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Trapez

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Titel: Trapez Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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zusammen sein, vielleicht euer ganzes Leben, wenn ihr so zusammenarbeitet . Und vielleicht kannst du mit jemandem arbeiten, den du nicht magst, dem du nicht vertraust, den du nicht liebst. Ich weiß es nicht, ich hab’s nie versucht. Angelo und ich kommen besser miteinander aus, als die meisten Väter und Söhne. Es muss so sein, sonst könnten wir nicht zusammenarbeiten. Oh, wir streiten manchmal, wie jeder Vater und Sohn, aber nicht, wenn es darauf ankommt.
    Dort, wo es darauf ankommt, können wir einander völlig vertrauen. Wir müssen nicht einmal darüber nachdenken.
    So vertraue ich ihm. Da brauche ich gar nicht darüber nachzudenken, ob ich ihn liebe. Ich liebe Johnny, aber ich vertraue ihm nicht, nicht ganz so. Noch nicht. Tradition. Das ist etwas, das wir haben, Angelo und ich. Etwas, an dem wir uns beide festhalten. Selbstvertrauen?
    Nein, das ist es auch nicht. Sympathie? Ich weiß nicht.
    Du und Matt, ich sehe es in euch, sogar wenn ihr euch wie ungezogene Kinder zankt, habt ihr dieses gewisse Etwas. Ihr seid jung, ihr seid nicht einmal Brüder, aber ihr habt etwas, ihr gehört zueinander. Das sehe ich. Das weiß ich. Ich weiß nicht, wie ich es nennen soll, aber es ist da.«
    Tommy sah auf seine Handrücken, traute sich nicht, seine Augen zu heben, er war tief bewegt, aber er hatte Angst, dass er etwas verraten würde, wenn er aufblickte oder sprach. Ein Teil von ihm wollte Papa Tony erzählen, wie man es nennt, aber er zwang sich zum Schweigen.
    Papa Tony wollte es nicht wissen. Irgendwie verstand Tommy das; wenn er es wu ss te, wenn es ihm mit so vielen Worten erzählt würde, mü ss te er das Übliche tun. Er mü ss te den gesellschaftlich üblichen Schock und Horror ausdrücken. Aber er wu ss te es, ohne zu analysieren. Er wu ss te es an einer Stelle, wo Worte nicht hingelangten. Er konnte es sehen, wissen, akzeptieren.
    Papa Tony sagte mit der gleichen niedergedrückten Stimme: »Matt – er ist weit draußen an einem einsamen Ort, Tommy. Du verstehst so vieles. Verstehst du das auch? Wie schwer es ist, dass er viel besser ist als ich, soviel besser, als die Leute, die ihn unterrichtet haben. Er möchte sie respektieren, sie bewundern, und statt dessen findet er sich ganz weit vorn wieder. Und wenn er zurückblickt, um zu sehen, wo sie sind, erschüttert ihn das im Innersten. Begreifst du das? Du hast gesehen, wie Fortunati ihn behandelt hat. Und wie Matt ganz verstört und verängstigt wurde. Wenn es Johnny wäre, würde ich mir keine Sorgen machen. Johnny, der würde umherstolzieren, der würde arrogant werden, und jemand würde ihn schon zurechtstauchen, aber in der Zwischenzeit würde er es genießen , die ganze Aufregung und den ganzen Applaus zu bekommen. Matt, er ist so anders. Ich weiß nicht, Tommy, ich weiß es einfach nicht«, wiederholte er.
    »Weit draußen an einem einsamen Ort. Keiner von uns kann ihn mehr erreichen.«
    Tommy zwinkerte, schluckte hart; er wollte Papa Tony nicht merken lassen, dass seine Augen voller Tränen waren.
    » Außer dir vielleicht«, sagte Papa Tony. »Ich weiß nicht warum, Tommy, aber er lä ss t dich hinein. Er lä ss t dich an sich heran. Es schmerzt mich«, sagte der alte Mann. »Es schmerzt so sehr, ihn so verloren, so einsam zu sehen.«
    Tommy, der seine eigene Verlegenheit vergessen, hatte, blickte auf und sah den nackten Schmerz in den Augen des Großvaters . »Ich bin so stolz auf ihn, so stolz, dass ich daran sterben könnte. Er war es wert, was ich Lucia angetan habe. Was ich ihnen allen angetan habe.« Tommy wu ss te, dass Tonio Santelli vergessen hatte, dass er mit einem Kind sprach, dass er aus seinem innersten Herzen sprach, aus Liebe für seinen Enkel. »Ich wollte, dass er dahin kommt, wo er jetzt ist. Aber jetzt ist er da. Ich kann ihm nicht folgen. Ich muss ihn gehen lassen. Es gibt nichts mehr, was ich für ihn tun kann. Auch wenn ich weiß , wie sehr er jemanden braucht. Und vielleicht bist du derjenige, den er braucht. Vielleicht lä ss t er dich hinter – hinter diese Mauer, die er um sich errichtet hat.«
    Tommy konnte nicht sprechen. Schließlich kam Papa Tony aus seinem Schweigen heraus und lächelte ihn an.
    »Unsere Familie ist schon komisch«, sagte er. »Sie fri ss t Leute bei lebendigem Leib, und du bist ziemlich jung, um zerkaut und verschluckt zu werden.«
    »Ich – ich bin wirklich glücklich darüber, ein Santelli zu sein, Papa Tony. Ehrlich! Über – über alles glücklich.«
    Papa Tonys seltenes leuchtendes Lächeln

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