brett«, murmelte er, »und Lionel im Fangtrapez und – sieh mal, da macht Cleo gerade einen Pa ss .«
Liss holte laut Luft, als die Frau eine anmutige Pirouette drehte, bevor sie die Stange ergriff. Sie sagte zitternd: »Und wir sollen ihnen zeigen, was wir können?«
»Langsam, langsam.« Angelo legte einen Arm um ihre Taille. »Matt ist auch keine Niete. Wir sind in Ordnung.«
Die Frau am Flugtrapez hatte sich hoch hinaufgeschwungen und das Trapez hoch hinaufgesto ß en , bis sie fast mit ihren Fü ss en die Zeltwand berührte. Ganz zum Schlu ss , bevor die Seile abknickten, schnellte sie von der Stange, drehte sich rückwärts und machte zwei perfekte Saltos ins Netz. Sie machte einen sauberen Überschlag auf den Fußboden , hob einen kurzen, weißen Bademantel auf, der daneben lag und kam zu ihnen herüber, knotete ihn leicht um ihre Taille. Papa Tony nahm ihre Hand mit einer höflichen Verbeugung. »Cleo, meine Liebe.«
Cleo Fortunati war winzig, kleiner als Tommy. Mit flammendem, zurückgekämmtem Haar und warmen, lebendigen Augen. »Schön, dich wiederzusehen, Tony. Ich geb’ sogar zu, dass ich für euch ein wenig aufgedreht habe.«
Die beiden Männer kletterten vom Trapez herunter. Sie gingen zu den versammelten Santellis hinüber, und der größere von beiden ergriff fest Papa Tonys Hand. »Wie geht’s, Onkel Tony? Starr wird später vorbeikommen; Lionel und ich dachten, dass ihr ein bi ss chen Zeit gebrau chen könnt, um euch an das Licht und das Trapez zu gewöhnen, wenn ihr immer bei Freilicht-Shows und Jahrmärkten gearbeitet habt. Ich weiß , dass du überall arbeiten kannst, aber du hast mir erzählt, dass die Kinder noch nie unter einem Zeltdach gespielt haben.«
»Das war sehr aufmerksam von dir, Jim! Es stimmt.
Wir haben immer in kleinen Freiluftzirkussen in Parks und auf Jahrmärkten gearbeitet; außer Angelo hat keins der Kinder unter dem Zelt gearbeitet.«
Jim Fortunati war vier, fünf Zentimeter grö ss er als Papa Tony, aber er war nicht groß . Er hatte den schlanken, muskulösen Körper eines Fliegers, und sein Haar, dick und eisengrau, war an den Schläfen weiß gewellt. Er war, wie Tommy dachte, ungefähr fünfundvierzig. Sein Bruder Lionel war jünger und dunkler, mit breiten, kräftigen Schultern und einem adretten, geschwungenen Schnauzer. Er gab Angelo die Hand und fragte: »Ist das alles Familie?«
»Das stimmt«, sagte Angelo, und Tommy dachte: Es ist wahr. Sie haben es wirklich ernst gemeint. Die Verstimmung, die sich heute Morgen auf ihm niedergelassen hatte, als er Mario und Johnny zusah, hob sich plötzlich wieder. Er war auch ein Santelli, auf eine besondere Weise. Ich brauche nicht auf Johnny oder irgendjemand anders eifersüchtig zu sein.
Cleo fragte mit ihrer warmen, vollen Stimme: »Warum ist Lucia nicht mitgefahren, Tony? Ich hätte sie schrecklich gerne gesehen.«
»Ich weiß , dass sie dich auch gern gesehen hätte, Cleo«, sagte Papa Tony nach einer Weile, »aber ich glaube, sie meinte, dass die Kinder nervös wären, wenn sie dabei wäre, um sie zu beobachten. Aber sie lä ss t dich lieb grüßen . Sicher hat Jim erzählt, dass ich drei von ihren Kindern in der Nummer habe?«
Cleos Gesicht – dreieckig, stupsnasig , fast gnom enhaft – war bezaubernd, wenn sie lächelte. »Na, mal sehen, ob ich mich erinnern kann. Matt Junior natürlich – du warst der Dunkelhaarige. Und Mark – nein, stimmt. Er ist nicht geflogen, nicht? Augen oder so was? Johnny, stimmt’s?
Und natürlich mein Mädchen.« Sie umarmte Liss enthusiastisch. »Kennst du mich noch, Süßes ?«
Liss nickte. Und es war eigenartig, die lebhafte Liss einmal völlig stumm zu sehen. Sie sah neben Cleo fast groß aus.
»Aber du bist so groß geworden, du bist ganz erwachsen – meine Güte, in einem ihrer Briefe hatte Lu erwähnt,
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