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Trapez

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Titel: Trapez Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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holte seine Jeansjacke aus dem Flur und ging mit. Er war neugierig auf das Auto, das er für Johnnys gehalten hatte. Es war das erste Mal , dass er in einem MG fuhr.
    Stella ging zum Auto und band sich locker ein Tuch um ihr wehendes Haar. Sie trug verschossene weiße Latzhosen und einen Jungenpullover.
    »Wann hast du fahren gelernt?« fragte Tommy.
    »Oh, Gott, mein Vater hat mir das Fahren beigebracht, als ich ein kleiner Knirps war. Neun oder zehn Jahre alt.
    Sowie ich mit dem Fuß an die Bremse kam. Viele Männer sehen nicht gerne eine Frau fahren. Aber sogar als ich klein war, hatte er nichts dagegen. Er sagte, wenn die berühmte Amelia Ehrhart ein Flugzeug fliegen könnte, würde ich bestimmt auch das Autofahren lernen.«
    Sie stieg ein und ließ den Motor an. »Es ist so passiert: Nachdem ich aus der Show geflogen bin und Johnny seinen Hals riskiert hat, um meine Ausrüstung für mich zurückzubekommen, saßen wir beide im selben Boot.
    Wir konnten nirgends hin – das heißt , ich nicht. Er wu ss te, wohin, aber nicht wie. Ich hatte das Auto, also entschlossen wir uns zusammenzubleiben und kamen hierher.«
    Sie trat auf das Gaspedal, schlug hart das Lenkrad ein und fuhr rückwärts aus der gewundenen Auffahrt.
    Sie fuhr schnell und geschickt und zerstörte Tommys männliche Vorstellung von Frauen am Steuer in fünf Minuten. Schnell waren s ie heraus aus der Stadt und auf dem Highway, und Stella bog auf eine verlassene Straße ab. Tommy hatte noch nie in einem so kraftvollen Wagen gesessen. Obwohl der Wagen alt und verbeult war, schnurrte der Motor – nicht so ruhig wie bei einem einfachen Auto, sondern mit einem verhaltenen Brummeln, so wie eine der Raubkatzen seines Vaters. Stella fuhr immer schneller, sie rasten dahin, während die Tachonadel langsam stieg: 65 Meilen… 70 … 75 … 80 … 85. Der Fahrtwind nahm Tommy fast den Atem; die öde Landstraße rauschte vorbei, verwischte zu braunen und grauen und grünen Streifen. Die Landschaft tauchte auf und verschwand; ein paar Minuten lang war er sich keiner Zeit bewu ss t. Sein Vater hatte mit ihrem alten, behäbigen Hudson nie das gesetzliche Tempolimit überschritten. Er sah, wie sich Stellas Lippen bewegten, als sie mit ihm sprach, aber er hörte nicht, was sie sagte, und es machte ihm nichts aus. Die Welt rauschte vorbei wie in einem Zeitraffer, und er fühlte sich wie von einem Strudel mitgerissen. Stella war nebensächlich geworden; für ihn existierte nichts außer der rauschhaften Reise durch Raum und Zeit. Er bemerkte schließlich auf seinem Gesicht, dass sich der Fahrtwind legte, dass sie wieder gemäßigte 50 Meilen fuhren und dass Stella jetzt ein wenig ungeduldig mit ihm sprach.
    »Tut mir leid, Stel, ich hab dich nicht gehört.« Warum konnte sie nicht ruhig sein? Was hatte sie zu sagen, das auch nur irgendwie zu seiner Stimmung pa ss te? Vielleicht hätte niemand außer Mario dazu gepa ss t. Er erinnerte sich, wie Mario einmal beiläufig gesagt hatte: Angelo sagt, ich fahre wie ein irrer Selbstmörder. Jetzt wu ss te Tommy, warum – die Gewalt, sich bewu ss t von der Geschwindigkeit mitreißen zu lassen…
    »Ich sagte: Ich will keine Strafe fürs Rasen bekommen.
    Ich kann’s mir nicht leist en, Strafe zu zahlen. Und John ny und ich sind hier ma l bei einer Geschwindigkeitskon trolle erwischt worden. Wir fahren auf die andere Straße .
    Möchtest du mal ein bi ss chen fahren?«
    Sie sagte es so beiläufig, dass er sprachlos war. Ob er möchte? Ob er diesen Traumwagen fahren möchte?
    »Du kannst doch fahren, nicht?«
    »Klar, mein Vater hat es mir letztes Jahr gezeigt.«
    Dann gab er wahrheitsgetreu zu: »Aber ich bin nur ein paarmal gefahren, vielleicht viermal.«
    »Na ja, hier draußen ist ja kein Verkehr. Du kannst also unmöglich was treffen. Rutsch rüber.« Sie sprang tatsächlich raus und ging um das Auto herum. Tommy rutschte auf den Fahrersitz und hörte mit seltsam ungläubiger Benommenheit zu, als sie ihm gewissenhaft die verschiedenen Schalter zeigte. Sie lachte ihn ein bi ss chen aus: »Du bist ein komischer Typ. Der Mann von Liss, Clay, sogar Angelo kannten den Wagen von vorn bis hinten, als er noch nicht einmal drei Tage auf dem Hof stand. Ich hatte das Gefühl, du machst dir nicht viel aus Autos.«
    Tommy lachte nur etwas hilflos. Der Schalthebel fühlte sich ungewohnt an, und das Lenkrad war kleiner als gewöhnlich. Anfangs übersteuerte er, und das Auto schleuderte bei der geringsten Lenkbewegung hin und her. Aber seine

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