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Trapez

Trapez

Titel: Trapez Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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auf seine Uhr. »Wenn du in fünfzehn Minuten fertig sein kannst, kann ich dich in der Nähe seiner Praxis absetzen.
    Tessa, es ist kalt. Hol dir deinen Pullover.«
    Sie holte ihn schweigend. Sie war zu einem ruhigen Mädchen herangewachsen, so friedlich und korrekt in ihrer ernsten Schuluniform, dass Tommy schon einmal laut nachgedacht hatte, ob sie in Betracht zöge, eine Nonne zu werden. Mario beharrte darauf, dass es nur eine Phase sei, durch die sie gerade ginge, dass Liss in ihrem Alter genauso ernsthaft und fromm gewesen sei. Tommy konnte sich das nur schwer vorstellen und sagte das auch, aber Angelo und Lucia bestätigten beide, dass es stimmte.
    Die drei gingen, und Tommy trank noch eine Tasse Kaffee, als Johnny auftauchte. »Schläft Matt heute Morgen länger?«
    »Nein, er mu ss te zum Zahnarzt. Er sagt, er ist rechtzeitig zurück für die Werbeleute, die Reeder heute Nachmittag mitbringt.«
    »Das will ich ihm auch raten.« Johnny nahm die Kaffeekanne, go ss sich eine Tasse ein und stützte dann seine Ellenbogen auf den Tisch und sah Tommy an.
    »Tom, du kennst ihn besser als ich, klär mich mal auf, Junge. Was, zum Teufel, ist überhaupt mit Matt los?«
    »Wenn ich das nur wü ss te, Johnny.«
    »Wenn er gut ist, Tom, ist er so gut. Er ist jetzt sogar besser als die meisten Flieger, aber er hat nicht mehr das gewisse Extra, das er mal hatte. Vielleicht, wenn er wieder den Dreifachen schafft…«
    »Er vermi ss t Angelo natürlich.«
    »Ja, aber das war vor sechs Jahren, und ich bin auch nicht so schlecht als Fänger.«
    »Ich glaub’, das ist es nicht, Johnny. Ich meine – ich meine nicht, dass er noch an sich glaubt.«
    »Das ist ganz großer Schwachsinn«, sagte Johnny. »Erzähl mir nicht, du hast angefangen mit diesem ›Denk-positiv-Kram‹.«
    »Das habe ich nicht gesagt. Wir reden doch über Matt.«
    Johnny runzelte die Stirn und beachtete den Teller nicht, den Lucia vor ihn hingestellt hatte.
    »Na ja, was es auch ist, ich wünsche mir, dass er darü ber hinwegkommt. Ich wollte diese Show um ihn herum bauen und ihn als Star ankündigen. Aber so wie er jetzt ist, kann ich es nicht.«
    »Ja, ich weiß «, seufzte Tommy. Es gab keine Möglichkeit, das wirkliche Problem mit Johnny zu diskutieren.
    Verzweifelt hatte er Mario geschlagen und damit gehofft, eine von Marios selbstzerstörerischen Krisen zu vermeiden. Er hatte keine Wahl gehabt, außer der Wahl, die er nicht treffen konnte, aus Marios Leben zu verschwinden, ihn zu verlassen und hilflos den inneren Kräften, die in ihm tobten, zu überlassen. Er hatte gehofft, dass es den Stürmen ein Ende setzen würde, die Mario so aufgewühlt durch Schuld und Selbstha ss zurückließen , dass er noch Wochen später ein Wrack war.
    Aber obwohl Mario zu verstehen schien, und wenigstens bedeutet das, dass wir uns nicht mehr die ganze Zeit prügeln, war es so, als ob das letzte Flackern der alten Flamme in Mario erloschen war.
    »Ich wollte, Angelo käme zurück und würde wieder mit ihm arbeiten.«
    »Ich auch«, nickte Johnny. »Er war immer der einzige, der Matt zurechtrücken konnte, wenn er so war. Matt nahm es von ihm an, aber verdammt, Tommy, ich bin bloß sein kleiner Bruder.«
    »Na ja, vielleicht können wir ihn heute Morgen umgehen, wenn wir Stella dazu kriegen können, sich langsam aufzurappeln.« Johnny sah finster aus. »Ich glaube manchmal, sie ist so schlimm dran wie Matt. Sie redet nicht mehr viel davon, aber ich glaub’, nach dieser Show höre ich besser mit dem Zirkus auf und nehme einen schönen, anständigen Job bei der Produktion an. Vielleicht nimmt uns dann irgendeine Adoptionsstelle ernst, wenn wir uns das nächste Mal bewerben.«
    Tommy sagte: »Wäre verdammt schade, wenn es keine Santellis mehr beim Fliegen gäbe.«
    Johnny zuckte die Achseln und antwortete nicht darauf.
    » Gie ß noch etwas Kaffee ein, Lu, da du gerade stehst. Ich bringe Stella welchen hoch und sehe nach, ob ich sie aufwecken kann.«
    Tommy ging hinunter in den Übungsraum, sein Kopf voll von dem, was Johnny gesagt hatte und zuvor Liss.
    Und so haben die Santellis in vier Generationen mit Matt ihren Höhepunkt erreicht, und es wird auch alles mit ihm enden. Und jetzt sah es so aus, als ob sogar Mario…
    pflichtgetreu verdrängte er den Gedanken und fing an, die Trapeze zu überprüfen.
    Nach einer Weile begann er über den Trick nachzudenken, den sie gerade perfektionierten. Es war Tommys eigene Idee gewesen, ein Trick, der im strengen Sinn überhaupt kein

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