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Trapez

Trapez

Titel: Trapez Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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klar«, sagte Tommy.
    Sie stand Tommy mit ihrem erhobenen, nassen Gesicht gegenüber, und Tommy, der sich nur ein bi ss chen herun terbeugte, streifte ihre Lippen mit den seinen. Ihr Mund war kühl und weich. Als ob er sich plötzlich in einem verworrenen Traum bewegte, pre ss te er sie an sich. Er fühlte ihre kleinen Brüste durch den rauen Stoff ihres Anzugs. Ihr harter, kleiner Körper wurde plötzlich geschmeidig und schmiegte sich an seinen. Ein sanftes Rot überzog plötzlich ihre Wangen. Dann wandte sie sich ab und sagte zitternd: »Ich lauf besser rauf und… und zieh’ mich um, bevor ich mich erkälte.«
    Sie zog Johnnys Pullover fest um ihre Schultern, lief aus dem Umkleideraum die Hintertreppe hinauf, und nach einer Minute hörte er oben eine Tür zuknallen.
    An dem Abend war Stella, wie immer, die einzig Schweigsame in dem großen , vom Kaminfeuer erleuchteten Raum. Sie saß abseits, zurückgezogen, ihr farbloses Haar im Schein der Lampe über ein geflicktes Trikot gebeugt; ihre Nadel flitzte durch den Stoff, und nichts außer ihren kleinen knochigen Fingern bewegte sich. Sie sah Tommy nicht an, aber sie schien auch nicht seinem Blick auszuweichen. Tommy hielt sein Algebrabuch auf dem Scho ss , konzentrierte sich aber nicht auf die Seiten, denn seine Gedanken spielten ihm seltsame Streiche. Er hatte nie zuvor ein Mädchen gekü ss t, außer in wirr explodierenden Träumen, aus denen er bestürzt aufwachte. Die Wirklichkeit war unendlich weniger aufregend als der Traum, und doch: Stella hatte sich sehr schön, sehr weich in seinen Armen angefühlt. Ihr Mund hatte einen seltsamen Geschmack.
    Er weigerte sich, wieder auf ihren Mund zu schauen.
    Sie trug keinen Lippenstift und sah dadurch aus wie ein Junge. Er fragte sich, ob sie und Johnny zusammen schliefen, und der Gedanke rief beunruhigende Bilder in seinem Kopf hervor.
    Er sah Johnny an, der neben Liss und Mario an dem alten Kartentisch saß , vor ihnen ein Monopoly-Brett.
    Mario ging gewöhnlich gleich nach dem Abendessen nach Haus, aber aus irgendeinem Grund war er heute Abend dageblieben. Tommy bemerkte fast zum ersten Mal , dass auch Johnny die Augenbrauen und das gute Aussehen der Santellis hatte. Er war so blond, dass er nicht wie die anderen aussah, aber bei genauerem Hinsehen waren die Züge fast die gleichen.
    Johnny beachtete Stel la im Kreis der Familie wenig – er beachtete sie weniger als Liss oder seine Mutter. Vielleicht, dachte Tommy, weil sie nur seine Partnerin war und er sie als nichts anderes sah. Er nahm an, dass Johnny jedes Mädchen haben konnte, das er wollte.
    Wie würde ein Mädchen über Johnny denken? Ke ss und gutaussehend, ungestüm und stark. Er dachte an Johnnys harte Hände, die ihn fest im Flug fingen; aber wäre er sanfter mit einem Mädchen?
    Mario sah anziehender aus als Johnny; sogar im alten Übungstrikot und mit einem eingelaufenen T-Shirt, das seine Brust umspannte, sah er gut aus. Stella hatte sich von Tommy ohne Anstalten küssen lassen. Gefiel es ihr, sich küssen zu lassen? Hätte sie sich von Mario auch so küssen lassen? Der Gedanke war seltsam verwirrend.
    »Komm Stella«, drängte Liss vorsichtig. »Leg das Zeug weg und komm rüber und spiel mit uns. Es macht mehr Spaß zu viert.«
    Sie sah schüchtern auf. »Ich weiß nicht, wie man das spielt. Ihr mü ss t aufhören und es mir beibringen.«
    Das Feuer machte ein leises, zischendes Geräusch. Clay und Barbara, auf dem Fußboden ausgestreckt, gähnten über ihren Hausaufgaben. Papa Tony war in einem tiefen Sessel halb eingeschlafen. Lucia, in ihrem geraden Stuhl, war nie müßig . Wie immer waren ihre Hände mit feiner Stickerei beschäftigt. Heute Abend lag ein Stück pfauenblaues Satin auf ihren Knien, und sie nähte kleine Pailletten an, Stück für Stück, aus einer kleinen Tüte in ihrem Scho ss .
    Mario sah von den Würfelbechern auf. »Du weißt , wie man es spielt, nicht Tommy?«
    »Natürlich.«
    »Na, dann setz dich dazu«, sagte Mario beinahe befehlend.
    Tommy stand auf, quetschte sich an Angelo vorbei, der eine lose Speiche am Rad von Clays Fahrrad festlötete, vor den weitaufgerissenen Augen von Liss’ Sohn Davey.
    Klein-Davey war ein niedlicher, lebhafter Tapsbär mit riesigen, blauen Augen, jedermanns Liebling und hoffnungslos verwöhnt. Tommy wu ss te nicht viel über Babys, aber es schien fürchterlich spät für ein Kind in Daveys Alter zu sein. Der Kleine griff plötzlich nach dem silbrigen Lötzinn, und Angelo knurrte ihn drohend

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