Trapez
Furcht. Marios Gesicht, als er aus dem Netz auftauchte, abwechselnd ärgerlich und nachdenklich.
Später hatte Tommy ihm zugeflüstert, als sie hinunterkamen, »Tut mir leid, dass du es nicht geschafft hast, Mario.«
Aber Mario grinste. »Es ist schon gut. Ich weiß , was ich diesmal falsch gemacht habe.«
Später war die Familie mit Umarmungen und Gratulationen auf sie eingestürmt. Barbara hatte ihre Arme impulsiv um Tommy geworfen und ihn gekü ss t. Seine Ohren glühten wieder bei dem Gedanken an Lucias Augen, die auf ihnen ruhten, kühl und amüsiert. Er hatte Barbara unsanft mit einem gemurmelten »Hör mit den verdammten Küssen auf, ja?« weggeschoben. Jeder hatte ihnen etwas Nettes zu sagen. Papa Tonys Augen hatten geblinzelt, obwohl er nur gesagt hatte: »Nun, ihr werdet dies’ Jahr dem Namen Santelli keine Schande machen.«
Angelo hatte ihn vor allen mit einem herzlichen »Gut gemacht, Junge!« kräftig umarmt, und Joe hatte mit langsamen, bedächtigen Worten gesagt, dass er glaube, Tommy würde sehr gut sein, wenn er mal groß sei.
Aber was ihm am meisten bedeutet hatte, war die rasche, verstohlene Umarmung, die Mario ihm gegeben hatte, als sie sich ihre Trikots auszogen. Alles was er sagte war: »Okay – Lucky. Okay.« Aber das bedeutete ihm mehr als alles andere.
Aber später am Abend hatte sich Mario wieder zurückgezogen, in die kalte Einsamkeit der Welt der Erwachsenen. Lucia hatte eins ihrer hervorragenden Festmahle produziert, aber bevor sie ins Bett gingen, hatte sie naserümpfend zu Mario gesagt: »Schläfst du heute im Nähzimmer?«
Als er nickte, nörgelte si e: »Oh, Matt, ich hab’ da drin’ schon die Betten abgezogen. Kannst du heute Nacht nicht bei Tommy oder Clay schlafen?«
Mario zögerte, und Tommy sagte schnell: »Von mir aus, Mario.« Dann verschlo ss sich Marios Gesicht und wurde kalt und fremd und war wieder Millionen Kilometer entfernt. Er sagte: »Seht mal, wir werden uns alle in dem kleinen Wohnwagen in den nächsten drei Tagen auf der Pelle hängen. Ich bleib’ lieber für mich, wenn es dir nichts ausmacht. Und, zum Donnerwetter Lucia, ich mach’ mir das Bett selbst. Glaubst du, ich kann nach all den Jahren noch immer kein Bett machen? Wo sind die Laken?«
Und er ging hinaus, ohne zurückzusehen.
Für Tommy, der sich an die Nacht erinnerte, als sie am Strand gewesen waren – Mario hatte damals die Nacht auch nicht in Tommys Zimmer verbringen wollen –, war das eine glatte Abfuhr. Seine Gesellschaft langweilte Mario wieder.
Ja, er mag mich, dachte er, aber ich bin nur ein Kind.
Er denkt über mich, so wie ich über Clay denke! Jemand, der lästig ist und auf den er aufpassen mu ss .
Sie fuhren früh am nächsten Morgen ab, mit Angelos Auto, den Hauswohnwagen hinten angehängt. Es war gewöhnlich eine vier Tage lange Fahrt bis zu der kleinen Stadt in Texas, wo Lambeth überwinterte.
Nachdem sie den Gebirgszug östlich von Los Angeles überquert hatten, war die Ebene flach, heiß und eintönig.
Die Männer wechselten sich beim Fahren ab, meistens Angelo und Papa Tony. Mario war ein guter Fahrer, aber er wurde unruhig und zappelig hinter dem Steuer und drückte immer mehr auf das Gaspedal, weit über das Erlaubte hinaus, bis sich Angelo nach vorn beugte und ihn warnte: »Pa ss auf, Matt, unsere Reifen sind nicht das, was sie mal waren, und Gott weiß , wann wir mal neue kriegen können. Weißt du nicht, dass wir Krieg haben?«
Gehorsam senkte Mario die Geschwindigkeit, aber nach einer Weile überkam ihn wieder die Unruhe, die die pottebene Landschaft in ihm auslöste, und wieder sprang die Tachonadel hoch, bis Angelo ihm schließlich voller Ungeduld signalisierte, anzuhalten und das Steuer selbst übernahm.
Am Ende des dritten Tages waren sie alle unruhig und gereizt. Mario fuhr wieder. »Ist es okay, wenn Tommy ein bi ss chen fährt?« fragte er.
»Nicht mit dem Wohnwagen hintendran, du Idiot«, fuhr Angelo ihn an. »Wenn du keine Lust mehr hast, Matt, übernehme ich. Nicht, dass der Junge viel schlechter fährt als du!«
»Oh, hör auf, Angelo! Mein Punktekonto ist so sauber wie ein Priesterkragen. Wie oft bist du letztes Jahr beim Rasen erwischt worden?«
»Ob er fahren kann oder nicht, er hat keinen Führerschein«, sagte Papa Ton y mit endgültiger Bestimmtheit, »und es ist sowieso völlig anders, ein Auto mit einem Wohnwagen hintendran zu fahren. Er würde Zeit brauchen, um sich dran zu gewöhnen, und wir haben die Zeit nicht.«
Wie
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