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Trapez

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Titel: Trapez Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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dem Lachen und fragte sich plötzlich, ob es das war – dieses Unglück, diese Bloßstellung –, um was sich Mario den ganzen fürchterlichen Tag lang bemüht hatte.

INTERMISSION
    1947-1952

KAPITEL 1

März 1947
     
    Das Winterquartier vom Zirkus Starr hatte sich nicht verändert: die gleiche gewohnte Unordnung aus Probenzelten, Traktoren, Stromkabeln, die sich überall hinwanden, Tiere, die über den Platz geführt wurden, und der seltsam leere Anblick jedes Zirkus, wenn gerade keine Vorstellung ist. Ein Anblick, gleichzeitig verlassen und erfüllt mit geheimnisvoll verstecktem Leben hinter den Kulissen.
    Mario ging langsam über das heruntergetrampelte Gras auf das Übungszelt der Luftakrobaten zu, wo sie sich erst vor einem Jahr den Fortunatis vorgestellt hatten. Hinter der flatternden Zeltbahn im Eingang sah ein untersetzter Mann heraus und rief: »Komme gleich!«
    »Hallo, Lionel.« Sie schüttelten sich die Hände.
    »Komm mit ins Büro.« Lionel führte ihn durchs Zelt auf einen kleinen, rotgestrichenen, kistenartigen Wagen zu. Innen standen ein paar überfüllte Schreibtische, zwei riesige Aktenschränke, ein Safe in einer Ecke und ein paar unbequeme Stühle. Lionel zog einen der Stühle zu sich und bot Mario den anderen an.
    »Wie geht’s? Was macht die Familie?«
    »So wie immer. Wie geht’s Cleo?«
    Lionel legte die Stirn leicht in Falten. »Sie kann wieder ohne Krücken gehen, und das ist für uns schon ein Wunder. Sie hat natürlich mit dem Fliegen aufgehört. Unter uns, und ich will nicht unhöflich sein, Cleo ist nicht mehr die Jüngste. Obwohl sie, weiß Gott, nicht einen Tag älter aussieht als damals, als ich anfing für sie und Jim zu fangen.«
    Mario fragte: »Wie nimmt sie es auf, Lionel?«
    Lionel blickte weg. »Sie sagt nicht viel. Sie trainiert ein paar Mädchen in der Show, und es scheint ihr zu gefallen. Aber man kann nie wissen. Na, Matt, was hast du den ganzen Winter über gemacht?«
    »Du weißt , dass wir Woods-Wayland verlassen haben, bevor die Saison zu Ende war …«
    »Ja, hab ich gehört.«
    »Im Oktober sind wir alle runter nach Mexiko gegangen – Angelo hat da unten für ein paar Monate eine Show geleitet.«
    »Hat er wirklich mit dem Fliegen aufgehört, Matt?«
    »Das sagt er jedenfalls, und er hat in diesem Frühjahr überhaupt nicht trainiert. Er hat eine Weile für eine mexikanische Filmgesellschaft gearbeitet, als ein – ein – verdammt, mir fällt der Name nicht ein –, der, der die Pferde abrichtet, damit die Stuntmen auf sie draufoder von ihnen herunterfallen können. Jedenfalls der Pferdechef.
    Nach Neujahr sind dann mein Bruder Johnny und seine Frau für eine Frühlingstournee mit einer Gruppe an die Ostküste gefahren, die auf Jahrmärkten und in Hörsälen und so weiter spielt, und Tommy und ich sind ein paar Wochen nach San Francisco gefahren, um zu sehen, ob wir in einer Gruppe arbeiten können, die Clint Redmann losgeschickt hat. Wir haben ein Angebot von Freres und Stratton, aber so tief sind wir noch nicht gesunken. Noch nicht.«
    »Das will ich doch hoffen!« sagte Lionel. »Aber ihr sucht immer noch nach einem Sommerengagement?
    Schau, der Grund, weswegen ich dich habe kommen lassen, war nicht bloß , mich nach deiner Familie zu erkundigen. Jetzt, da sowohl Cleo als auch Jim nicht mehr fliegen, suche ich nach einem festen Partner. Und ich habe dich letztes Jahr gesehen.«
    Mario nickte nachdenklich. »Du weißt , in welcher Verfassung die Santellis sind. Tommy und ich können es nicht alleine tragen. Wir haben nicht mal einen festen Fänger. Wir dachten, wir könnten uns eine Zeitlang mit Johnny und Stella zusammentun, aber sie haben sich entschlossen, dieses Jahr alleine zu arbeiten.«
    Lionel stützte nachdenklich sein Kinn auf seine großen Hände. »Ich weiß natürlich, wie eure Arbeit aussieht. Wir wollten euch schon letztes Jahr. Aber da gibt es einen Haken. Der Junge, Tommy. Was ist mit ihm?«
    Mario zuckte die Achseln. »Du hast ihn letztes Jahr arbeiten sehen, und er wird immer besser. Wir haben drei Jahre für unsere Duo-Nummern gebraucht. Wir sind ein Team. Wir können dich mit ankündigen lassen, wenn du willst – Lionel Fortunati und die ›Flying Santellis‹ – , aber wir bleiben zusammen, Tom und ich.«
    Lionel schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, Matt. Geht nicht.«
    »Wieso nicht? In einem normalen Akt sind zwei Flieger und ein Fänger.«
    Lionel legte seine Hände auf den Tisch und richtete sich auf. »Matt. Nichts für ungut,

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