Trapez
Flammen.
»Stella ist so schön. Mario, glaubst du, dass sie und Johnny heiraten?«
»Woher soll ich das wissen, Kleines? Ja, wahrscheinlich, warum nicht?«
»Konnte Liss je so gut fliegen wie Stella?«
»Nein«, sagte Mario, »aber sag ihr nicht, dass ich das gesagt habe.«
»Ich wünschte, Lu würde mich fliegen lassen«, sagte Barbara. »Johnny sagt, ich bin soweit.«
»Nächstes Jahr.«
Barbara drehte sich um, setzte sich auf und lehnte sich gegen Marios Knie; Tommy, der die beiden beobachtete, fühlte sich plötzlich ausgeschlossen, einsam. Er hatte fast Heimweh. Mario gab Barbara eine Nu ss und sagte: »Wenn ihr mehr Nüsse wollt, dann knackt sie selbst; meine Hände werden wund. Tommy, komm hier rüber, wo du die Farben im Feuer sehen kannst. Wir gehen jeden Winter an den Strand, um Treibholz zu suchen. Es ist das Salz im Holz, was die Flammen so bunt macht.«
»Ich hab’ das Meer nie gesehen.« Tommy rückte näher und sah dem lodernden Wechselspiel von schwefelgelb, wildgrün und gespenstischblau zu, wie es hochscho ss und in sich zusammenfiel.
»Nie das Meer gesehen?« fragte Mario. »Barbara, was machst du morgen?«
»Was mache ich wohl donnerstags? Schule, und
Ballettstunde um halb vier.«
»Verdammt, es ist Donnerstag? Ich wollte dich gerade überreden zu schwänzen. In der Schule kannst du fehlen
– das macht Lucia nichts –, aber du kannst nicht deine Stunde versäumen. Hör zu, Tom, du kannst nicht aus Kalifornien weg, ohne den Pazifik gesehen zu haben. La ss uns morgen raus zum Strand fahren. Barbara kann nicht mitkommen. Glaubst du, dass du den ganzen Tag mit mir aushältst?«
»Klar«, sagte Tommy und er fühlte sich plötzlich nicht mehr einsam.
»Guck mal«, sagte Barbara, »das ist genau die Farbe, die Lu für Stellas Kostüm ausgesucht hat…« Sie zeigte auf die lodernde, blaue Flamme. »Warum muss es ausgerechnet Donnerstag sein, Mario? Das ist nicht fair!«
»Schlaft ihr schon?« Über ihnen ging das Licht an, es trübte den hypnotischen Reiz des Feuers, und Johnny und Liss kamen herein. »Was macht ihr hier im Dunkeln«, fragte Liss.
»Babysitting«, sagte Mario lachend.
»Gott sei Dank ist mein Baby im Bett«, sagte Liss.
»Matt, ich fahr’ morgen früh weg, kommst du mit raus auf einen Spaziergang? Ich wollte mal mit dir reden.«
Mario zögerte und stand dann auf. »Gut, Kleines, wir gehen raus und reden ein bi ss chen. Wo ist Stella?«
»Lulu hat sie ins Bett gebracht«, sagte Johnny. »Sie war ganz erschlagen. Lulu wollte mich noch nicht mal reinlassen, um Gute Nacht zu sagen.«
Liss sagte steif: »Also Jock, jetzt pa ss mal auf. Das Mädchen liebt dich, falls du das noch nicht weißt .«
Johnny lachte nervös. »Ach komm, wir sind bloß Kumpel. Hat Lulu ein bi ss chen gekuppelt und dir was in den Kopf gesetzt?«
»Ich hab’ Augen«, sagte Liss. »Ernsthaft, Jock, gibt es jemanden in der Show, der auf sie aufpa ss t? Moorcock-Shows sind kaum besser als ein Rummelplatz – da kann alles passieren.«
»Liss, Liebling«, sagte Johnny. »Wir sind nicht mehr im Mittelalter. Stella ist jetzt ein Großes Mädchen. Hat’s dir Spaß gemacht, wenn A ngelo oder Lulu ständig bei dir waren und dafür sorgten, dass du – wie sagt man’s höflich – deine Jungfräulichkeit behütest?«
»Mit anderen Worten«, sagte Liss, »kümmere dich um deinen Kram. Ich schäme mich nicht dafür, anständig erzogen zu sein, und es hat auch David viel bedeutet.
Wenn du Stella heiratest, Jock…«
»Verdammt, Liss, du bist schlimmer als Lucia!« brauste Johnny auf.
Sie zuckte die Achseln. »Okay, okay, Ihr seid beide erwachsen, vielleicht sollte ich mit ihr reden!«
»Wenn du dich einmischst«, sagte Johnny und nahm sie bei den Handgelenken, »breche ich dir das Genick!«
»Hör auf, Johnny«, sagte Mario, »la ss sie los!«
Johnny begann zu lachen. »Genau wie immer. Gegen mich verbünden. Was ist los, Liss? Eifersüchtig? Hast du schon genug davon, in San Francisco zu hängen und das Baby großzuziehen ?«
Liss lachte verkrampft. »Vielleicht, ein bi ss chen.«
Johnny warf seinen Kopf zurück. »Hey, das würde alle Probleme lösen. Warum kommst du nicht mit uns mit, Liss? Du könntest Stellas Anstandsdame sein, die Moral wäre gerettet, und du wärst weg von der ganzen Renzo-Verwandtschaft.«
Liss’ Lächeln war gezwungen. » Führ ’ mich nicht in Versuchung!«
Sie umarmte Johnny. »Eine wundervolle Saison, Jock, für euch beide.«
»Danke, Schwesterchen. Pa ss auf
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