Trapez
Teil des Flugund Rückkehrrepertoires war, und er hätte nie in einen normalen Trapezakt gepa ss t, aber es schien Tommy, dass er etwas von der verfremdenden, traumhaften Qualität hatte, die Johnny wollte. Noch bei den ersten Proben hatte er es Johnny vorgeschlagen.
»Kann Stel einen Anderthalbfachen?«
»Klar, mit verbundenen Augen.«
»Kein Grund, ihr die Augen zu verbinden«, sagte Tommy. »Aber hör mal z u: Ich mache eine Art Übergang, dann kommt Stella heraus und macht einen geraden Flugpa ss über mich hinüber, wenn du mich loslä ss t. Soweit wird jeder glauben, dass es bloß ein gewöhnlicher Flugpa ss ist, aber anstatt zur Stange zurückzugehen, während du mit ihr schwingst, drehe ich mich und hänge an meinen Knien, und wenn du sie loslä ss t, fange ich sie, anstatt dass sie zur Stange zurückkommt. Verstehst du? Fänger zu Fänger. Sie ist klein und leicht. Und das ist der Knüller: Ich kann mir das mit einer dieser Zeitlupenkameras vorstellen. Wir bewegen uns alle zusammen in Zeitlupe, fast wie im Traum…«
Johnny stellte es sich mit zugekniffenen Augen vor.
»Das könnte hinhauen. Klingt gut. Du könntest sie bloß nicht den ganzen Weg zurückschwingen lassen. Du mü ss test sie beim Rückschwung hochziehen.«
Er ging dahin, wo sein Mantel hing und kramte in der Tasche nach Papier und Bleistift.
Tommy fragte: »Was würde Stel dazu sagen, ein menschlicher Baseball zu sein und zwischen zwei Fängern hin und her geworfen zu werden?«
»Sie wird es machen, wenn ich es ihr sage«, sagte Johnny zuversichtlich. »Das Mädchen kann absolut alles.
Das einzige ist, sie weiß es noch nicht. Wenn ich aufs Trapez ginge und ihr sagte, okay, Stel, mach mal einen Dreifachen, dann würde sie es. Und irgendwann werde ich genau das tun.«
Tommy starrte ihn lachend an. »Stella? Einen Dreifachen?«
»Warum nicht? Cleo Fortunati hat ihn ein paarmal gemacht, bevor sie diesen Sturz hatte. Nein, hör auf zu lachen, Tommy. Stel könnte es. Sie macht einen Doppelten vorwärts, und das soll so schwer sein wie der Dreifache rückwärts.«
Stella war einverstanden, als ihr der neue Trick erklärt wurde.
»Wie bist du darauf gekommen, Tommy?« hatte sie gefragt.
» Weiß nicht. Ich glaub’, ich hab’ mich an ein Bild erinnert, das ich einmal von einem alten Akt gesehen habe, den sie Flugwurf nannten – zwei Fänger an festen Trapezen, die eine Fliegerin zwischen sich hin und her warfen – , und ich habe mich gefragt, ob es jemand schon mal an zwei fliegenden Trapezen versucht hat.«
Tommy wartete, dass Johnny mit Stella herunterkam, und er grübelte griesgrämig über das nach, was Johnny oben gesagt hatte. Wenn Stella direkt vor Marios Nase einen Dreifachen machen würde, könnte es ihn vielleicht so schockieren, dass er selbst wieder einen versuchen würde. Oder würde es ihn so verärgern, dass er ihn nie wieder versuchen würde?
Johnny und Stella gesellten sich zu ihm, und nach einer Stunde Arbeit erklärte Johnny sich zufrieden. »Wir machen es heute Nachmittag beim Training. Es wird großartig aussehen, wenn sie die Zeitlupenkameras dabeihaben. Die zwei sich bewegenden Fänger und der Flieger zwischen ihnen – das hat so einen traumhaften Zug, als ob keiner von uns ganz wirklich wäre.«
Kurz nachdem Mario zurückkam, brachte Bart Reeder einen Mann der Werbeabteilung des Studios und ein paar Kameraleute mit. Sie interviewten Lucia und sprachen sogar mit Joe über die Santelli-Tradition und fotografierten Bart überall: auf der Brücke mit Mario, wie er die Leiter hinaufkletterte, wie er ins Netz fiel.
Es war beinahe vier Uhr, als der Werbemann die Fotografen zusammenrief.
»Ich glaube, wir haben alles, was wir brauchen, aber ich hätte gern ein paar Aufnahmen von euch bei der Probe«, sagte der Fotograf.
Johnny schüttelte den Kopf. »Nicht bevor der Akt ein bi ss chen besser in Form ist.«
Als sie gegangen waren, sagte Mario lachend: »Ich hätte nie gedacht, dass ich den Tag erlebe, an dem du Werbung ablehnst, Jock.«
»Es gibt so ‘ne Werbung und solche Werbung«, sagte Johnny gewitzt. »Ich möchte, dass die Leute darüber rätseln und nicht kleine Stückchen davon sehen und den falschen Eindruck bekommen.«
»Es macht dir doch nichts aus, wenn ich Reeder einlade zu bleiben, nicht?«
»Ach was, ich hab’ gemerkt, wie gelehrig der Kerl ist –
hast du bemerkt, er geht schon wie du. Als ich ihn einmal hinaufklettern sah, dachte ich, du wärst es. Irgendwie dachte ich, dass ein
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