Trapez
sich, schlo ss auf, und Angelo ging, ohne einen Blick zurückzuwerfen. Tommy schlo ss die Tür hinter ihm. Mario hatte sich auf das Bett fallen lassen, das schreckliche Schluchzen schüttelte ihn, so als ob sein schlanker Körper unter der Gewalt seines Kummers zerbrechen würde. Tommy wandte sich ab, weil er ihn nicht weinen sehen wollte. Er wu ss te, dass er wider Erwarten auf das Wunder gehofft hatte. Er hatte Angelo so sehr geliebt und bewundert. Er hatte gehofft, dass Angelo, wenn er es wü ss te, verstehen würde, und sie unverändert ansehen würde.
Tommy dachte, dass er schon vor langer Zeit alle seine Illusionen verloren hätte, aber als er jetzt mit einer Hand an der verschlossenen Tür stand, sah er noch eine schwinden. Angelo war doch kein Übermensch. Er war ein bigotter, intoleranter Fanatiker, der dümmlich und grausam allem gegenüber sein konnte, das gegen seine Vorurteile stieß .
Es war ein schlimmes und bitteres Ende einer guten Freundschaft, und er wu ss te, dass es das Ende war. Er hatte nie gewu ss t, wie tief die Wärme von Angelos Zuneigung reichte, bis er fühlte, dass er sie ihm entzog, und ihm war, als ob er es ganz bis zu seinen Zehenspitzen spürte.
Mario kauerte immer noch schluchzend auf dem Bett.
Tommy ging hin und setzte sich neben ihn und wu ss te, dass auch er gerade anfing, den Schmerz zu fühlen.
»Ich hätte alles ertragen können«, sagte Mario dumpf.
»Wenn er nicht das über Papa Tony gesagt hätte. Oh, verdammt, meine Nase blutet wieder. Ich blute auf das verdammte Laken. Lucia kriegt zuviel.«
»Nimm dies, leg deinen Kopf zurück«, sagte Tommy.
»Ich hol’ noch mehr Eis.«
Aber Mario hielt ihn zurück und ergriff fest seine Hand. »Ich habe es schon vor langem gesagt. Machen wir aus uns so ein gutes Team, dass niemand uns trennen will.
Egal was auch passiert. Und jetzt, da wir es geschafft haben, wieder den Dreifachen zu fliegen… Ich habe nicht gedacht, dass ich mich je wieder so wohl fühlen würde.
Da ss es gerade jetzt kommt, gerade jetzt, wo wir es wieder erreicht haben! Es ist so, als ob er alles zurückhalten konnte, bis wir es wieder geschafft haben. Tom, ist er wirklich eifersüchtig? Eifersüchtig genug, um uns zu zerstören? Wenn er nicht ein Teil dessen sein kann, was wir sind?«
Es waren seine eigenen Gedanken gewesen. Du würdest uns lieber in der Gosse sehen, Angelo, lieber tot als am Trapez, unsere Kunst und uns gegenseitig liebend. ..
Aber war es wahr? Er sagte: »Ich weiß es nicht, Matt, im Angesicht Gottes, ich weiß es nicht.«
»Es ist jetzt alles, was wir haben, Lucky.«
Tommy sagte bitter: »Ich hab’ dir nicht so viel Glück gebracht, nicht?«
Mario setzte sich auf und sah ihn an. Sein Gesicht war ein furchtbares Durcheinander, sein Auge wurde dun kel von den Prellungen, sein Mund und seine Nase waren blutverschmiert. »Du bist das einzige Glück, das ich habe«, sagte er. »Vielleicht ist kein Glück besser als gar nichts.«
KAPITEL 13
Keiner von beiden fühlte sich fähig, am gemeinsamen Essenstisch zu erscheinen; weder Seife noch Wasser, noch Eis konnten Marios Gesicht auch nur entfernt vorzeigbar machen. Und Tommy wu ss te, dass er sich mehr Sorgen über die Tränenspuren als über die blauen Flecken machte. Tommy selbst brannte nicht darauf, Lucias Sorge, Angelos Feindseligkeit und die Fragen der anderen zu erleben. Als er die Eisbehälter wieder in die Küche brachte, sagte er Lucia, dass sie zum Essen in die Stadt gingen und erst spät zurück wären.
Sie aßen an einer Imbi ss bude, und hinterher fuhren sie lange herum, weil sie noch nicht zurückkehren wollten.
Sie redeten nicht über das, was ihnen im Kopf herumging, sie redeten überhaupt nicht viel. Tommy verspürte eine gewisse Erleichterung, als er die Geschwindigkeit des Autos auf der Autobahn ansteigen ließ . Mario protestierte nicht, weil er wu ss te, wie Tommy sich fühlte, aber schließlich sagte er entschuldigend: »Sieh mal, Junge, alles, was wir jetzt noch gebrauchen können, ist wegen zu schnellem Fahren vor dem Verkehrsgericht zu landen.«
Und Tommy bremste widerwillig bis zur gesetzlichen Höchstgeschwindigkeit ab. Die Spannung war immer noch ungelöst. Zum Schlu ss gingen sie zu der kleinen, dunklen Bar, in die Bart sie am ersten Tag geführt hatte.
Tommy hatte nie seine Abscheu für die Stätten der homosexuellen Subkultur üb erwunden und sagte es zu Mario, aber der antwortete bitter: »Wo, zum Teufel, können wir denn sonst hingehen?« Es
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