Trapez
wir irgendwo was essen.« Während der Rallye war es nicht erlaubt, anzuhalten, und trotz ihres späten Frühstücks hatte Tommy Hunger. »Bleibt ihr noch eine Nacht im Hotel, in der Nähe vom Zirkusplatz?«
»Ich glaub’ schon.« Er hatte immer noch den Zimmerschlüssel in seiner Tasche. Da Mario nicht wu ss te, wie lange sein Gespräch mit Susan dauern würde, war er weggegangen, ohne ihn abzugeben.
»Ist dies mexikanische Restaurant in Ordnung?« Bart zögerte. »Sieh mal, ich würde dich gern in ein wirklich gutes Restaurant mitnehmen, aber…« und Tommy verstand das Zögern. Die Last, die er für den größten Teil des Tages vergessen hatte, kam wieder über ihn. Die meisten feinen Restaurants bedienten nur Paare. Nur unter den unpersönlichsten un d offensichtlich geschäftsdien lichen Umständen konnten zwei Männer zusammen in einem guten Restaurant essen. Und Barts Geschmäcker und Neigungen waren seinem Studio bekannt, so dass es sofort verdächtig war, wenn er irgendwo mit irgendjemandem hinging.
»Ist mir recht«, sagte er, »ich bin sowieso nicht gut genug für etwas Nobles angezogen.« Bart sah erleichtert aus. Als Fahrpartner in der Rallye hatten sie alle gesehen, und niemand hatte sich auch nur im geringsten um sie gekümmert. Und dann fiel ihm etwas ein, was Mario zu ihm gesagt hatte, bevor er fünfzehn wurde: Pa ss auf, wenn ich dich irgendwo als meinen kleinen Bruder vorstelle, widersprich mir nicht, okay? Er hatte es nicht verstanden. Damals nicht.
Gott, muss ich mein ganzes Leben so leben? Nie etwas tun können, ohne innezuhalten und darüber nachzudenken, ob jemand einen falschen Eindruck bekommen könnte oder – verdammt – den richtigen Eindruck?
Aber was war die Alternative? Skandalös zu sein? Eine auffällige Tunte wie Eddie Keno?
Als sie mitten beim Essen waren, sagte Bart plötzlich:
»Also, wenn du dem Sportwagenclub beitreten willst, werde ich dich unterstützen. Ich brauche einen Fahrpartner. Ich muss Louise zu diesen Anlässen von fünf Malen vielleicht einmal mitnehmen – das Studio hat es gern, wenn man uns zusammen sieht, aber ich habe immer nach einem festen Partner gesucht. Und wie du dir vorstellen kannst«, fügte er sehr leise hinzu und senkte seine Stimme zu einer Lautstärke, die keiner mithören konnte, »ich brauche jemanden, der weiß , was los ist. Jemand, dem ich vertrauen kann, damit es keine Rolle spielt, wenn ich mal für einen Moment nicht aufpasse und…« Er zögerte und fügte dann hinzu: »Jemand, der als normal durchgehen kann, nicht so einer, den man schon aus einer Meile Entfernung erkennt.«
Tommy konnte das verstehen. »Klar, Bart, das würde ich auch gerne. Matt und ich haben neulich darüber gesprochen – wenn wir aus diesem Geschäft Geld herausschlagen können, kann ich vielleicht irgendwo ein richtiges Auto auftreiben.«
»Ich kann dir dabei helfen, an einen gebr auchten MG zu kommen«, sagte Bart. »Nicht gerade billig, aber wenigstens würdest du nicht übers Ohr gehauen. Matt ist ein guter Junge. Ich hab’ es immer gemocht, mit ihm noch loszugehen, auch nachdem wir das Interesse verloren hatten, miteinander zu schlafen – das hat er dir doch erzählt, nicht? –, weil wir uns überall sehen lassen konnten und man es ihm nicht ansah. Ich fühl’ mich wie ein verdammter Schwindler, wenn ich so rede«, fügte er heftig hinzu. »Aber mein Job hängt davon ab. Und ich habe schon zu viele miese Rollen in miesen Filmen gespielt.
Ich möchte anständiges Geld machen. Und ich möchte gut leben – warum auch nicht.«
»Ich auch«, sagte Tommy. »Und überhaupt glaube ich, dass mein Privatleben niemand anderen etwas angeht, als mich. Aber ich sehe nicht ein, warum es mich so viel ehrlicher macht, wenn ich mit einem großen Schild an meiner Stirn heru mlaufe, auf dem steht – ICH BIN SCHWUL –, ich meine, an mir ist doch mehr als das. Ich frage doch andere Leute auch nicht, was sie im Bett machen.«
Bart lachte. »Na, ich schon, manchmal«, sagte er mit einem kurzen, bedeutungsvollen Grinsen. »Okay, Junge, ich gebe deinen Namen an. Ich konnte Matt nie für Autos interessieren. Ich bin damals ein paarmal Rennen gefahren und hab’ ihn zu einer der Speed way-Bahnen mitge nommen. Er war wirklich sehr mutig, aber ich hab’ gemerkt, dass es ihm keinen Spaß gemacht hat.«
»Ich bin einmal nach Le Mans gefahren, aber ich glaube nicht, dass mir diese Art von Rennen liegt. Es war ziemlich langweilig, sie immer nur rundrum fahren zu sehen,
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