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Trapez

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Titel: Trapez Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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wartete einen Moment, bis sie wieder gefestigt war. »Es ist nicht meinetwegen. Es ist das, was mit dir passiert.«
    Mario ging ein paar Minuten schweigend weiter, dann blieb er stehen und drehte sich um. Durch die Feuchtigkeit klebte sein Haar in kleinen Locken an seiner Stirn.
    »Schau, Lucky, weißt du noch, wie wir uns entschlossen haben, dass wir – dass wir versuchen würden es in unsere Arbeit einzubauen? Zusammen so gut zu werden, dass sie uns nicht trennen würden, um nicht das zu verderben, was wir zusammen sind?«
    Tommy sagte bitter: »Gott, wie waren wir damals jung und naiv. Wir haben tatsächlich geglaubt, wir könnten das.«
    »Nein, verdammt. Wir haben es geschafft. Du hattest mehr Mut als ich. Du hast Angelo gesagt…«
    »Ich wu ss te, dass du mir das eines Tages vorwerfen würdest.«
    »Langsam, langsam. Ich beschuldige dich nicht – ich hab’ bloß gesagt, ich hät te nie den Mut gehabt. Ich hab’ immer gewu ss t, dass du meh r Traute hast als ich. Aber ich habe mitgemacht, und jetzt haben wir zwei Möglichkeiten.«
    »Klar. Zusammenbleiben oder zulassen, dass sie uns auseinanderbringen.«
    »Nein, Lucky«, sagte Mario sanft. »Die Möglichkeiten haben wir nicht mehr. Wir haben es einmal versucht. Getrennt sind wir nirgendwo, nichts. Allein sind wir ein paar Taugenichtse. Die Wahl, die wir jetzt haben, ist, entweder uns vor den Leuten, die uns lieben, weiter zu verstecken – wir geben vor etwas zu sein, was wir nicht sind, damit sie uns zusammenlassen – oder wir hören auf, wegzulaufen. Wir sagen: ›Das ist, was wir sind und deshalb sind wir solch ein Team. Macht was ihr wollt und zur Hölle mit euch allen. ‹«
    Ihre Hände berührten sich kurz und trennten sich dann wieder. Sie gingen Schulter an Schulter weiter.
    Das ist es, was er meinte. Wir sind ein Teil derselben Sache. Und es kommt alles aus der gleichen Stelle in uns.
    Nicht Sex, aber es kommt aus dem gleichen Grund, aus dem auch der Sex funktioniert. Was wir füreinander bedeuten.
    Als sie schließlich durch die Eisenpforten gingen, die das Haus von der Straße abtrennten, sagte Mario: »Ich weiß nicht wie schwer es ist, aber wenn wir vor Angelo weglaufen – und er ist ein Santelli, er weiß , was wir sind und was wir zusammen schaffen können – werden wir für den Rest unseres Lebens weglaufen. Und zum Schlu ss laufen wir dann voreinander weg. Wem können wir noch gegenübertreten, wenn es schon bei Angelo nicht geht?«
    Und als Tommy nickte, fügte Mario hinzu: »Und Clay.
    Ich hab’ genug davon, vor dem kleinen Miststück wegzulaufen.«
    Im Flur erinnerte der gute Geruch aus der Küche Tommy an seinen ersten Tag hier, als Papa Tony ihn begrüßte .
    Du kannst hier kein Fremder oder Gast sein. Du mu ss t ein Teil von uns sein. Ein guter, gehorsamer Sohn und ein jüngerer Bruder …
    Nur war er jetzt kein jüngerer Bruder mehr, sondern ein älterer Bruder, keiner, der erzogen werden mu ss te, sondern einer, der selbst dafür zuständig war.
    Mario sagte: »Warte hier«, und lief die Treppen hinauf.
    Nach einer Weile kam er wieder herunter und hatte etwas in den Händen. »Komm runter zum Umkleideraum, Tommy.«
    Im Umkleideraum kramte Mario ein paar Rei ß nägel für das leere, verstaubte Anschlagbrett aus seiner Tasche.
    »Was hast du da, Mario?«
    »Der alte Mario di Santalis hat diese Regeln aufgestellt«, sagte Mario und befestigte die verblichene Seite am Anschlagbrett. Darunter hängte er die maschinengeschriebene Übersetzung. »Lucia hatte sie in ihrem Zimmer aufbewahrt.«
    Tommy las langsam laut vor. »Die Einhaltung der Disziplin ist das Merkmal des Artisten…«
    »Ja«, sagte Mario langsam und sah sich in dem schmutzigen, unordentlichen Raum um, der nach Schweiß und ungewaschenen Trikots roch. »Hier unten ist alles vor die Hunde gegangen, und ich hatte Angst es aufzuhalten.«
     
    Als das Abendessen vorüber war, ging Tommy auf die Treppen zu, die zum alten Ballsaal hinunterführten, und wollte den Umkleideraum saubermachen. Aber Mario kam hinter ihm her. »Komm ins Wohnzimmer, Tommy.
    Wir müssen alle was besprechen.«
    Als Tommy ihm in das große Zimmer folgte, bemerkte er, dass alle da waren. Angelo kniete am Kamin und zündete ein Feuer aus Treibholz an. Lucia rief aus der Tür: »Geh noch nicht nach oben, Clay. Wir brauchen dich hier unten.«
    »Ich muss Hausaufgaben machen, Lucia.«
    »Das kann warten. Und dieses nicht«, sagte Lucia mit dem fröhlichen, barschen Befehlston, den alle

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