Trau dich endlich!: Roman (German Edition)
seinen Worten deutlich anzuhören.
Sharon wurde von einer Welle der Übelkeit erfasst. Sie hätte Gabrielles Rat befolgen und Richard schon eher einweihen sollen.
Sie schüttelte den Kopf. »Du hattest so viel um die Ohren – die Arbeit, die Kampagne. Ich habe gedacht … ich habe gehofft, ich könnte allein damit fertigwerden.«
»Wie?«
»Der Brief enthielt Anweisungen. Ich sollte das Geld in einer Disco hinterlegen. Also bin ich zur Bank gefahren, und dann bin ich mit Gabrielle in dieses Wave gegangen.«
Er starrte sie ungläubig an. »Ihr zwei habt euch mit diesem Gauner getroffen? Allein?«
Sein wütender Unterton ließ sie zusammenzucken. »Äh, nein. Nicht ganz.«
Er raufte sich die Haare. »Was dann? Nun lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen, Sharon.«
Sie wusste, ihre nächsten Worte würden seinen Zorn nur noch mehr entfachen, aber es nützte alles nichts. »Gabrielle war der Ansicht, wir bräuchten Verstärkung, also hat sie Derek gebeten mitzukommen.«
Sharon konnte beinahe hören, was Richard dachte, als er sie nun schweigend anstarrte: Gabrielle hat Derek eingeweiht, aber du hast es nicht gewagt, mich einzuweihen?
»Ich vertraue dir«, versicherte sie ihm. »Ich wollte dir nur nicht auch noch meine Probleme aufhalsen, wo du doch schon so viele eigene zu lösen hast.« Herrje, klang das lahm.
Warum hatte sie nicht schon eher mit ihm geredet? Sie wusste nur zu gut, weshalb: weil sie den Abscheu in seinen Augen nicht hatte sehen wollen. Jedes Mal, wenn sie an den Vorfall und diese Bilder dachte, stieg Ekel in ihr hoch, und sie war überzeugt, dass es ihm genauso ging.
»Aufhalsen, so, so.« Er murmelte etwas vor sich hin. »Fahr fort. Was hast du mir noch alles verschwiegen?«
»Irgendwann an diesem Abend hat mir jemand einen Umschlag in die Tasche geschmuggelt. Er enthielt Anweisungen, wo ich das Geld hinterlegen sollte, aber dummerweise habe ich ihn erst am nächsten Morgen gefunden. Und da bin ich in Panik geraten. Ich war sicher, dass das Foto irgendwo auftauchen und deine Wahlkampagne ruinieren würde. Von Gabrielle wusste ich, dass Derek über seinen Cousin, der in Boston bei der Polizei arbeitet, herausgefunden hatte, wo Tony seit seiner Entlassung lebt. Die beiden sind sogar hingefahren, um mit ihm zu reden, und Tony hat behauptet, er wüsste von nichts, aber sie waren nicht sicher, ob er die Wahrheit sagte oder nicht. Ich musste es wissen.«
»Was hast du getan, um Himmels willen?«
Sharon rieb sich die Augen. Reiß dich zusammen, mahnte sie sich. Keine Tränen. »Ich habe ihm aufgelauert … Mich hinter Bäumen und Häuserecken versteckt und ihn beobachtet. Er ist inzwischen verheiratet. Kann ein Mann, der eine Frau und ein Kind hat, ein Erpresser sein? Ich wollte ihn vor seiner Familie zur Rede stellen, aber dann hat mein Wagen den Geist aufgegeben, und ich musste Gabrielle bitten, mich abholen zu kommen. Und als wir dann unterwegs noch schnell bei ihrer Wohnung vorbeigefahren sind, war dort auch jemand eingebrochen …«, sprudelte Sharon hervor. Die versteinerte Miene ihres Verlobten jagte ihr Angst ein.
Sie sprach weiter, weil sie nicht wusste, was sie sonst tun sollte, in der Hoffnung, dass seine Wut verrauchen würde, wenn sie ihm alles erklärte, dass er sie verstehen und ihr verzeihen würde.
Sie zwang sich, ihm in die Augen zu sehen, und da ging ihr ein Licht auf. »Du weißt etwas, nicht wahr? Deshalb verhältst du dich so seltsam. Was ist es?«
Er deutete auf seine Tasche draußen im Korridor. »Ich habe ebenfalls einen Brief mit einem Foto erhalten.«
Sharon stockte das Blut in den Adern. Mit weichen Knien ging sie zum nächstbesten Stuhl und sank darauf nieder. »Und?«
»Der Absender schrieb, dass du nicht auf die erste Forderung eingegangen bist und dass ich jetzt dran glauben müsste. Allerdings ging es diesmal nicht um Geld. Er hat gedroht, das Bild zu veröffentlichen, wenn ich meine Kandidatur nicht zurückziehe. Und jetzt rate mal, was mein erster Impuls war?«
»Was?«, wisperte sie.
»Ich wollte zu dir fahren, um es dir zu erzählen und mich davon zu überzeugen, dass es dir gutgeht. Ich wollte dieses Problem gemeinsam mit dir lösen. Und dann wurde mir klar, dass du bereits vor mir einen ähnlichen Brief erhalten haben musstest. Du wurdest erpresst und warst nicht auf die Forderung eingegangen. Aber du hast es mir verschwiegen. « Er wandte sich ab. »Was
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