Trapez
garantieren würde, dass du für den Rest der Saison nicht ein einziges böses Wort von mir oder Stella hören würdest?«
»Nein, gib dir nicht die Schuld, Jock«, sagte er nicht unfreundlich. »Ich habe bloß entschieden, dass ich vom Fliegen genug habe. Nicht viele Leute bekommen die Gelegenheit neu anzufangen, wenn sie in meinem Alter sind.«
Er weigerte sich, es Johnny weiter auszuführen, und die Woche ging mit einem mehr oder weniger feindseligen Schweigen zu Ende. In Kansas City, in einem tosenden Gewitter, trat Angelo in seiner letzten Vorstellung auf, packte seinen Koffer und ging. Er verursachte eine Welle der Neugier im ganzen Zirkus, aber er lehnte es ab, dass um seinen Abschied auch nur der kleinste Aufwand gemacht wurde.
»Was wirst du Lucia sagen?« wollte Mario wissen. Er und Tommy begleiteten Angelo zum Busbahnhof, wo sie auf den Bus nach Kalifornien warteten und in den strö menden Regen hinausschauten. Angelo zuckte mit den Achseln und hob seine Reisetasche hoch – sein Koffer sollte ihm mit dem Expre ss zug nachgeschickt werden.
»Ich bin jetzt ein großer Junge. Lucia kann es entweder gutheißen oder sie kann machen, was sie will.« Sein Gesicht war verschlossen und leer. Er streckte seine Hand aus. »Nichts für ungut, Matt.«
Mario zögerte, er sah ärgerlich und grimmig aus.
Schließlich holte er tief Luft und seufzte: »Okay, Angelo, nichts für ungut.« Sie schüttelten sich die Hände. »Danke.« Angelo sah den Busfahrer einsteigen und das beleuchtete Schild einschalten, auf dem stand: LOS ANGELES EXPRESS. Er wandte sich kurz zu Tommy. »Viel Glück, Junge.«
Immer noch verletzt und zornig starrte Tommy verdrießlich den älteren Mann an. Wie konnte Angelo ihnen das antun? Besonders Mario! Aber schließlich streckte er seine Hand aus wie Mario es getan hatte. »Viel Glück, Angelo.«
»Wir sehen uns im Oktober.« Angelo zog Mario grob an sich und kü ss te seine Wange. »Pa ss auf dich auf, Matt, und la ss dir von Johnny nichts sagen.« Er klopfte ihm auf die Schulter, nahm seine Reisetasche und lief zum Bus.
Mario sah ihn einsteigen, aber Tommy beobachtete Marios Gesicht, kalt, zurückgezogen, verärgert.
Wie, zum Teufel, konnte Angelo Mario dies antun? Ich verstehe, dass es ihm bei Johnny nichts ausmachte, so wie Johnny sich benommen hat. Aber mein Gott, was er für Mario bedeutet… Tommy dachte in verwirrtem Zorn, dass er Angelo ohne einen Moment des Bedauerns hätte umbringen können. Der Bus ruckte, schwenkte aus und fuhr vom Bahnhof weg. Mario sah ihn fortfahren, sein Mund war fest geschlossen.
»Nun denn«, sagte er schließlich . »Wir haben eine Show vor uns.«
»Willst du den Bus da drüben zum Zirkusplatz nehmen?«
»Ach was, hier im Regen rumstehen und uns eine Lungenentzündung holen. Wir nehmen uns ein Taxi!« Aber er bewegte sich nicht. Er blickte auf den Eingang einer Bar auf der anderen Seite der Straße .
»Vielleicht werde ich zuerst ein Bier trinken.«
»Sei kein Idiot«, sagte Tommy. »Du hast heute Nachmittag Vorstellung.«
Mario seufzte und kicherte dann: »Okay, Junge, okay.
Rufen wir uns ein Taxi und fahren wir raus zum Platz.
Aber wenn es so weiter regnet, wird es sowieso keine nennenswerte Show geben.«
Bis zur Nachmittagsvorstellung hatte es aufgehört zu regnen, aber sie standen in einer kleinen Gruppe neben dem Bühneneingang un d versuchten, ihre Trapezschuhe aus dem Schlamm zu halten. Es war Mario, der die Gedanken aller in Worte fa ss te.
»Na ja, jetzt sind wir allein.«
Johnny sagte: »Das ist mir gerade eingefallen. Jetzt, wo Angelo weg ist, gibt es keinen einzigen Santelli mehr bei den Flying Santellis. Nicht einen. Drei Gardners, einen Wayland und einen Zane.«
»Tja, Kinder, das ist das Showgeschäft«, sagte Coe Wayland mit seinem rauen Lachen. »So läuft es eben in diesem Geschäft.« Tommy bemerkte, dass der rötliche Haarschopf des großen Mannes schlecht gekämmt war und dass sein grünes Trikot ihm nicht ganz zu passen schien. Er zwang sich dazu, ihn nicht zu kritisieren –immerhin, dachte er, mit einer Großzügigkeit , deren Arroganz er nicht erkannte, er ist nicht wirklich einer von uns.
Mario sagte: »Ich weiß nicht, was mit dir ist, Jock, ich bin immer noch ein Santelli. Und Papa hat gesagt, Tommy hätte ein Recht darauf, den Namen zu benutzen.« Er blickte Stella, die klein und lebhaft neben Johnny stand, mit einem seltsamen, leidenschaftslosen, beinahe feindseligen Blick an. Ihr blondes Haar war hinter einen
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