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Trapez

Trapez

Titel: Trapez Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Schublade. Mario hatte eine Menge Kleidungsstücke dagelassen: Schlafanzüge, ein paar verblichene Trikothosen, Socken, Shorts, T-Shirts. Tommy zögerte. Er fühlte sich wieder ganz schuldig, konnte dem Drang aber nicht widerstehen, eines von Marios T-Shirts herauszunehmen und es anzuziehen. Er hatte immer die Ausrede parat, dass er es versehentlich für eines von seinen gehalten hatte. Aber bis jetzt hatte noch niemand etwas bemerkt, geschweige denn etwas dagegen eingewendet, und da Mario seine Sachen sowieso zum Waschen nach Hause brachte, konnte Lucia auch nichts auffallen.
    Er ging den Flur entlang zu dem Zimmer, das sich Stella mit Barbara teilte. Die Tür stand nur einen Spalt offen. Er wollte hineingehen, klopfte aber an den Rahmen.
    »Stel? Hast du was an?«
    »Klar, komm rein!«
    Sie saß vor Barbaras Frisiertisch, bis an den Hals in einen schäbigen, verwaschenen rosa Chenille-Bademantel eingewickelt. Es war ein hübsches Zimmer, weiß gestrichen, mit geblümten Vorhängen. Tommy hatte den seltsamen Gedanken, dass Stella in der hübschen Aufmachung des Zimmers fehl am Platz war, und als ob sie diesen Gedanken aufgefangen hatte, drehte sich Stella vom Spiegel weg.
    »Ich liebe dieses Zimmer. Ich hatte nie so ein hübsches Zimmer. Im Winterquartier wohnten wir in möblierten Wohnungen, eine schlimmer als die andere, schmutzig, manchmal Bettwanzen. Und unterwegs überall da, wo sie Showleute aufnahmen.« Sie bückte sich, um mit ihren Fü ss en in alte, ramponierte Hausschuhe zu schlüpfen.
    »Vielleicht sollten wir runtergehen. Lucia mag es nicht, wenn die Jungen hier hereinkommen. Und sie hat Barbara ausgeschimpft, weil sie in Angelos Zimmer gegangen ist, nur um seine Wäsche reinzubringen, als er nicht da war.«
    »Ich bin so ans Leben im Wohnwagen gewöhnt, dass ich nie dran denke«, sagte Tommy halbherzig.
    Stella kam und setzte sich aufs Bett und schob Barbaras braunen, ausgestopften Teddybären beiseite. Sanft hielten sie einen Moment Händchen, ohne zu sprechen. Nach einer Weile beugte sich Tommy hinüber und kü ss te sie wieder. Sie fühlte sich jetzt warm an im weichen Bademantel. Sie saßen da, ungelenk einander zugewandt, dann zog Tommy sie sanft rückwärts aufs Bett. Sie rollte ein bi ss chen von ihm weg, verlegen, lachte dann und ließ ihn seine Arme um sie legen. Er drehte sich herum, stützte sich auf seine Ellenbogen und beugte sich über sie. Sie sah niedlich aus, hübsch und kindlich. Ihr noch regenfeuchtes Haar breitete sich auf dem Kopfkissen aus und kräuselte sich zu kleinen, goldenen Locken. Sie zog ihn zu sich herunter. Als sie voneinander ließen , um Luft zu holen, war Tommy außer Atem. Ihre Rippen drückten hart und knochig gegen seinen Körper. Ihre Brust war fast so flach wie seine, aber als er seine Hand auf ihre Brüste legte, atmete sie so schwer, dass ihr ganzer Körper zitterte. Die Berührung seines Nackens mit ihren Händen ließ ihn erschaudern. Er fragte sich, ob sie irgendetwas unter dem Bademantel anhat te. Plötzlich verspürte er eine beunruhigende Angst, ohne zu wissen warum. Er lag da und umarmte sie, sein Gesicht in ihrer harten Schulter vergraben. Es war ganz anders als die verschwommenen Träume, die er gehabt und in denen er gesichtslose Mädchen gekü ss t hatte. Er versuchte, den Mantel wegzuzie hen, aber sie hielt seine Hand fest. Ihre Handgelenke, die schwach und zerbrechlich aussahen, hatten die stählerne Stärke jedes Fliegers.
    »Nein, Tommy, nicht jetzt! Sei lieb.«
    Er ließ sie los. Sie kü ss ten sich noch einmal sanft, und der Gedanke scho ss durch seinen Kopf, dass er gern hier schlafen würde. Nur schlafen, mehr wollte er nicht. Er würde gern hier einschlafen, mit seinem Kopf auf ihrer Schulter. Nur so. Ihr weicher Körper, der ihn festhielt, nur so und nichts weiter. Er fühlte sich unbeschreiblich einsam, ohne eigentlich genau zu wissen warum. Er fragte sich, ob dies so sei wie Heimweh und sagte heftig zu sich selbst: Hier machst du nun mit einem Mädchen rum, und von allen blöden, verdammten Sachen fängst du ausgerechnet damit an …
    Sie drehte sich ein wenig weg von ihm. »Tommy, wir sollten das nicht tun.«
    »Wir tun doch gar nicht viel.« Plötzlich scho ss ihm die Vorstellung durch den Kopf, dass Johnny seinen Arm schützend und besitzergreifend um sie legte, und er fragte abrupt: »Schlafen du und Johnny zusammen?«
    Sie zog den Bademantel wieder über ihre Brüste und setzte sich schnell hin, fuhr mit den Fingern durch ihr

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