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Trapez

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Titel: Trapez Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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nippte kurz daran, setzte ihn ab und vergaß ihn sofort wieder. Die anderen in dem Luftakt waren ein stämmiger Fänger, mit den Armmuskeln eines Gorillas, und eine kleine Frau mit strengem Gesicht und stark gelocktem und gebleichtem blonden Haar, in einem roten Trikot mit geschmacklosen Pailletten. Das Mädchen machte ein paar amateurhafte Übergänge, und dann sprang Mario einen doppelten Salto, der Tommy erstarren ließ – bis er erkannte, dass es die Unfähigkeit des Fängers war, die ihn tollpatschig aussehen ließ . Dann bei der Rückkehr drehte Mario sich plötzlich in einer schnellen, eleganten Pirouette, die Tommys Atem stocken ließ . Aber was, dachte er, was macht er hier? Die Kinder kreischten und applaudierten, als Mario sich mit einem Anflug seines alten breiten Grinsens umdrehte und eine angeberische Verbeugung machte.
    Als die Flieger wieder durch den Ausgang verschwanden, sah Tommy, wie der Fänger kurz zu Mario aufsah, und für einen kurzen Moment verweilte Marios Hand auf seiner Schulter.
    War es deswegen? Dieser ungeschickte, unmögliche Neuling… War Mario ihm in diese miserable, billige Hundeund Pferde-Show gefolgt? Tommys Züge verhärteten sich. Er war versucht, direkt zu seinem Auto zurückzugehen und ohne mit ihm zu sprechen wegzufahren.
    Statt dessen blieb er da, bis die kreischenden Kinder den Rummelplatz geräumt hatten. Dann ging er langsam auf dem Platz herum, zwischen den sich schlängelnden Stromkabeln u nd den geparkten Wohnwagen. Ein schmuddeliger Clown in Straßenkleidern , aber immer noch geschminkt, saß auf den Stufen eines Transporters und tätschelte einen großen Hund, der eine Halskrause trug. Tommy hielt neben ihm an.
    »Wo kann ich den Flieger finden? Diesen Gardner.«
    Die aufgemalte Grimasse des Clowns verzog sich zu übertriebener Besorgnis. »Es tut mir wirklich leid, Mister, aber sie haben ihn gerade verpa ss t. Ich habe gerade gesehen, wie er in die Stadt gefahren ist. Er ist wahrscheinlich was essen gegangen.«
    »Aber…«, fing Tommy an, lachte dann plötzlich und erkannte, dass der Clown einen verständlichen Fehler machte. Er dachte, dass Tommy ein Fremder war, einer vom Publikum. »Spiel hier nicht den Höllenhund, Schminktopf! Er wäre kaum aus seinem Trikot heraus, außer wenn er für einen Kunstspringer in der Neben-Show eingesprungen wäre.«
    Erstaunt sah der Clown zu ihm auf und lachte dann.
    »Du hast wohl recht, aber er würde Hackfleisch aus mir machen, wenn du dich als Schuldeneintreiber herausstelltest – oder als Gerichtsvollzieher.«
    »Ich treibe überhaupt nichts ein«, sagte Tommy. »Ich hab’ mit ihm unter dem Zelt gearbeitet vor ein paar Jahren in einer anderen Show. Ich wollte nur mal vorbeischauen und guten Tag sagen.«
    Der Clown zeigte nach hinten. »Das da drüben ist sein Wohnwagen. Der grüne.«
    Der grüne Wohnwagen war klein – zu klein für eine Familie – und sah angeschlagen und sonnengebleicht aus.
    Wahrscheinlich ein Vorkriegsmodell. Tommy stolperte über das Stromkabel, als er herankam und an die Tür klopfte.
    Innen hörte er eine vertraute, tiefe Stimme, so unerwartet und beiläufig, dass sich etwas tief in seinem Inneren regte.
    »Sieh mal nach, Jack, wer das ist, ja?«
    Tommy dachte, wenn der Fänger die Tür öffnet, sage ich, dass ich mich geirrt habe, und verschwinde verdammt schnell. Statt dessen wurde die Tür von einem Jungen von vierzehn, fünfzehn Jahren geöffnet, in Bluejeans, das dunkle Haar fiel in einer schweren Tolle über seine Augen. Er sah Tommy mi ss trauisch an und fragte: »Was willst du?«
    »Ich suche Matt Gardner«, sagte Tommy. Dann fügte er noch schnell hinzu. »Sag ihm, sein Bruder ist hier.«
    »Wu ss te gar nicht, dass er einen hat.« Der Junge drehte sich um und erhob seine Stimme: »Matt, da ist jemand draußen , der sagt, er ist dein Bruder. Hast du einen Bruder?«
    »Ich hab’ ein paar davon«, sagte die wohlbekannte Stimme, und dann kam Mario ganz einfach ohne Vorwarnung oder Fanfare heraus und stand in der Tür. Er war immer noch nackt bis zur Hüfte. Er hatte zerknitterte, farbbekleckerte Cordhosen an. »Aber ich weiß nicht, was beide gerade machen…« Er brach ab und stand blinzelnd in der Sonne. Dann stellten sich seine Augen schnell auf das Licht ein. Er zwinkerte ein paarmal und sagte: »Tommy?«
    »Hallo Mario.«
    Mario bewegte sich nicht. Er starrte ihn weiter an. »Ich – ich hab’ dich fast nicht erkannt.«
    Der Teenager sah sie neugierig an. »Dann ist er dein Bruder,

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