Trapez
großen Vorwurf machen.«
Er sah weg. »Ich hab’ sie in gutem Glauben geheiratet.
Ich wollte ein guter Ehemann und… und Vater sein, aber das, was ich ihr ange boten habe, war ein schwieriger Handel. Deshalb bin ich nicht dagegen angegangen, als sie wegging.«
Tommy fragte sehr leise: »Hat sie es gewu ss t, dass du – schwul bist?«
»Ich bin mir nicht sicher. Sie hat es nie gesagt. Der Scheidungsgrund war ›seelische Grausamkeit‹. Ich wollte Suzy, aber du kannst ein Kind in dem Alter nicht von seiner Mutter trennen. Oh, ich hätte wahrscheinlich vor Gericht gehen können, aber ich hatte Angst, dass ihr Rechtsverdreher meine Vorstrafen auftreiben oder die alte Geschichte von der Schwarzen Liste hören würde.
Und wenn das passiert wäre, hätte ich, wenn sie mit mir fertig gewesen wären, auf hundert Meilen überhaupt kein Kind mehr herangedurft. Schon gar nicht an mein eigenes. Ich bin aus dem Anwaltsbüro herausgekommen und stundenlang nur so in den Straßen herumgelaufen und hab’ versucht, mich vor der Show zu beruhigen. Genau in der Nacht sind wir gestürzt. Wie schon gesagt, ihr Gesicht hat ein bi ss chen was abbekommen, und sie glaubt, ich hätte es ihr mit Absicht angetan.«
Tommy erschauderte und erinnerte sich an Momente von scheinbar grundloser Grausamkeit. »Aber das ist doch nicht wahr, oder?«
Mario legte seinen Kopf in die Hände und sagte durch sie hindurch: »Bei Gott, Tom, ich weiß es nicht. Ich weiß nicht mal mehr, dass ich an dem Abend in die Manege gegangen bin. Der Doktor sagt, es war eine Gehirnerschütterung. Ich weiß noch, dass Sue-Lynn im Anwaltsbüro an mir herumnörgelte, und ich rausgegangen bin, weil ich Angst hatte, dass ich sie sonst schlagen würde. Ich weiß noch, dass ich irgendwie mein Trikot angezogen habe, aber danach weiß ich nichts mehr – nicht den Sturz, nicht den Krankenwagen. Das nächste, was ich wieder weiß , ist, dass ich im Krankenhaus war, mit einem dreißig Zentimeter langen Gips an meinem Handgelenk. Ich dachte, ich wäre blind, ich war so benommen, dass ich nicht kapiert habe, dass mein Gesicht voller Verbände war. Aber Susan sagt, ich hätte sie bedroht, und sie dachte, ich wollte sie umbringen.«
Er war still, aber diesmal entzog er sich nicht Tommys Umarmung. »Es war nicht sie, auf die ich böse war«, sagte er schwankend. »Ich war böse, weil ich wu ss te, dass ich sie nicht hätte heiraten sollen. Aber da ich aus dem Anwaltsbüro gegangen bin, um ihr keine runterzuhauen, ist es wohl folgerichtig, dass ich nichts Schlimmeres hätte tun können. Ich hätte jedenfalls nie so mein Handgelenk zertrümmert, bloß um es ihr heimzuzahlen – es ist seitdem nie wieder richtig verheilt. Außerdem ist sie die Mutter meines Kindes. Ich hätte auch Lionel nicht weh tun wollen. Deshalb leuchtet es doch ein, dass ich nicht versucht hätte, ihr weh zu tun!« Es war einen Moment still. »Nicht wahr?«
Erst jetzt erkannte Tommy die einsame Hölle, durch die Mario gegangen war. Und ich habe es ihm angetan, als ich ihn verlassen habe. Aber damals schien es keine andere Möglichkeit zu geben.
»Tommy, ich weiß , dass ich Susan nicht weh tun könnte . Ich konnte mich bloß nicht erinnern, und das hat mir Angst gemacht. Deshalb habe ich unterschrieben, was sie mir vorlegten, und ich hab’ ihr einen Scheck gegeben, damit sie weitermachen konnte, und dann bin ich aus dem Krankenhaus rausgegangen und weiß nicht, wohin ich gegangen bin oder was ich gemacht habe, bis ich eines Tages aus dem Nebel herauskam und auf einer Parkbank in Dallas in Texas saß , mit fünfzehn Cents in meiner Tasche. Ich wollte wegen Geld nach Hause telegrafieren, und dann sagte ich plötzlich zu mir: Zum Teufel damit. Und dann hab’ ich mir einen Job bei dem Jahrmarkt besorgt, der in der Stadt war, und dann gingen sie nach Mexiko, und den Rest habe ich dir erzählt.«
»Allmächtiger Gott«, flüsterte Tommy, aber er wu ss te, dass jetzt nichts das hätte zerstören können, was zwischen ihnen war. Nie wieder. Er streckte seine Hand aus und umklammerte Marios Handgelenk. »Das war vor sehr langer Zeit, Matt, vor sehr, sehr langer Zeit.«
»Und glaubst du nicht, dass ich… ich es Sue-Lynn schulde, zu ihr zurückzugehen und mich um sie und Suzy zu kümmern?«
Tommy zwinkerte und sagte: »Hat dich das so beschäftigt?«
»Ja, teilweise jedenfalls.«
»So wie ich es sehe«, sagte Tommy, »schuldest du Sue-Lynn überhaupt nichts außer Geld, und das ist nicht schwer zu bekommen,
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